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Trump triumphiert auf Nato-Gipfel in Den Haag

Alliierte unsicher trotz Druck der USA; Trump hofft auf eindeutiges Zeichen der Geschlossenheit und Zugeständnisse an Putin.

Schon vor Beginn des Nato-Gipfels gibt es einen Gewinner: Donald Trump.
Foto: Martin Romanczyk/dpa

US-Präsident Donald Trump kann sich als Gewinner des Nato-Gipfels in Den Haag fühlen – bevor der überhaupt begonnen hat. Die Bündnispartner stimmten auf Druck der USA zu, die Ausgaben für Militär und Infrastruktur drastisch zu erhöhen. Dennoch sind Alliierte unsicher, ob sich die Vereinigten Staaten – trotz der Vereinbarung – dem Bündnis noch bedingungslos verpflichtet fühlen.

Trumps Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin und die Vernachlässigung europäischer Stimmen im Konflikt zwischen Israel und dem Iran sorgen für Skepsis. Trotz laufender Verhandlungen der Europäer griffen die USA drei iranische Atomanlagen an.

Die Allianz hofft darauf, dass Trump bei dem zweitägigen Treffen am Dienstag und Mittwoch ein eindeutiges Zeichen der Geschlossenheit zeigt.

Kaum Text zur Ukraine

Der Text für die Abschlusserklärung für die Ukraine wird ernüchternd sein. Diplomaten zufolge wird ihr lediglich vage eine fortgesetzte Unterstützung in Aussicht gestellt. Im vergangenen Jahr hatte die Nato der Ukraine beim Gipfel in Washington zugesagt, Sicherheitsunterstützung in Höhe von 40 Milliarden Euro bereitzustellen. Es wurde auch damals betont, dass ihr Weg zur Mitgliedschaft unumkehrbar sei. Aufgrund des Widerstands insbesondere der USA konnten solche Formulierungen nun nicht erneut verwendet werden, so die Diplomaten.

Trump hat immer noch die Hoffnung, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine durch Zugeständnisse an Putin zu beenden.

Mindestens fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts 

Laut einer schriftlichen Entscheidung der Deutschen Presse-Agentur wollen die Alliierten beim Gipfel zustimmen, ihre jährlichen verteidigungsrelevanten Ausgaben auf mindestens fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu steigern.

Ein Anteil von mindestens 3,5 Prozent des BIP soll für klassische Militärausgaben verwendet werden. Darüber hinaus könnten beispielsweise militärisch nutzbare Infrastruktur im Wert von 1,5 Prozent des BIP berücksichtigt werden. Laut Diplomaten aus dem Entwurf für die Abschlusserklärung soll das Jahr 2035 als Frist für die Erreichung des neuen Ziels gelten. Die formelle Annahme soll am Mittwoch erfolgen.

Derzeit sieht das Nato-Ziel vor, dass die Verteidigungsausgaben jährlich mindestens zwei Prozent des BIP betragen sollen. Die Gründe für die vereinbarte Erhöhung sind vor allem die Bedrohungen durch Russland und die Forderung von Trump, dass die Europäer zukünftig die Hauptverantwortung für die konventionelle Abschreckung und Verteidigung auf ihrem Kontinent übernehmen sollen.

Merz geht mit Trump mit 

Deutschland unterstützte bereits im Mai bei einem Nato-Außenministertreffen die Forderung von Trump. Nur Spanien hatte zuletzt unter den 32 Nato-Staaten Widerstand geleistet.

Die neue Zielvorgabe stellt für viele Nato-Staaten eine enorme Herausforderung dar. Im vergangenen Jahr erreichte Deutschland nur eine Quote von etwa 2,1 Prozent, und nach Angaben von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) würde jeder zusätzliche Prozentpunkt für Deutschland derzeit etwa 45 Milliarden Euro mehr an Verteidigungsausgaben bedeuten.

Länder wie Spanien, die als kritisch angesehen werden, konnten letztlich doch überzeugt werden, mit an Bord zu kommen, da eine Überprüfung der neuen Zielvorgabe für das Jahr 2029 in Aussicht gestellt wurde. Zu diesem Zeitpunkt sollen ohnehin neue Planungsziele für Abschreckung und Verteidigung vereinbart werden.

Nato-Generalsekretär Mark Rutte hat dem spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez schriftlich zugesichert, dass sein Land das neue Prozentziel nicht erreichen muss, wenn es die geforderten militärischen Fähigkeiten auch mit weniger Geld bereitstellen kann. In Brüssel wird dies jedoch als wenig realistisch angesehen.

Europäer denken uneinheitlich über mehr Verteidigung

Nicht überall in Europa finden die von der Nato geplanten Steigerungen der Verteidigungsausgaben Zustimmung. Deutliche Mehrheiten dafür gebe es in Polen und Dänemark (70 Prozent), Großbritannien (57 Prozent), Estland (56 Prozent) und Portugal (54), stellt die Denkfabrik «European Council on Foreign Relations» (ECFR) in einer Erhebung fest. 

Laut der Umfrage befürworten in Deutschland 47 Prozent der Befragten höhere Verteidigungsausgaben. Ebenso in Spanien (46 Prozent) sowie in Frankreich und Ungarn (45 Prozent) gibt es keine eindeutige Zustimmung.

Italien kann daher als Ausreißer betrachtet werden, wo laut einer Umfrage 57 Prozent der Befragten stark oder im Grundsatz gegen höhere Verteidigungsausgaben sind. Nur 17 Prozent unterstützen das Vorhaben.

In den Staaten wurden zwischen Mitte und Ende Mai jeweils über 1.000 Menschen für die Umfrage befragt. Die Denkfabrik hat die Meinungsforschungsinstitute Datapraxis, YouGov und Norstat beauftragt.

Den Haag wird zur Festung: Operation «Orange Shield»

Der Gipfel ist für die Gastgeber-Stadt Den Haag auch logistisch eine große Herausforderung, immerhin werden rund 40 Staats- und Regierungschefs in der niederländischen Küstenstadt erwartet. Nach Angaben der Regierung ist es die größte Sicherheitsoperation in der Geschichte der Niederlande. Das Bedrohungspotenzial wird angesichts der Spannungen im Nahen Osten hoch eingeschätzt. Die Streitkräfte legten mit der Operation «Orange Shield» eine Art Schutzpanzer um die Stadt. Rund 27.000 Polizisten sind im Einsatz. Dazu kommen noch mehr als 10.000 Soldaten.

dpa