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Verdächtiger der Nord-Stream-Anschläge nach Deutschland ausgeliefert

Der Ukrainer, mutmaßlicher Drahtzieher der Anschläge, wird nach Deutschland überstellt. Sein Anwalt versucht die Auslieferung zu verhindern, doch die Aussichten sind gering.

Einer der mutmaßlichen Drahtzieher kann von Italien an Deutschland ausgeliefert werden. (Archivbild)
Foto: Stefan Sauer/dpa

Drei Jahre nach den Anschlägen auf die Nord-Stream-Gaspipelines in der Ostsee kann einer der mutmaßlichen Drahtzieher nach Deutschland ausgeliefert werden. Die italienische Justiz gab grünes Licht für die Überstellung des 49 Jahre alten Ukrainers an die deutschen Behörden, wie dessen Anwalt der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Einen Termin dafür gibt es noch nicht. Die Entscheidung des Gerichts in der norditalienischen Stadt Bologna wird möglicherweise von Italiens oberstem Gericht noch einmal überprüft.

Der Ukrainer wurde Ende August an der Adriaküste festgenommen. Offenbar hatte er nicht erwartet, dass ein internationaler Haftbefehl vollstreckt würde. Laut Bundesanwaltschaft gehörte Serhij K. einer Gruppe an, die im September 2022 in der Nähe der Ostseeinsel Bornholm Sprengsätze an den Pipelines Nord Stream 1 und 2 platzierte. Ihm wird gemeinschaftliches Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und verfassungsfeindliche Sabotage vorgeworfen.

Verdächtiger soll Ex-Agent des ukrainischen Geheimdienstes sein

Nachdem er ausgeliefert wurde, soll der Ukrainer in Deutschland vor Gericht gestellt werden. Dennoch versucht sein Anwalt Nicola Canestrini noch, durch eine Klage vor dem italienischen Kassationsgerichtshof in Rom die Übergabe an die deutschen Behörden zu verhindern. Die Chancen dafür werden als gering angesehen.

Nach Informationen des Magazins «Der Spiegel» soll der Mann ein ehemaliger Agent des ukrainischen Geheimdienstes SBU sein. K. wurde in der Gemeinde San Clemente im Hinterland des beliebten Adria-Badeortes Rimini gefasst, wo er mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern die Ferien verbrachte. Die italienischen Behörden halten es für möglich, dass er auch an Anschlägen auf Schiffe der sogenannten russischen Schattenflotte im Mittelmeer beteiligt war.

Bei der Haftprüfung leugnete K. alle Anschuldigungen. Er gab an, zur Zeit der Anschläge auf die Pipelines in der Ukraine gewesen zu sein. Gleichzeitig wehrte er sich dagegen, nach Deutschland ausgeliefert zu werden. Auch Kiew bestreitet, in die Anschläge auf die Gaspipelines verwickelt zu sein. Die Ukraine wehrt sich bereits seit über dreieinhalb Jahren gegen einen Angriffskrieg aus Russland.

Anschlag machte weltweit Schlagzeilen

Der Vorfall im Herbst vor drei Jahren sorgte weltweit für Aufsehen. Die beiden Pipelines wurden durch mehrere Explosionen so stark beschädigt, dass kein Gas mehr hindurchfließen konnte. Es wurden Lecks an drei der insgesamt vier Leitungen festgestellt. Allerdings war zuvor bereits kein Gas mehr durch die Leitungen geflossen.

Nach dem Beginn des Krieges im Februar 2022 hatte Russland seine Lieferungen schrittweise reduziert und Anfang September vollständig eingestellt – angeblich aufgrund technischer Probleme. Beobachter vermuteten, dass dadurch der Druck auf den Westen und insbesondere Deutschland erhöht werden sollte, um die gegen Russland verhängten Sanktionen aufgrund des Krieges zurückzunehmen. Inzwischen wurden viele weitere Sanktionen verhängt.

dpa