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Trump trifft Selenskyj: Ukraine-Krise spitzt sich zu

USA und Ukraine im Konflikt: Drohender Abbruch der Hilfe durch Trump, Biden und Harris sichern Unterstützung zu.

Harris warnt vor den Folgen eines möglichen Wahlsiegs Trumps für die Ukraine.
Foto: Jacquelyn Martin/AP

Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump plant, sich heute mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in New York zu treffen. Trump kündigte dies an. Selenskyj hatte bereits vor ein paar Tagen ein solches Treffen mit dem ehemaligen US-Präsidenten in Aussicht gestellt. Trump hat jedoch länger gezögert. Der Republikaner ist skeptisch gegenüber weiteren US-Hilfen für die Ukraine und hatte Selenskyj öffentlich dafür kritisiert, dass er keinen Deal mit Russland abschließen wollte.

In Washington traf Selenskyj zuerst den demokratischen Amtsinhaber Joe Biden, der dem Ukrainer wenige Monate vor seinem Abschied aus dem Weißen Haus weitere Milliardenhilfen für sein Land mit auf den Weg gab. US-Vizepräsidentin Kamala Harris, die Biden nach der Wahl im November an der Spitze der Regierung ablösen will, versprach Selenskyj ebenfalls Unterstützung und warnte indirekt vor einem Wahlsieg ihres Kontrahenten Trump.

Trump mit abschätziger Äußerung über Selenskyj

Der Ausgang der US-Wahl könnte erhebliche Auswirkungen auf den Verlauf des Krieges haben. In der Ukraine herrscht die Befürchtung, dass die USA als wichtigster Unterstützer des Landes im Abwehrkampf gegen Russland weitgehend ausfallen könnten, falls Trump die Präsidentschaftswahl am 5. November gegen Harris gewinnt. Trump hat signalisiert, im Falle eines Wahlsieges die Unterstützung für Kiew drastisch zu reduzieren oder sogar ganz einzustellen.

Bei einer Wahlkampfveranstaltung im Bundesstaat North Carolina am Mittwoch äußerte sich Trump abschätzig über Selenskyj: «Wir geben weiterhin Milliarden von Dollar an einen Mann, der sich weigert, einen Deal einzugehen», beklagte er und kritisierte den Ukrainer dafür, keine Abmachung mit Moskau zu treffen, um den Krieg zu beenden. «Jeder Deal, selbst der schlechteste Deal, wäre besser gewesen als das, was wir jetzt haben», sagte Trump. Er behauptete auch, ein Wiederaufbau der Ukraine sei aussichtslos.

Harris warnt vor Folgen für Ukraine bei Wahlniederlage

Harris mahnte in Anspielung auf Trumps Äußerungen, dass über ein Ende des Kriegs nicht ohne die Ukraine entschieden werden dürfe. In den USA gebe es aber «einige», die das wollten. Deren Plan sei es, die Ukraine zu zwingen, große Teile ihres Staatsgebiets aufzugeben, einen neutralen Status ihres Landes zu akzeptieren und auf die Sicherheitszusagen anderer Staaten zu verzichten.

«Diese Vorschläge sind die gleichen wie die von (Russlands Präsident Wladimir) Putin, und wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass es sich nicht um Vorschläge für den Frieden handelt», sagte Harris. «Es sind vielmehr Vorschläge für eine Kapitulation, die gefährlich und inakzeptabel ist.» Die Unterstützung der USA für die Ukraine sei kein wohltätiger Akt, sondern sicherheitspolitisch im ureigenen Interesse Amerikas. 

Biden gibt Milliardenhilfen für Kiew frei

In den vergangenen zweieinhalb Jahren hat die Regierung von Biden und Harris die Ukraine im Kampf gegen Russlands Angriffskrieg massiv unterstützt. Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 wurden allein 58,7 Milliarden Dollar (52,5 Milliarden Euro) für Militärhilfe bereitgestellt. Während des Besuchs von Selenskyj in Washington gab Biden 2,4 Milliarden US-Dollar frei. Der US-Präsident betonte, dass bereits zugesagte Hilfen in Milliardenhöhe nicht verfallen und bis zum Ende seiner Amtszeit im Januar abgerufen würden. Laut dem Weißen Haus handelt es sich um 5,5 Milliarden Dollar.

Das neue Hilfspaket aus Washington umfasst ein weiteres Patriot-Flugabwehrsystem, Gleitbomben mit hoher Reichweite und Drohnen. Zudem planen die USA, die Ausbildung von weiteren 18 ukrainischen Piloten an Kampfjets des Typs F-16 zu unterstützen. Die Flugzeuge amerikanischer Bauart werden von anderen Ländern zur Verfügung gestellt, wobei sich die US-Regierung am Trainingsprogramm beteiligt.

Ukraine-Treffen am 12. Oktober in Deutschland

Biden plant, zusätzliche internationale Unterstützung für die Ukraine zu koordinieren. Er wird Mitte Oktober nach Deutschland reisen und plant, am 12. Oktober ein Treffen der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe auf Ebene der Staats- und Regierungschefs abzuhalten, die von den USA geleitet wird. Das wurde offiziell vom Weißen Haus nach dem Treffen von Biden und Selenskyj bekannt gegeben. Selenskyj wird ebenfalls anwesend sein.

Etwa 50 Staaten sind Teil der Ukraine-Kontaktgruppe, darunter auch Deutschland. In der Regel nehmen die Verteidigungsminister der Mitgliedsländer an den regelmäßigen Gesprächen teil. Die USA und Deutschland sind die Hauptlieferanten von Waffen für die Ukraine.

Selenskyj mit Details zu «Siegesplan» im Weißen Haus 

Selenskyj dankte den USA für das neue Hilfspaket und stellte bei seinen Gesprächen in Washington einen von ihm konzipierten «Siegesplan» vor. Nach Medienberichten geht es um ein Papier aus vier bis fünf Punkten, die sich weniger wie ein Plan, als vielmehr wie eine weitere der regelmäßig von Kiew vorgelegten Listen mit Wünschen an die westlichen Partner lesen – unter anderem zur Lieferung spezifischer Waffen und einer Ausweitung der westlichen Finanzhilfen.

Die Kämpfe in der Ostukraine dauern unvermindert an. Laut dem Generalstab in Kiew gab es heute 181 Gefechte. Besonders heftig sind nach dem abendlichen Lagebericht weiterhin die Frontabschnitte Pokrowsk und Kurachowe. In diesem Bereich führte das russische Militär allein über 70 Angriffe durch. Pokrowsk ist strategisch wichtig, da es den Weg nach Westen öffnet und den Russen den Zugang zum benachbarten Gebiet Dnipropetrowsk ermöglicht.

dpa