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Nach Trumps Nahost-Reise: Wie geht es weiter in Gaza?

US-Präsident Trump hat einen Plan für Gaza – und die Welt steht dahinter. Das ist die Botschaft des Ägypten-Gipfels. Doch am Tag darauf sind die eigentlichen Verhandlungen kaum einen Schritt weiter.

Im Gaza-Konflikt stehen erneut harte Verhandlungen bevor.
Foto: Michael Kappeler/dpa

Der Tag wurde gefeiert als Beginn einer neuen Ära im Nahen Osten, als Tag des vielleicht größten Friedens seit Ende des Zweiten Weltkriegs – oder, nach Worten von US-Präsident Donald Trump, vielleicht sogar seit «3.000 Jahren». Doch auch mit den Superlativen, die Trump während seines Kurzbesuchs in Israel und Ägypten nannte, werden die Streitpunkte im Gaza-Konflikt nicht einfach verschwinden. Am Tag nach dem Jubel über die Heimkehr der noch lebenden Geiseln und nach den Feierlichkeiten in Ägypten zum verkündeten Kriegsende kehrt Ernüchterung ein.

Trump hat es geschafft, Israel und die islamistische Palästinenserorganisation Hamas durch persönlichen Druck in die erste Phase seines Friedensplans zu bringen. Es herrscht eine Waffenruhe, die Geiseln wurden freigelassen und die Toten sollen übergeben werden. Israel hat sich aus Gaza zurückgezogen. In Ägypten versammelte Trump etwa 30 Staats- und Regierungschefs, um zu demonstrieren, dass die Welt seinen Plan unterstützt.

Wie geht es jetzt weiter im Gaza-Krieg?

Nach dem Jubel in Israel und der Zeremonie in Ägypten stehen nun erneut schwierige Verhandlungen bevor, deren Ausgang völlig ungewiss ist. Gemäß Trumps 20-Punkte-Plan müsste in einer folgenden, zweiten Phase eine Technokratenregierung für den Wiederaufbau des Gazastreifens eingesetzt werden. Laut dem Plan würde die Hamas nicht daran beteiligt sein, sondern entwaffnet werden. Eine internationale Friedenstruppe (ISF) wäre in Gaza für die Sicherheit zuständig.

Es wird jedoch lange über all dies verhandelt werden müssen. Die Hamas zeigt weiterhin ihre Stärke, möchte diese in Gaza wiederherstellen und hat bisher auch eine Abgabe ihrer Waffen abgelehnt. Laut Trump hat die US-Regierung der islamistischen Terrororganisation sogar die Erlaubnis erteilt, sich für eine begrenzte Zeit neu zu bewaffnen, um im Gazastreifen für Sicherheit zu sorgen. Es ist unklar, welche Länder Soldaten entsenden könnten und ob sie dafür ein UN-Mandat erhalten sollten.

Wie in den vorherigen Verhandlungsrunden der vergangenen zwei Kriegsjahre könnte es passieren, dass die Gespräche in eine Sackgasse geraten. Es wird den starken Willen der Beteiligten erfordern und auch den anhaltenden Druck von Trump, um den weiteren Weg aus dem Krieg zu finden, den Trump bereits für beendet erklärt hat. Die Hamas leugnet weiterhin das Existenzrecht Israels. Auf der anderen Seite streben der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu und seine rechtsextremen Regierungspartner danach, die Hamas vollständig zu besiegen.

Israels Verteidigungsminister Israel Katz warf der Hamas schon gestern vor, die Waffenruhe-Vereinbarung gebrochen zu haben. Am Montag wurden nur vier der eigentlich 28 toten Geiseln übergeben, obwohl die Frist für die Übergabe aller Leichen am Mittag auslief. Katz drohte, jede Verzögerung werde als grober Verstoß der Vereinbarung gewertet und «entsprechend beantwortet».

Vor der von der Hamas weiter ausgehenden Gefahr warnt auch der französische Präsident Emmanuel Macron. Es werde in den kommenden Wochen und Monaten Terroranschläge und Destabilisierungen geben, sagte er. «Eine Terrorgruppe mit Tausenden Kämpfern, Tunneln und solcher Bewaffnung zerschlägt man nicht über Nacht.»

Welche Rolle spielt die in Ägypten unterzeichnete Erklärung?

Nach Trumps Worten legt das «sehr umfassende» Dokument «eine ganze Reihe von Regeln und Bestimmungen» im Gaza-Konflikt fest. Es soll nach Worten von Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi die geltende Waffenruhe festigen. In dem Dokument heißt es: «Gemeinsam werden wir diese Vereinbarung so umsetzen, dass Frieden, Sicherheit, Stabilität und Chancen für alle Völker der Region, einschließlich der Palästinenser und Israelis, gewährleistet sind.» Mit welchen konkreten Maßnahmen dies gelingen soll, wird nicht erläutert. Israel und die Hamas waren beim Gipfel in Ägypten überhaupt nicht vertreten. 

Die Erklärung und die bombastische Verkündung passen jedoch zum Stil von Trump. Bereits bei der Einigung zwischen der Hamas und Israel besiegelte er die Vereinbarung gewissermaßen rückwirkend – mit Unterstützung der weiteren Vermittler Katar, Ägypten und der Türkei forderte er zunächst Zusagen, um dann später über Details verhandeln zu lassen. Unter anderem ließ Bundeskanzler Friedrich Merz in einer Runde mit weiteren Staats- und Regierungschefs in Ägypten durchblicken, dass das nun unterzeichnete Papier noch lange keine dauerhafte Lösung für den laufenden Konflikt darstellt.

Was wird aus Israels Konflikt mit dem Erzfeind Iran?

Der Iran und die Milizen, die er in der Region unterstützt, sind deutlich geschwächt. Der heiße Konflikt zwischen Israel und seinem Erzfeind ist vorläufig beendet. In seinen Grundzügen läuft er jedoch unverändert weiter. Ein erneuter Krieg zwischen den beiden Staaten wie im vergangenen Juni ist möglich und möglicherweise nur eine Frage der Zeit, so einige Experten.

Trump, der sich immer wieder als Friedensbringer inszeniert, hat immer noch eine große Vereinbarung mit dem Iran im Blick, die das «Ende eines Zeitalters von Terror und Tod» einläuten könnte. An Teheran sei die «Hand von Freundschaft und Kooperation» ausgestreckt, sagte Trump bei seiner Rede im israelischen Parlament. Der laufende Streit um Irans Atomprogramm und die Angriffe der USA und Israels auf Irans Atomanlagen im Juni zeigen, dass die Länder von solch einer Vereinbarung weit entfernt sind. 

Beobachter der Konflikte im Nahen Osten sehen auch Anzeichen dafür, dass die Hisbollah im Libanon und der Iran – die beiden wichtigsten Verbündeten der Hamas – für eine Fortsetzung des Krieges durch die Hamas sind. Im Libanon und in Syrien ist der Konflikt mit Israel zwar unterbrochen, aber auch dort in vielen Fragen ungelöst und nicht beendet.

Welche Rolle kann Deutschland in dem weiteren Prozess spielen?

Der Bundeskanzler Merz betonte in Ägypten, dass es nun vorrangig um humanitäre Nothilfe im Gazastreifen gehe. Deutschland plant auch am Wiederaufbau teilzunehmen, jedoch ist der genaue Umfang noch unklar. Ägypten plant gemeinsam mit Deutschland eine Wiederaufbaukonferenz im November in Kairo abzuhalten. Angesichts der Tatsache, dass Deutschland mittlerweile der größte Geldgeber für die Ukraine ist, stellt sich die Frage, wie viel Hilfe für Gaza noch politisch vertretbar ist.

Beteiligen sich deutsche Soldaten an einer UN-Friedenstruppe?

Merz hat bisher argumentiert, dass die Frage derzeit nicht relevant für Deutschland ist. Allerdings kann sich dies schnell ändern. Entscheidend ist, ob es ein UN-Mandat für eine solche Truppe geben wird. Es ist unklar, ob die USA und Israel ein solches Mandat anstreben.

Wird der teilweise Waffenexportstopp nach Israel aufgehoben?

Merz hatte am 8. August angeordnet, dass keine Waffenlieferungen an Israel mehr genehmigt werden, die im Gaza-Krieg eingesetzt werden können. Da es nun eine Waffenruhe gibt, überlegt die Bundesregierung, die Beschränkung aufzuheben. Wann eine Entscheidung getroffen wird, ist unklar. Der teilweise Exportstopp hat Deutschland als wichtigstem Verbündeten Israels neben den USA neues Vertrauen in der arabischen Welt gebracht. Das könnte ein Grund sein, die Beschränkungen vorerst beizubehalten.

dpa