Bürger fordern weniger Vorschriften, kürzere Bearbeitungszeiten und klare Zuständigkeiten. Politik soll Debatte über Staatsaufgaben anstoßen, um Vertrauensverlust zu vermeiden.
Vertrauen in den Staat sinkt auf Rekordtief,Staat überfordert: Bürger zweifeln an Lösungsfähigkeit für Asyl, Rente, Bildung und mehr. Regierungswchsel bringt wenig Hoffnung.

Drei von vier Bundesbürgern sind der Meinung, dass der Staat überfordert ist, seine Aufgaben und Probleme zu lösen. In den Vorjahren lag dieser Anteil zwischen 66 und 70 Prozent. Der neue Wert von 73 Prozent stellt einen Rekord dar, was das geringe Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates betrifft, wie der Beamtenbund dbb bei der Präsentation seiner Bürgerbefragung öffentlicher Dienst 2025 bekannt gab.
In den neuen Bundesländern glauben nur 17 Prozent, dass der Staat in der Lage ist, seine Aufgaben zu erfüllen. Im Westen sind es 24 Prozent. Personen mit einem Hauptschulabschluss vertrauen dem Staat zu 16 Prozent, was deutlich weniger ist als diejenigen mit Abitur oder Studium (29 Prozent). Anhänger der SPD und der Grünen haben zu mehr als 40 Prozent Vertrauen in den Staat, während Anhänger der Union und der AfD nur jeweils etwa 33 Prozent Vertrauen haben.
Doch mit welchen Herausforderungen ist der Staat derzeit überfordert? Die Befragten, die glauben, dass der Staat überfordert ist, sehen dies zu 30 Prozent in Bezug auf die Asyl- und Flüchtlingspolitik, zu 16 Prozent bei sozialer Sicherheit und Rente, zu 15 Prozent bei Schule/Bildung, 13 Prozent bei Steuern/Finanzen, 12 Prozent im Bereich innere Sicherheit und zu 11 Prozent bei der Gesundheitsversorgung. Die Befragten wurden nach den Bereichen ohne Antwortvorgaben befragt.
Vertrauen in Politik unterschiedlich ausgeprägt
Laut der Umfrage ist gut jeder fünfte Befragte der Meinung, dass die schwarz-rote Bundesregierung die Leistungsfähigkeit des Staates stärker fördern wird als die vorherige Regierung aus SPD, Grünen und FDP. 70 Prozent sind der Ansicht, dass sich nach dem Regierungswechsel wenig an der Leistungsfähigkeit des Staates ändern wird.
Auch wurde gefragt, was staatliche Behörden verbessern könnten. 85 Prozent finden weniger Vorschriften wichtig, 79 Prozent wünschen sich kürzere Bearbeitungszeiten, 66 Prozent mehr Online-Dienstleistungen und 58 Prozent eine klare Regelung der Zuständigkeiten einzelner Behörden.
Was helfen soll
dbb-Chef Volker Geyer forderte die Politik auf, eine Debatte anzustoßen: «Welche Aufgaben muss und kann der Staat zukünftig noch erfüllen?» Angesichts knapper Kassen und dem laut Geyer «immer drastischeren» Personalmangel führe an dieser Diskussion kein Weg vorbei. Union und SPD müssten zudem ihre Vorhaben professionell abarbeiten. «Wenn davon wieder nichts im Alltag der Menschen ankommt, folgt auf den ungebremsten Sinkflug des Vertrauens ein ganz harter Aufprall», sagte Geyer.
Hass und Gewalt
Geyer warnte auch vor Anfeindungen gegen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes. Ansehensverlust könne in extremen Fällen in Hass und Gewalt umschlagen. Laut der Erhebung haben bereits 30 Prozent der Bürgerinnen und Bürger – und somit etwas mehr als zuvor – beobachtet, wie Beschäftigte des öffentlichen Dienstes behindert, belästigt, beschimpft oder angegriffen wurden. Besonders betroffen sind dabei neben Einsatzkräften von Polizei und Rettungsdiensten laut dbb auch Fahrerinnen und Fahrer von Bussen und Straßenbahnen.