Der Ausschluss von Rechtspopulistin Le Pen von Wahlen kommt einem politischen Erdbeben gleich. Für heute ruft ihre Partei zu einer Kundgebung auf – und es gibt Gegenproteste. Droht Krawall in Paris?
Nach Urteil gegen Le Pen: Proteste in Paris geplant
Nachdem die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen gerichtlich von Wahlen ausgeschlossen wurde, plant ihre Partei eine Protestkundgebung in Paris für diesen Sonntag. Das Rassemblement National (RN) erwartet 8.000 bis 10.000 Teilnehmer, die unter anderem mit Bussen aus anderen Regionen anreisen, wie Medien unter Berufung auf Parteiverantwortliche berichteten. Als Redner am Invalidendom sind Marine Le Pen, der RN-Chef Jordan Bardella und der RN-Vizepräsident Louis Aliot angekündigt.
Am Sonntag sind zwei Gegenkundgebungen geplant, jedoch sind sie mehrere Kilometer voneinander entfernt. Die Linkspartei und die Grünen in Frankreich rufen zu einem Protest gegen die extreme Rechte auf dem Place de la République auf. Die Partei Renaissance von Präsident Emmanuel Macron plant, ein bereits geplantes Treffen am Stadtrand in Saint-Denis als Protest zu nutzen.
Premierminister ruft zu Ruhe und Respekt auf
Dennoch besteht die Sorge, dass es zu Ausschreitungen kommt. Premierminister François Bayrou rief vorab zu Ordnung, Ruhe und gegenseitigem Respekt auf. «In einem Rechtsstaat müssen alle Verantwortungsbewusstsein zeigen und Konfrontationen vermeiden», sagte er am Freitag.
Le Pen, ihre Partei und weitere Parteiverantwortliche wurden am Montag von einem Gericht wegen der Veruntreuung von EU-Geldern verurteilt. Eine besonders kontroverse Bestrafung ist, dass Le Pen für fünf Jahre nicht an Wahlen teilnehmen darf. Diese Strafe tritt sofort in Kraft, im Gegensatz zu einer teilweise auf Bewährung ausgesetzten Haftstrafe.
Le Pen legte Berufung ein, aber befürchtet, bei einer langen Verfahrensdauer nicht bei der Präsidentschaftswahl 2027 kandidieren zu können. Das Pariser Berufungsgericht teilte aber mit, bis zum Sommer 2026 urteilen zu wollen. Le Pen kündigte an, auch vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sowie den französischen Verfassungsrat zu ziehen. «Ich werde alle Rechtsmittel ausschöpfen, die mir zur Verfügung stehen», sagte sie der Zeitung «Le Parisien».
Mit Blick auf die Kundgebung versuchte das Rassemblement National, Sorgen vor Gewalt zu zerstreuen. «Wir werden die Dinge sehr organisiert angehen», sagte der RN-Europaabgeordnete und Le-Pen-Berater Philippe Olivier dem Sender France Info. «Wir haben die Anweisung, nichts zu zerstören und zu demolieren», sagte ein RN-Anhänger dem Sender.
Polizei mit Großaufgebot vor Ort
Die Polizei will mit einem Großaufgebot vor Ort sein. «Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir keine besonderen Befürchtungen. Aber nur, weil wir keine haben, heißt das nicht, dass wir nicht wachsam und entschlossen sind, dafür zu sorgen, dass sich jeder am Sonntag in Paris frei äußern kann», sagte Polizeipräfekt Laurent Nuñez dem Sender BFMTV.
Für Empörung bei Le Pens Gegnern sorgte die auf das Urteil folgende Justizschelte der Rechtspopulistin. Le Pen sprach von einem politischen Urteil, mit dem bezweckt werde, sie von der kommenden Präsidentschaftswahl auszuschließen. «Das System hat die Atombombe hervorgeholt, und wenn sie eine so mächtige Waffe gegen uns einsetzen, dann, weil wir kurz davor sind, die Wahlen zu gewinnen», sagte sie. RN-Chef Bardella sprach von einer «Hinrichtung der französischen Demokratie» und in einer Petition der Partei war von einer «Diktatur der Richter» die Rede.
Mehrere prominente Rechts-Politiker in Europa, darunter Italiens Vize-Regierungschef Matteo Salvini und Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, kritisierten das Urteil beziehungsweise zeigten sich solidarisch mit ihrer politischen Freundin. US-Präsident Donald Trump sprach am Freitag von einer «Hexenjagd gegen Marine Le Pen».