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Neue Eskalation im Ukraine-Krieg: Nato-Staaten stärken Rüstungsproduktion in der Ukraine

Die Ukraine steht im Fokus internationaler Beratungen. Deutschland plant Förderung von Drohnen und Munitionsproduktion.

Neue Hilfe der Nato für die Ukraine. (Archivbild)
Foto: Virginia Mayo/AP/dpa

Nachdem Russland neue Eskalationsschritte im Ukraine-Krieg unternommen hat, planen Deutschland und andere Nato-Staaten, die Rüstungsproduktion in der Ukraine weiter zu stärken. Dies soll zunächst mit den Zinseinkünften aus eingefrorenem russischen Vermögen finanziert werden, erklärte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius nach einem Treffen mit seinen Amtskollegen aus Frankreich, Großbritannien, Polen und Italien. Die Ukraine wird heute auch Thema bei einer außerplanmäßigen Sitzung des Nato-Ukraine-Rats in Brüssel sowie bei einem Treffen der Außenminister der Gruppe der sieben demokratischen Industrienationen (G7) in Italien sein.

Der gegenseitige Beschuss hielt derweil an. Der Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, schrieb in der Nacht auf Telegram, die Drohnenangriffe auf die Hauptstadt gingen weiter. «Die Luftabwehrkräfte operieren in verschiedenen Teilen der Stadt.» Die Drohnen würden aus verschiedenen Richtungen in die Hauptstadt eindringen. Zuvor hatten die ukrainischen Streitkräfte unbestätigten Medienberichten zufolge einen russischen Militärflughafen in der Nähe vom Kursk mit Artillerieraketen des US-amerikanischen ATACMS-Systems angegriffen. 

Pistorius: Entwicklung und Beschaffung von KI-Drohnen fördern

Pistorius sagte, Deutschland und andere Nato-Staaten hätten unter anderem geplant, die Entwicklung und Beschaffung von Drohnen zu fördern, die von Künstlicher Intelligenz gesteuert werden. Auch bei der Munitionsproduktion soll die Zusammenarbeit ausgeweitet werden. Pistorius sagte nach dem Treffen weiter: «Unser Ziel: Die Ukraine muss aus einer Position der Stärke agieren können.». Er betonte, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine kein regionaler Konflikt mehr sei. «Er hat eine internationale Dimension bekommen.» Er verwies auf die 10.000 Soldaten aus Nordkorea, die der russische Präsident Wladimir Putin ins Land geholt habe und denen er einmalig pro Kopf 2.000 Euro zahle. «Das ist an Zynismus kaum noch zu überbieten.»

Als weiteren Eskalationsschritt erwähnte Pistorius den Einsatz russischer Mittelstreckenraketen. Er bekräftigte, dass das russische Agieren auch die Menschen in Deutschland und anderen Nato-Ländern betreffe. «Die russischen Drohgebärden sind eben immer auch gleichzeitig an uns gerichtet.» 

Nato-Ukraine-Rat erörtert Russlands Raketenangriff

Vertreter der 32 Nato-Staaten und der Ukraine treffen heute in Brüssel zu einer außerplanmäßigen Sitzung des Nato-Ukraine-Rats zusammen. Laut einem Bündnissprecher wird bei dem Treffen auf Botschafterebene auch über den jüngsten russischen Angriff auf die ukrainische Großstadt Dnipro gesprochen. Am Donnerstag feuerte Russland eine neue Mittelstreckenrakete namens Oreschnik ab. Diese soll nach russischen Angaben mit Hyperschallgeschwindigkeit fliegen und nicht abgefangen werden können. Experten vermuten, dass sie theoretisch auch nukleare Sprengköpfe tragen könnte.

Der Fokus liegt auch beim Treffen der G7-Außenminister in Italien auf dem Krieg. Als Gast nimmt der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha an den Beratungen in der Kleinstadt Fiuggi, etwa 80 Kilometer außerhalb von Rom, teil.

Bericht: Ukraine greift russischen Militärflugplatz mit ATACMS-Raketen an

In der Nacht zu Montag griffen die ukrainischen Streitkräfte laut unbestätigten Medienberichten einen russischen Militärflughafen in der Nähe von Kursk mit Artillerieraketen des US-amerikanischen ATACMS-Systems an. Der Flughafen Kursk-Wostotschny wurde angeblich von mindestens zwei Raketen mit Mehrfach-Sprengköpfen getroffen, wie ukrainische Medien berichteten. Es gab keine Informationen über das Ausmaß der Schäden, und die Berichte konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Es wäre das zweite Mal, dass ATACMS-Raketen gegen Ziele auf russischem Staatsgebiet eingesetzt werden, seit Washington der Ukraine erlaubt hat, Angriffe mit weitreichenden Waffen gegen militärische Ziele in Russland durchzuführen. Der erste Angriff in der Vorwoche richtete sich gegen ein russisches Munitionslager in der Region Brjansk. Danach folgte ein weiterer Angriff, vermutlich mit britischen Storm Shadow-Marschflugkörpern, auf das Hauptquartier der russischen Streitkräfte, die in Kursk stationiert sind. Diese Streitkräfte, bestehend aus rund 50.000 Soldaten, darunter auch 10.000 Kämpfer aus Nordkorea, planen, das von der Ukraine im Sommer besetzte Gebiet bei Kursk zurückzuerobern.

Derweil bestätigte das Weiße Haus – ukrainischen Berichten zufolge erstmals offiziell – der Ukraine die Genehmigung zum Abfeuern der ATACMS-Raketen auf bestimmte Ziele in Russland erteilt zu haben. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, sagte, die USA hätten die Richtlinien für den Einsatz dieser Raketen geändert, sodass die Ukrainer sie «für den Angriff auf diese speziellen Ziele» einsetzen könnten. «Im Augenblick sind sie in der Lage, ATACMS zu verwenden, um sich im Bedarfsfall zu verteidigen. Und im Moment findet das verständlicherweise in der Umgebung von Kursk statt, im Gebiet Kursk.» 

Selenskyj kündigt Antwort auf russische Angriffe an 

Nach den jüngsten russischen Raketenangriffen kündigte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine harte Reaktion an. «Wir werden definitiv auf alles antworten, was Russland tut», sagte er in seiner abendlichen Videobotschaft. «Es darf nicht einmal den Hauch einer Normalisierung des russischen Terrors geben – einer Gewöhnung an ihn.»

Russland hat kürzlich die Großstädte Charkiw und Odessa mit Raketen verschiedener Typen angegriffen. Laut Selenskyj wurden in Charkiw 25 Menschen verletzt. Dabei wurde von russischer Seite eine umfunktionierte Rakete des Flugabwehrsystems S-400 eingesetzt. In der Hafenstadt Odessa wurden wiederum elf Menschen verletzt. Dort explodierte ein Iskander-Marschflugkörper.

Erbitterte Kämpfe in der Ostukraine

Der Osten der Ukraine wurde erneut von heftigen Kämpfen erschüttert. Im Fokus der Auseinandersetzungen standen erneut die Gebiete um die Orte Pokrowsk und Kurachowe am Rand des Donbass. Eine unabhängige Bewertung der Vorfälle war nicht möglich.

Das russische Militär hat am Abend neue Gruppen von Kampfdrohnen gestartet, um Ziele in der Ukraine anzugreifen. Laut der Agentur Ukrinform schlugen mehrere Drohnen am Abend in der Region Sumy im Osten des Landes ein. Es gibt bisher keine Informationen über mögliche Auswirkungen. In den benachbarten Regionen wurde Luftalarm ausgelöst.

dpa