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Atomendlager-Suche: Nur noch 25 Prozent der Fläche im Rennen

Aus der Atomkraft ist Deutschland vor zweieinhalb Jahren ausgestiegen, doch der Müll bleibt. Wohin damit? Die zuständigen Experten haben die Gebiete für ein mögliches Endlager weiter eingegrenzt.

Die Bundesgesellschaft für Endlagerung hat einen neuen Zwischenbericht vorgestellt.
Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Das Großprojekt Atomendlager-Suche macht Fortschritte: Laut der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) sind noch 25 Prozent der deutschen Landesfläche als möglicher Standort für ein Endlager geeignet – im Vorjahr waren es noch 44 Prozent. Die Experten schließen nach und nach immer mehr Regionen in einem mehrstufigen Prozess aus.

Welche Regionen kommen für ein Endlager in Frage?

In Norddeutschland sind derzeit noch große Teile für ein späteres Endlager im Rennen. Dies liegt unter anderem daran, dass dort große Flächen noch nicht bewertet wurden. Aber auch im Süden gibt es noch potenzielle Standorte.

Einige Gebiete werden von der BGE als besonders geeignet angesehen, da sie die bisherigen Prüfschritte bestanden haben. Dazu zählen beispielsweise Regionen in Baden-Württemberg in der Nähe von Freiburg und südlich von Karlsruhe sowie mehrere Regionen in der Nähe der tschechischen Grenze, sowohl in Bayern als auch in Sachsen.

Auch in Thüringen und Sachsen-Anhalt zwischen Halle und Erfurt gibt es solche potenziellen Standorte, ebenso wie in Niedersachsen im Raum Braunschweig und Hannover sowie nördlich von Osnabrück. In Hessen wird ein Gebiet in der Nähe von Mannheim in Betracht gezogen. Ein Teil Norddeutschlands ist auf der BGE-Karte grau, daher gibt es noch keine Klassifizierung für ihn.

Große Gebiete von Nordrhein-Westfalen und Hessen sowie das Saarland waren nie eine Option, da es dort an den erforderlichen Gesteinsschichten mangelt. Auch Rheinland-Pfalz ist mittlerweile aus dem Rennen.

Warum ist die Suche wichtig?

Deutschland hat seine letzten Atomreaktoren zwar im April 2023 abgeschaltet. Doch noch muss ein Lager für rund 27.000 Kubikmeter hochradioaktiven Atommüll gefunden werden, der in mehr als 60 Jahren Atomkraft angefallen ist. Der Standort soll Sicherheit für eine Million Jahre bieten. Derzeit lagert der Müll in sechzehn oberirdischen Zwischenlagern in verschiedenen Bundesländern. Seit 2017 läuft die aktuelle Endlager-Suche.

Worauf achtet die BGE?

Derzeit passiert alles noch auf Papier oder am Rechner und nicht vor Ort. «Wir schauen uns nur die geologischen Daten an, die wir haben», sagt die Vorsitzende der Geschäftsführung, Iris Graffunder. «Je gleichmäßiger und langweiliger der Untergrund ist, umso besser geeignet für ein Endlager.»

Grundsätzlich untersucht werden Gegenden, in denen es Steinsatz, Tongestein oder Granit gibt. Dickere Gesteinsschichten seien dabei besser als dünnere, sagt BGE-Sprecherin Dagmar Dehmer. Wichtig sei, mögliche Auswirkungen von Vulkanen für die nächste Million Jahre auszuschließen. Auch das Erdbebenrisiko spielt eine Rolle. «Überall da, wo das Gestein in Bewegung ist und sich gegeneinander verschieben kann, da wollen wir kein Endlager bauen.» Bereiche mit Rissen im Gestein würden ausgeschlossen, so Graffunder. 

Wie geht es weiter?

Die BGE plant, Mitte 2026 einen weiteren Zwischenstand vorzulegen, Ende 2027 Standortregionen für die oberirdische Erkundung zu empfehlen. Dieser Vorschlag wird vom Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) geprüft, das Wissenschaft und Öffentlichkeit einbezieht. Die endgültige Entscheidung über die geeigneten Regionen trifft der Bundestag. Das Zieljahr für die Entscheidung über ein Endlager ist derzeit für 2050 geplant.

Muss das alles so lange dauern?

Laut Bundesumweltminister Carsten Schneider sollte es schneller gehen. «Mir ist wichtig, dass wir nach diesem Schritt ab 2027 deutlich schneller vorankommen. Das sind wir nicht zuletzt den Menschen schuldig, die in den Regionen mit den Zwischenlagern leben», erklärte der SPD-Politiker. Man werde das Standortauswahl-Verfahren «optimieren». «Dabei gilt es, den Kern des Verfahrens zu bewahren – insbesondere das Ziel der bestmöglichen Sicherheit.» Einen entsprechenden Gesetzes-Vorschlag werde er Anfang kommenden Jahres machen.

Man versuche, vor Mitte des Jahrhunderts fertig zu werden, sagt die BGE-Vorsitzende Graffunder. «Das geht aber nur, wenn man auf Bergwerke verzichtet» – also von der Oberfläche aus arbeitet. Die Untersuchungen von der Oberfläche aus seien heute so gut, dass Bergwerke verzichtbar seien.

«Deutschland hat extrem gute geologische Formationen, um hochradioaktive Abfälle endzulagern», versichert Graffunder. «Die Schwierigkeit ist nicht, einen Standort zu finden, sondern wir haben die Qual der Wahl.»

dpa