Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Neue Regeln sollen mehr Nierenspenden ermöglichen

In Deutschland müssen Tausende Patientinnen und Patienten lange auf dringend benötigte Spenderorgane warten – darunter auch auf Nieren. Können flexiblere Vorgaben helfen, den Mangel zu beheben?

Für Nierenspenden zu Lebzeiten gelten derzeit enge Grenzen.
Foto: Waltraud Grubitzsch/dpa

Für viele gesunde Menschen ist eine Organspende vor allem für die Zeit nach dem Tod relevant. Jedoch können bestimmte Organe wie Nieren bereits zu Lebzeiten entnommen werden und schwerkranken Menschen die dringend benötigte Rettung bringen. Ein bekannter Spender war der heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der im Jahr 2010 seiner Frau Elke Büdenbender eine Niere spendete.

Bisher gibt es strenge Vorgaben, die nicht immer zu passenden Organen führen. Ein Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums von Ressortchef Karl Lauterbach (SPD) sieht daher erweiterte gesetzliche Regeln für Nierenspenden vor.

Vor dem Hintergrund anhaltend niedriger Organspendezahlen bei Verstorbenen und langer Wartezeiten von bis zu acht Jahren auf eine Nierentransplantation sei eine Novellierung des Transplantationsgesetzes notwendig, heißt es in dem Entwurf, der der dpa vorliegt. Zunächst berichtete der «Stern» darüber. Zentrales Ziel ist es demnach, den Kreis der Spender und Empfänger zu erweitern. 

Zahl der Spendernieren reicht nicht aus

Das Problem besteht darin, dass die Anzahl der Spendernieren seit langem nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken, wie im Referentenentwurf erklärt wird. Im vergangenen Jahr haben sich mehr als 2600 Menschen auf der Warteliste gemeldet, und laut Angaben der Stiftung Eurotransplant sind 289 Patientinnen und Patienten während der Wartezeit gestorben. Ohne eine neue Spenderniere sind Patienten auf aufwendige Dialysebehandlungen angewiesen.

Die bestehenden Regeln: Für Nierenspenden zu Lebzeiten gelten derzeit enge Grenzen. Sie sind laut Gesetz nur zulässig an Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Verlobte oder andere Personen, die Spendern «in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen». Vorrang haben außerdem zuerst mögliche Spenderorgane von Verstorbenen.

Organspenden können aufgrund medizinischer Gründe schwierig sein und die Niere könnte abgestoßen werden. Eine Transplantation erfordert, dass bestimmte Faktoren übereinstimmen, darunter die Blutgruppe. Bis zu 40 Prozent der potenziellen Nierenspender sind jedoch inkompatibel mit den vorgesehenen Empfängern, heißt es im Entwurf. In solchen Fällen bleibt den Betroffenen nur die Möglichkeit, sich auf Wartelisten setzen zu lassen.

Mehr Lebendspenden sollen möglich werden

Neue Ausrichtung: Generell möglich werden sollen mit den Gesetzesplänen mehr Lebendspenden. Dafür soll zum einen die Vorgabe aufgehoben werden, dass sie nur zulässig sind, wenn kein Organ eines Gestorbenen verfügbar ist. Abweichend von den Vorgaben zum «Näheverhältnis» von Spender und Empfänger sollen Spenden lebender Personen auch in zwei zusätzlichen Konstellationen ermöglicht werden. 

Überkreuzspenden: Geregelt werden soll zum einen das Übertragen einer Niere, wenn es unter Organspendepaaren medizinisch nicht möglich ist. Dabei geht die Niere nicht an die vorgesehene nahestehende Person, sondern «über Kreuz» an eine passende Empfängerin oder einen passenden Empfänger, die mit einem geplanten nahestehenden Spender ebenfalls nicht kompatibel sind. Im Gegenzug geht die Spenderniere des anderen Paares an die Empfängerin oder den Empfänger des ersten Paares. Solche Kombinationen können auch mehr als zwei Paare umfassen.

Extrapunkte für Spender, wenn sie selbst eine Niere brauchen

Anonyme Spende: Kommen soll als zweite neue Möglichkeit eine uneigennützige Nierenspende, ohne dass die Person den Empfänger oder die Empfängerin kennt. Die Niere kann dann an ein nicht passendes Organspendepaar gehen oder an jemanden auf der Warteliste. Die Vermittlung richte sich nur nach medizinischen Kriterien, heißt es im Entwurf. Das solle einer möglichen Kommerzialisierung vorbeugen. Diese anonymen Spenden sollen einen geplanten nationalen «Pool» ergänzen, der miteinander kompatible Spender und Empfänger ermitteln soll.

Schutz und Aufklärung: Es soll eine umfassende Aufklärung und Beratung der Spenderinnen und Spender vor einer Spende geregelt werden, sowie eine individuelle Betreuung im Transplantationszentrum während des gesamten Prozesses. In den Zentren soll mindestens eine Vertrauensperson obligatorisch sein. Besonderer Schutz ist erforderlich, da es sich nicht um einen Heileingriff handelt, sondern für Spender Risiken und oft eine emotionale Belastung bedeutet. Spender sollten auch mit Extrapunkten auf der Warteliste berücksichtigt werden, wenn sie selbst einmal eine Niere benötigen.

dpa