Israels Militär soll auf Geheiß der Regierung die Stadt Gaza einnehmen. Vor dem «intensiven Einsatz» warnt Ministerpräsident Netanjahu die Bewohner: «Verschwinden Sie von dort».
Netanjahu: Bereits 50 Hochhäuser in der Stadt Gaza zerstört
Vor dem Beginn des geplanten Militäreinsatzes zur Einnahme der Stadt Gaza hat Israels Luftwaffe nach Angaben von Regierungschef Benjamin Netanjahu dort binnen zwei Tagen bereits 50 Hochhäuser zerstört. «All dies ist nur die Einleitung, nur der Beginn des eigentlichen, intensiven Einsatzes – der Bodeninvasion unserer Streitkräfte, die sich nun organisieren und sich einfinden», sagte der israelische Ministerpräsident. Palästinensischen Angaben zufolge sollen am Montag 38 Menschen bei israelischen Angriffen in der größten Stadt im Gazastreifen ums Leben gekommen sein.
Netanjahu rief die Einwohner zur Flucht auf: «Sie wurden gewarnt, verschwinden Sie von dort.» Seine Regierung beabsichtigt, die Stadt Gaza militärisch vollständig einnehmen zu lassen. Nach jüngsten Schätzungen befanden sich bis zuletzt rund eine Million Menschen dort. Netanjahu sagte am Sonntag, bislang hätten rund 100.000 Palästinenser die Stadt verlassen. Hilfsorganisationen warnen vor einer weiteren Verschärfung der schon jetzt katastrophalen Lage der Zivilbevölkerung.
Dutzende Tote im Gazastreifen gemeldet
Laut eigenen Angaben der israelischen Armee wurden Hochhäuser in der Stadt Gaza zerstört, die von der palästinensischen Terrororganisation Hamas genutzt wurden. Der von den Islamisten kontrollierte Zivilschutz gab am Abend bekannt, dass bei israelischen Angriffen im gesamten Gazastreifen am Montag insgesamt 59 Palästinenser getötet wurden, davon allein 38 in der Stadt Gaza. Die Angaben beider Seiten konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.
Die Hamas wird von der Armee beschuldigt, zivile Infrastruktur und Zivilisten als Schutzschilde zu verwenden – und betont gleichzeitig, dass die Zivilbevölkerung bei Angriffen auf die Hamas und andere Terrororganisationen geschont wird. Trotzdem gibt es immer wieder Berichte über eine hohe Anzahl ziviler Opfer. Aus diesem Grund wird das Vorgehen des israelischen Militärs im Gazastreifen international heftig kritisiert, wobei es auch Befürworter der harten Linie gibt.
Auch in den Reihen der Armee gibt es Tote, wenn auch viel weniger. Im Norden des Gazastreifens wurden vier israelische Soldaten getötet, wie das Militär am Abend mitteilte. Laut israelischen Medien hatten Hamas-Terroristen ihr Lager in einem Außenbezirk der Stadt Gaza angegriffen.
Neue Details über US-Vorschlag für Gaza-Deal
US-Präsident Donald Trump, der wichtigste ausländische Verbündete der Regierung Netanjahus, setzt weiterhin auf eine Verhandlungslösung im Gaza-Krieg. Der israelische Sender Channel 12 berichtete über bislang unbekannte Details eines kürzlich eingebrachten US-Vorschlags für ein umfassendes Abkommen zwischen Israel und der Hamas. Demnach ist die Freilassung aller lebenden Geiseln im Gazastreifen in den ersten 48 Stunden nach Inkrafttreten einer Waffenruhe vorgesehen.
Am Sonntag wurde zunächst vom Sender berichtet, dass alle lebenden Entführten sowie alle Geisel-Leichen schon am ersten Tag übergeben werden sollen. Laut Channel 12 benötigt die Hamas angeblich mehr Zeit, um die toten Verschleppten zu bergen.
Als Gegenleistung für die Freilassung der Geiseln soll die israelische Armee ihre Offensive in der Stadt Gaza stoppen. Nach dem Beginn der Waffenruhe sollen Berichten zufolge auch Verhandlungen über die Bedingungen für ein Kriegsende beginnen. Israels Regierung verlangt unter anderem eine vollständige Entwaffnung der Hamas, während die Islamisten einen kompletten Rückzug der israelischen Soldaten aus dem Gazastreifen fordern.
Palästinenser: Israels Armee tötet zwei 14-Jährige durch Schüsse
In der Stadt Dschenin im Westjordanland wurden laut dem palästinensischen Gesundheitsministerium zwei 14-Jährige durch Schüsse israelischer Soldaten getötet. Medienberichten zufolge geschah dies, als Bewohner des Flüchtlingsviertels versuchten, ihre Habseligkeiten aus den Häusern zu holen. Die israelische Armee eröffnete das Feuer auf sie.
Seit Anfang des Jahres ist das israelische Militär in der nördlichen Region des Westjordanlands im Einsatz, um nach eigenen Angaben gegen Terrororganisationen vorzugehen. Zahlreiche Bewohner des Flüchtlingsviertels haben die Gegend verlassen.
Israels Militär teilte auf Anfrage mit, in einem Sperrgebiet hätten sich mehrere Verdächtige israelischen Soldaten genähert und eine Bedrohung für sie dargestellt. Aufforderungen, Abstand zu halten, seien ignoriert worden. Die Soldaten hätten deshalb «den Standardverfahren entsprechend» gehandelt. Einzelheiten dazu nannte die israelische Armee nicht. Auch Angaben zu Toten und Verletzten bei dem Vorfall machte sie zunächst nicht.
Israel greift im Libanon an – fünf Tote
Im Libanon gab es erneut israelische Angriffe. Laut libanesischen Sicherheitskreisen wurden dabei fünf Mitglieder der proiranischen Hisbollah getötet, was auch von der Miliz bestätigt wurde. Das israelische Militär erklärte, mehrere Luftangriffe auf Stellungen der Hisbollah durchgeführt zu haben.
Israels Regierung und die Hisbollah hatten Ende November nach mehr als einem Jahr gegenseitigen Beschusses eine Waffenruhe vereinbart. Beide Seiten beschuldigen sich jedoch gegenseitig, gegen das Abkommen zu verstoßen. Israels Militär greift weiterhin fast täglich im Nachbarland an. Dabei kommt es immer wieder zu Todesfällen.