CDU, CSU und SPD kündigen im Koalitionsvertrag die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates an. Neue Stabsstelle und 13 Stellen werden geschaffen.
Deutschland plant Nationalen Sicherheitsrat
In den USA, Großbritannien und vielen anderen Ländern gibt es bereits einen Nationalen Sicherheitsrat – und bald auch in Deutschland. In diesem neuen Gremium sollen Informationen über die innere, äußere, digitale und wirtschaftliche Sicherheit zusammengeführt werden. Der Sicherheitsrat wird in Krisensituationen tagen und auch Strategien zur Bewältigung von Bedrohungen entwickeln. Laut Regierungskreisen sollen Kompetenzen und Wissen künftig besser gebündelt, aufbereitet und koordiniert werden, damit die Bundesregierung fundierte Entscheidungen treffen kann. Geplant ist folgendes:
Startschuss
CDU, CSU und SPD haben bereits im Koalitionsvertrag die Einführung eines Nationalen Sicherheitsrates angekündigt. Dieses neue Gremium wird die Funktionen des Bundessicherheitsrates, der hauptsächlich Fragen zu Rüstungsexporten behandelt, sowie des Sicherheitskabinetts übernehmen. Im Bundeskanzleramt wird eine Stabsstelle für den Sicherheitsrat eingerichtet. Es werden 13 neue Positionen geschaffen. Die Geschäftsordnung des neuen Gremiums soll bei der nächsten Sitzung des Bundeskabinetts am 27. August beschlossen werden, die im Verteidigungsministerium in Berlin stattfinden wird.
Dreh- und Angelpunkt
Mit dem neuen Gremium soll das «Silodenken» überwunden werden, wie es aus Regierungskreisen heißt. In der Bundesregierung und den Sicherheitsbehörden gebe es «wahnsinnig» viel Wissen, Kompetenz und Information – doch sie liefen bisher nirgends zusammen. Politische Entscheidungen würden meist nicht auf der Grundlage einer vollständigen «Informationsumgebung» getroffen. Das solle sich ändern – der Nationale Sicherheitsrat solle der «Dreh- und Angelpunkt» werden, in dem Sicherheit vernetzt und integriert gedacht werde. Er solle Lagebilder erstellen und Informationen aufbereiten.
Mitglieder des Gremiums
Der Bundeskanzler, derzeit Friedrich Merz (CDU), übernimmt den Vorsitz des Nationalen Sicherheitsrates (NSR). Die Mitglieder sind die Minister der Finanzen, des Auswärtigen, der Verteidigung, des Inneren und der Justiz, für Wirtschaft und Energie, für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, für Digitales und Staatsmodernisierung sowie der Chef des Bundeskanzleramtes. Andere Mitglieder der Bundesregierung sollen bei Bedarf hinzugezogen werden.
Auch Vertreter der deutschen Sicherheitsbehörden können teilnehmen. Neu ist, dass auch Vertreter der Bundesländer sowie anderer Staaten, der Europäischen Union oder der Nato hinzugezogen werden können. Der Nationale Sicherheitsrat soll abschließend entscheiden können, es sei denn, ein Beschluss der Bundesregierung sei nach dem Grundgesetz oder einem Bundesgesetz erforderlich, wie es in einem Papier heißt.
Weitere neue Gremien
Es wird keinen nationalen Sicherheitsberater wie in den USA geben. Neben dem Sicherheitsrat gibt es konkrete Pläne für einen Nationalen Krisenstab der Bundesregierung und ein Nationales Lagezentrum im Bundeskanzleramt, so Regierungskreise. Beides ist im Koalitionsvertrag vorgesehen. Zunächst soll jedoch der NSR in Betrieb genommen werden.
Es wurde in den Regierungskreisen betont, dass das sogenannte Ressortprinzip mit dem NSR nicht umgangen werden soll. Vor dem Treffen wurde intensiv mit dem Auswärtigen Amt gesprochen.
Wann der NSR tagen soll:
Der Nationale Sicherheitsrat soll in Krisenlagen tagen – Beispiele: der iranische Angriff auf iranische Atomanlagen Mitte Juni oder der Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022. Ein anderes Beispiel ist die chaotische Evakuierung aus Afghanistan im August 2021 nach der Machtübernahme durch die Taliban – zur Aufarbeitung von Fehlern war ein Untersuchungsausschuss des Bundestags eingesetzt worden. Ein weiteres Beispiel für mögliche Krisenlagen und eine NSR-Sitzung wäre eine Cyberattacke auf deutsche Behörden.
Strategische Planung:
Der Sicherheitsrat soll regelmäßig zu strategischen Themen tagen. Es wird erwartet, dass das Gremium eine strategische Vorausschau und Planung durchführt, um nicht nur aktuelle Ereignisse, sondern auch mittel- und langfristige Bedrohungen zu identifizieren, Handlungsoptionen zu entwickeln und entsprechende Vorbereitungen zu treffen, wie es in dem Papier steht. Es ist auch geplant, dass die Nationale Sicherheitsstrategie, die unter der Ampel-Regierung erarbeitet wurde, aktualisiert wird.
In dieser strategischen Arbeit sollen Experten aus Denkfabriken, Stiftungen und der Wissenschaft den NSR unterstützen. Die Beschlüsse des Sicherheitsrates sollen ebenfalls veröffentlicht werden können.