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Nur wenige Einbürgerungsanträge wegen Extremismus abgelehnt

Wie oft wird ein Einbürgerungsantrag abgelehnt, weil der Verfassungsschutz Bedenken hat? Eine bundesweite Übersicht gibt es nicht. Pro Jahr sind es aber mindestens einige Dutzend Fälle.

Wie oft ein Einbürgerungsantrag wegen Hinweisen auf extremistische Bestrebungen abgelehnt wird, wird in den meisten Bundesländern statistisch erfasst.
Foto: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa

Vor jeder Einbürgerung eines Ausländers in Deutschland wird eine Anfrage beim Verfassungsschutz gestellt. Allerdings wird in den meisten Bundesländern nicht statistisch erfasst, wie oft ein Einbürgerungsantrag aufgrund von Hinweisen auf extremistische Bestrebungen abgelehnt wird, wie aus einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei den Landesinnenministerien hervorgeht. In den übrigen Ländern sind es nur wenige Fälle.

Situation in den Ländern

Laut Angaben des Innenressorts gibt es in Bremen pro Jahr etwa fünf Fälle, in denen eine Einbürgerung aufgrund von Erkenntnissen des Inlandsgeheimdienstes abgelehnt wird. Bislang wurden in diesem Jahr aus diesem Grund zwei Anträge abgelehnt.

Die Einbürgerungsbehörden in Thüringen lehnen nach Auskunft des Innenministeriums in Erfurt im Schnitt maximal drei Einbürgerungswillige pro Jahr ab, die dem Verfassungsschutz aufgefallen waren. Gemessen an der Gesamtzahl der Einbürgerungen – 2023 waren es im Freistaat 1605 -, «bewegen sich die Fallzahlen in Thüringen somit im Promille-Bereich», sagte ein Sprecher.

In den letzten fünf Jahren wurden in Hamburg insgesamt 15 Einbürgerungen aufgrund von Bedenken des Landesamtes für Verfassungsschutz nicht durchgeführt, wie das Innenressort kürzlich auf Anfrage der CDU mitteilte. Es gab auch Fälle, in denen ein Ausländer, zu dem der Verfassungsschutz Informationen vorliegen hat, seinen Antrag auf Anraten der Einbürgerungsbehörde zurückgezogen hat.

Einige Dutzend Fälle pro Jahr im Norden

In Schleswig-Holstein wird zumindest statistisch erfasst, wie oft sicherheitsrelevante Erkenntnisse in Einbürgerungsverfahren vorhanden sind. Laut Verfassungsschutzbericht wurden 2020 bei 27 Einbürgerungswilligen Bezüge zu extremistischen Bestrebungen festgestellt, 2021 waren es laut Angaben 71 Fälle.

Für die Folgejahre wurde in der Statistik nicht mehr nach Anfragen im Zusammenhang mit dem Aufenthaltsrecht oder der Einbürgerung unterschieden. Allerdings war die Zahl der Fälle, in denen «verfahrensrelevante Erkenntnisse» mitgeteilt wurden, insgesamt niedriger als 2021. Sie lag 2022 bei 44 Fällen und 2023 bei 37.

Mehrstufiges Verfahren im Südwesten

In den meisten Bundesländern fragt die Einbürgerungsbehörde in jedem Fall beim Verfassungsschutz an, normalerweise auf dem Postweg. Nur in einigen Ländern, darunter Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, gibt es eine Schnittstelle für den Datenaustausch für diese Anfrage.

Seit Anfang dieses Jahres funktioniert das automatisierte Verfahren in Berlin. Laut Senatsinnenverwaltung wurden im vergangenen Jahr 229 Einbürgerungsanträge in der Hauptstadt abgelehnt. Die Behörde konnte jedoch keine Auskunft zu den Ablehnungsgründen geben.

Die Innenpolitiker der Union hatten bereits in einer Anfrage an die frühere rot-grüne Bundesregierung beklagt, dass die Länder nicht verpflichtet sind, entsprechende Daten zu erheben. Einer der Abgeordneten, Thomas Strobl (CDU), ist heute Innenminister von Baden-Württemberg.

Dabei wird das Innenministerium dort nach eigener Auskunft immer dann beteiligt, «wenn die Sicherheitsbehörden bei einem Einbürgerungsfall mitteilen, dass es bei einer einzubürgernden Person Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche oder extremistische Betätigung gibt».

Das Ministerium führt dann ein sogenanntes Einbürgerungsgespräch mit Mitarbeitern der Einbürgerungsbehörden, wie ein Sprecher in Stuttgart mitteilte. Das Wortprotokoll, das nach dem Gespräch erstellt wird und vom Antragsteller unterzeichnet werden muss, wird zusammen mit einem Bericht der Einbürgerungsbehörde und einer Einschätzung des Regierungspräsidiums an das Innenministerium weitergeleitet.

Die Einbürgerung erfolge in diesen Fällen nur, wenn das Ministerium nach eingehender Prüfung zum Ergebnis komme, «dass die einzubürgernde Person sich im Gespräch ausreichend entlasten konnte oder sich ausdrücklich von verfassungsfeindlichen oder extremistischen Bestrebungen distanziert hat oder die Einbürgerung mangels ausreichender Nachweise nicht gerichtsfest abgelehnt werden kann».

Voraussetzungen der Einbürgerung

Der Antragsteller muss sich grundsätzlich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen und darf keine Bestrebungen gegen sie oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes verfolgen, um in Deutschland eingebürgert zu werden.

dpa