Kann eine Einigung in letzter Minute die Regierungskoalition von Netanjahu retten? Opposition plant Parlamentsauflösung.
Streit um Wehrpflicht: Israelische Regierungskoalition vor dem Bruch
Die israelische Regierungskoalition steht im Streit um die Wehrpflicht für streng religiöse Männer vor dem Zusammenbruch. Nach erfolgloser Suche nach einem Kompromiss haben führende Rabbiner der Partei Vereinigtes Tora-Judentum angekündigt, aus dem rechts-religiösen Regierungsbündnis von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auszutreten.
Es war zunächst unklar, ob es doch noch eine Einigung in letzter Minute geben könnte. Mehrere Oppositionsparteien planen nächste Woche einen Vorstoß zur Auflösung des Parlaments.
Die Regierung hat derzeit eine Mehrheit von 68 von 120 Sitzen im Parlament. Die Partei Vereinigtes Tora-Judentum hat sieben Sitze. Netanjahus Regierung würde ihre Mehrheit nur verlieren, wenn auch die zweite strengreligiöse Partei in der Regierung, Schas, dem Austritt anschließen würde. Schas hat elf Mandate.
Meinungsumfragen zufolge könnten Netanjahus politische Gegner im Falle einer Neuwahl die Mehrheit gewinnen. Die nächste reguläre Wahl ist erst für Oktober nächsten Jahres geplant.
Streng religiöse Juden sehen Wehrdienst als Bedrohung
Streng religiöse Männer waren in Israel jahrzehntelang von der Wehrpflicht befreit. Diese Ausnahmeregelung lief jedoch im vergangenen Jahr aus. Der israelischen Regierung gelang es nicht, ein neues Gesetz zu verabschieden, um diesen Sonderstatus für die Ultraorthodoxen zu zementieren. Der Oberste Gerichtshof erließ schließlich im Sommer 2024 ein Urteil, wonach ultraorthodoxe Männer zum Wehrdienst einzuziehen sind.
Viele ultraorthodoxe Juden sehen den Militärdienst als eine Gefahr für ihren religiösen Lebensstil, da Männer und Frauen gemeinsam dienen.
Die Armee hatte jedoch angesichts des langen Kriegs gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen eindringlich vor einem drastischen Mangel an kampffähigen Soldaten gewarnt. Zudem empfinden es viele Israelis als ungerecht, dass ultraorthodoxe Juden vom Dienst an der Waffe und gefährlichen Kampfeinsätzen ausgenommen sind.