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Union und SPD kurz vor Abschluss der Koalitionsverhandlungen

Nach 13 Stunden Beratung steht eine Einigung bis Mittwochmittag im Raum. Die US-Zollpolitik setzt die Verhandler unter zusätzlichen Druck.

Nach rund 13 Stunden gingen am späten Dienstagabend die Koalitionsverhandlungen zunächst ohne eine Einigung zu Ende.
Foto: Christophe Gateau/dpa

Knapp vier Wochen nach Beginn der Koalitionsverhandlungen nähern sich Union und SPD anscheinend dem Abschluss. Nach einer rund 13-stündigen Beratung beendeten die Spitzenpolitiker kurz vor Mitternacht ihre Gespräche ohne endgültige Einigung. Aus Verhandlungskreisen wurde jedoch darauf hingewiesen, dass das Ziel eine Einigung bis Mittwochmittag sei. Die Gespräche sollen um 9.30 Uhr in der CDU-Parteizentrale fortgesetzt werden. Aus Unionskreisen wurde zudem bekannt gegeben, dass CDU-Chef Friedrich Merz das Präsidium über den Stand der Verhandlungen informieren möchte.

Den gesamten Dienstag über haben Union und SPD um Kompromisse zur Einigung gerungen – in verschiedenen Gesprächsformaten und immer wieder unterbrochen von Einzelberatungen innerhalb der Parteien. Nicht zuletzt die internationale Lage und die Zollpolitik der US-Regierung von Präsident Donald Trump setzten die Verhandler unter zusätzlichen Einigungsdruck. Experten warnen aufgrund der US-Zölle vor neuen Rezessionsgefahren und Problemen für die exportorientierte deutsche Wirtschaft. Mit sinkenden Unternehmenssteuern, weniger Bürokratie und geringeren Energiepreisen will Merz dagegenhalten.

Sondierungen, Arbeitsgruppen, Hauptverhandler

Schon fünf Tage nach der Bundestagswahl begann die Union als Wahlsieger Sondierungsgespräche mit der SPD über die Bildung einer Koalition. Es gibt keine Alternative zur schwarz-roten Koalition, da Schwarz-Grün keine Mehrheit hätte und eine Zusammenarbeit mit der AfD von der Union eindeutig abgelehnt wird.

Bereits einige Tage nach Beginn der Gespräche, am 4. März, haben sich CDU, CSU und SPD auf ein Finanzpaket von historischer Bedeutung für Verteidigung und Infrastruktur geeinigt. Gemeinsam mit den Grünen hat der alte Bundestag mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit Änderungen im Grundgesetz beschlossen, um die dort festgelegte Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben zu lockern und ein Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz in Höhe von 500 Milliarden Euro zu schaffen.

«Wünsch Dir Was» in Arbeitsgruppen

Am 8. März endeten die Sondierungen mit einem elfseitigen Papier und der Empfehlung, Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Diese begannen formal am 13. März. Es wurden 16 Arbeitsgruppen eingesetzt, die innerhalb von anderthalb Wochen Details zu verschiedenen Themen ausarbeiten sollten. Die Arbeitsgruppenpapiere enthielten am Ende eine Reihe von Einigungen, aber auch Differenzen in zahlreichen Punkten, die dann die 19 Personen umfassende Hauptverhandlungsrunde ausräumen sollte. Merz bemängelte auch, in manchen Arbeitsgruppen habe die Überschrift wohl «Wünsch Dir was» gelautet. 

Während die Arbeitsgruppenpapiere öffentlich wurden, blieb aus den Verhandlungsrunden der Chefunterhändler fast nichts nach außen dringen. Politikerinnen und Politiker aus der 19er-Runde gaben zwar immer wieder Interviews, aber offenbarten dabei kaum etwas über den Inhalt. Die Verhandlungen fanden abwechselnd in der SPD- und CDU-Zentrale sowie in der bayerischen Landesvertretung in Berlin statt. Finanzfragen wie das Steuersystem und die Migrationspolitik wurden als größte Herausforderungen in den Verhandlungen angesehen.

Unmut an der CDU-Basis 

Während der Koalitionsverhandlungen in der CDU gab es immer wieder Verdruss. Als Reaktion auf den Kurswechsel des Parteichefs Merz bei der Schuldenbremse trat ein Drittel des CDU-Stadtverbandes in Kühlungsborn (Landkreis Rostock) aus der Partei aus. Die Junge Union drohte mit einem Nein zu einem Koalitionsvertrag, in dem der von Merz im Wahlkampf versprochene Politikwechsel nicht verankert ist. Auch in der Brandenburger CDU gibt es Unmut – wegen unzureichender Einbindung der Parteibasis in die Gespräche. Der Kreisverband Potsdam-Mittelmark forderte eine Mitgliederbefragung wie bei der SPD.

Die Unruhe wird durch die schlechten Umfragewerte für die Union genährt. Seit den 28,5 Prozent bei der Bundestagswahl haben CDU und CSU mehrere Prozentpunkte verloren. Die AfD nähert sich der Union immer weiter an, in einer Umfrage von Insa hat sie sogar zu ihr aufgeschlossen.

Wie geht es nun weiter? 

Die SPD plant, im Falle einer Einigung mit der Union auf einen Koalitionsvertrag, ihre Mitglieder innerhalb von zehn Tagen digital abstimmen zu lassen. Die CDU wird den Vertrag durch einen kleinen Parteitag entscheiden, während bei der CSU ein Vorstandsbeschluss ausreicht.

Merz hatte als potenzieller Bundeskanzler ursprünglich geplant, bis Ostern eine Regierung zu bilden. Dies ist mittlerweile nicht mehr möglich. Der 7. Mai wird nun als mögliches Datum für Merz‘ Wahl und Vereidigung zum Kanzler diskutiert.

dpa