Neuer BfV-Chef, verschärfte Gesetze und mehr Kontrolle: Warum Sicherheit heute als knappes Gut gilt – und was das für unseren Alltag bedeutet.
Neue Möglichkeiten für Verfassungsschutz – Spionage im Fokus

Der Verfassungsschutz soll 75 Jahre nach seiner Gründung robuster aufgestellt werden, um besser gegen Spionage, Sabotage, Cyberangriffe und ausländische Einflussnahme – vor allem aus Russland – gewappnet zu sein. «In Zeiten hybrider Bedrohungen und ausländischer Einflussnahme ist es wichtiger denn je, dass wir unsere Verfassung aktiv verteidigen», erklärt Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) anlässlich des 75. Jubiläums des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV). Die schwarz-rote Koalition werde die rechtlichen und technischen Voraussetzungen schaffen, um das BfV «zukunftsfest» zu machen.
Koalition hat neue Regeln für Nachrichtendienste vereinbart
Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD heißt es: «Zur Stärkung unserer nationalen Souveränität und der operativen Fähigkeiten unserer Nachrichtendienste, und um mit der Leistungsfähigkeit relevanter europäischer Partnerdienste wieder Schritt zu halten, streben wir eine grundlegende verfassungskonforme, systematische Novellierung des Rechts der Nachrichtendienste des Bundes an, einschließlich der rechtlichen Rahmenbedingungen für einen effektiven und effizienten Datenaustausch zwischen den Diensten und anderen Behörden». Gleichzeitig wolle man – das war vor allem der SPD wichtig – für «effektivere Kontrollstrukturen und zielgerichtetere Kontrollen nach den jeweiligen Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts, auch durch den Deutschen Bundestag» sorgen.
Sicherheit ist knappes Gut
«Sicherheit ist wieder ein äußerst knappes Gut, das aktiv von unseren Gegnern und systemischen Rivalen verknappt wird», erklärt der BfV-Präsident, Sinan Selen. Es gelte daher, die Sicherheitsarchitektur zu härten – «technisch, physisch und mental».
Bei der Feierstunde im Bundesinnenministerium, die von Dutzenden Vertretern der Sicherheitsbehörden besucht wird, hält Selen seine Antrittsrede. Der ehemalige BfV-Vizepräsident hat sein neues Amt am 8. Oktober angetreten. Dobrindt hat Selen den Auftrag gegeben, den Informationsaustausch der deutschen Sicherheitsbehörden in Bezug auf hybride Bedrohungen effektiver zu organisieren.
Lorbeeren für den neuen Behördenchef
Der Bundesinnenminister erklärt, weshalb seine Wahl auf Selen fiel, der die Behörde nach dem Ausscheiden von Thomas Haldenwang Ende 2024 gemeinsam mit Vizepräsidentin Silke Willems leitete. Dobrindt sagt, Selen habe sich schon als Vizepräsident «einen herausragenden Ruf erarbeitet als versierter und integrer Fachmann». An den neuen BfV-Präsidenten gewandt, verrät der Minister, dass es «ein großer Wunsch von Ihnen auch war, an der Spitze des Verfassungsschutzes zu stehen».
Und noch ein Detail enthüllt der Minister in seiner Ansprache: Vom BfV sei ihm einmal ein ganz spezieller «Flaschenöffner» mitgegeben worden, den er später – sicherheitshalber – ganz hinten in seinem Regal platziert habe. Das weckt natürlich die Neugier der Zuhörer. Doch es war nur ein Scherz und auf Nachfrage ist zu erfahren: Der mysteriöse Flaschenöffner mit dem Logo der Behörde enthält weder eine geheime Kamera noch ein Abhörgerät.
Gründung zu Beginn des Kalten Krieges
Am 7. November 1950 wurde das Bundesamt für Verfassungsschutz mit Zustimmung der Westalliierten gegründet. Diese betrachteten den neuen Nachrichtendienst auch als Schutz vor sowjetischer Spionage und kommunistischer Unterwanderung.
In den letzten Jahren hat sich der Fokus des Verfassungsschutzes von Rechtsextremismus und islamistischem Terrorismus auf die Abwehr von Spionage, Sabotage und anderen Formen hybrider Bedrohungen verlagert. Es geht nicht um zukünftige Spannungs- und Verteidigungsfälle, sondern um die aktuellen Geschehnisse. Die Anzahl der Gegner und ihre Geschwindigkeit haben sich deutlich erhöht.
Der frühere Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio zeichnet in seiner Festrede zum 75-jährigen Bestehen des BfV das Bild einer krisengeplagten Zeit, die geprägt sei von vielen Unsicherheiten – unter anderem, was die weitere politische Entwicklung in den USA betrifft. Zudem beklagt er eine den «Verfeindlichung des politischen Klimas» in Deutschland durch Radikale am rechten und linken Rand.








