Schon mit dem ersten Anlauf, außerhalb der EU über Asylanträge entscheiden zu lassen, war Italiens Rechtsregierung gescheitert. Dann legte sie nach. Jetzt stellt sich ein Gericht erneut dagegen.
Neue Niederlage für Meloni: Flüchtlinge dürfen nach Italien
Giorgia Meloni, die Ministerpräsidentin Italiens, hat erneut eine Niederlage erlitten: Ihr rechtes Regierungsbündnis ist auch im zweiten Anlauf gescheitert, über die Asylanträge von Mittelmeer-Flüchtlingen außerhalb der EU zu entscheiden. Ein Gericht hat die Inhaftierung von sieben Migranten aus Ägypten und Bangladesch in einem Lager in Albanien aufgehoben.
Es ist wahrscheinlich, dass die Männer bereits an diesem Dienstag in Italien an Land gehen dürfen – ihrem ursprünglichen Ziel. Gleichzeitig haben die italienischen Richter den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen.
Die Migranten wurden letzte Woche auf ihrer Flucht aus Afrika nach Europa in der Nähe der Insel Lampedusa von der italienischen Marine gestoppt. Ein Schiff brachte sie dann am Freitag nach Albanien, damit italienische Beamte dort über ihre Asylanträge entscheiden können. In fünf Fällen wurden die Anträge bereits abgelehnt, sodass sie eigentlich zurückgeschickt werden sollten. Dies wurde jedoch von der Justiz gestoppt. Unabhängig davon erreichen jede Woche weiterhin Hunderte Flüchtlinge nach einer äußerst gefährlichen Fahrt über das Mittelmeer Italien.
Neue Lager in Albanien stehen nun die meiste Zeit leer
Das «Albanien-Modell» von Melonis Regierung mit Lagern für Migranten außerhalb der EU ist in Italien und auch darüber hinaus umstritten. Manche europäische Regierungen erwägen allerdings, sich daran ein Beispiel zu nehmen. Eigentlich soll in dem Nicht-EU-Land Albanien pro Jahr über bis zu 36.000 Asylanträge entschieden werden. Auch beim jüngsten EU-Gipfel vergangene Woche in Budapest hatte Meloni dafür geworben. Für die Vorsitzende der Rechtspartei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) ist die Entscheidung der Richter in Rom deshalb eine schwere Schlappe.
Die beiden neuen Lager sind erst seit dem letzten Monat in Betrieb. Bisher sind sie – abgesehen vom Personal – jedoch die meiste Zeit leer. Ein erster Versuch der Meloni-Regierung, dort über Asylverfahren im Schnellverfahren zu entscheiden, scheiterte bereits Mitte Oktober: Insgesamt 16 Männer aus Ägypten und Bangladesch durften letztendlich doch weiter nach Italien. Ein Gericht in Rom entschied, dass beide Länder keine sicheren Herkunftsstaaten sind.
Europäischer Gerichtshof definiert sichere Herkunftsländer
Die rechte Regierung in Rom hat daraufhin per Dekret eine neue Liste mit 19 vermeintlich sichereren Herkunftsländern erstellt – darunter erneut Ägypten und Bangladesch. Der Europäische Gerichtshof hatte jedoch Anfang Oktober entschieden, dass ein Land nur dann als sicheres Herkunftsland eingestuft werden kann, wenn dort keine Verfolgung droht. Dies ist auch die Grundlage für die Entscheidungen der italienischen Gerichte.
Daraus hat sich inzwischen ein heftiger Streit zwischen Regierung und Justiz entwickelt. Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini schmähte die Richter bereits nach der ersten Niederlage als «Kommunisten». Zur abermaligen Niederlage sagte der rechte Politiker nun: «Das ist ein weiteres politisches Urteil – nicht gegen die Regierung, sondern gegen die Italiener und ihre Sicherheit.» Die Regierung will den Fall nun vors oberste italienische Gericht bringen. Andere Gerichte haben aber auch schon den EuGH angerufen.
Rechnungshof prüft Kosten
Italien ist seit vielen Jahren eines der Länder, die von der Fluchtbewegung über das Mittelmeer besonders betroffen sind. Trotz eines deutlichen Rückgangs landeten auch dieses Jahr bislang wieder mehr als 50.000 Menschen nach teilweise lebensgefährlichen Überfahrten an der italienischen Küste. Immer wieder gibt es auch Tote.
Meloni war vor zwei Jahren mit dem Versprechen an die Regierung gekommen, die irreguläre Einwanderung massiv zu begrenzen. Die Opposition hält das «Albanien-Modell» jedoch für völlig überteuert und sieht inzwischen auch die Gewaltenteilung zwischen Regierung und Justiz in Gefahr. Zudem kritisieren die Linke und Menschenrechtsgruppen die hohen Kosten – nach ihren Angaben 20.000 Euro pro Flüchtling. Inzwischen prüft auch der Rechnungshof, ob die Kosten angemessen sind.