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Österreich: Bundespräsident trifft FPÖ-Chef Kickl

Die FPÖ scheint drei Monate nach der Parlamentswahl kurz vor dem Einzug ins Kanzleramt zu stehen. Von einem Gespräch des Staatsoberhaupts mit FPÖ-Chef Kickl werden weitere Weichen erwartet.

Österreichs Staatsoberhaupt stellt weitere Weichen im Ringen um eine neue Regierung. (Archivbild)
Foto: Tobias Steinmaurer/APA/dpa

In Österreich wird das Treffen zwischen Bundespräsident Alexander Van der Bellen und FPÖ-Chef Herbert Kickl am heutigen späten Vormittag mit Spannung erwartet. Es wird erwartet, dass das Staatsoberhaupt den Rechtspopulisten mit der Bildung einer Regierung beauftragen wird. Zuvor waren Verhandlungen für die vom Staatsoberhaupt präferierte Bildung einer Dreier-Koalition von konservativer ÖVP, sozialdemokratischer SPÖ und liberalen Neos nach sechs Wochen aufgrund großer inhaltlicher Diskrepanzen gescheitert.

Kickl selbst gab sich im Vorfeld des Treffens eher vage. «Manches scheint heute um einiges klarer zu sein als in den letzten Tagen, manches liegt noch im Ungewissen», schrieb Kickl auf Facebook. Zugleich hielt er mit Blick auf die jüngsten dramatischen Entwicklungen fest: «Uns trifft keine Verantwortung für verlorene Zeit, für chaotische Zustände und den enormen Vertrauensschaden, der entstanden ist.»

Die FPÖ hatte vor drei Monaten die Parlamentswahl klar gewonnen, wurde jedoch von den anderen Parteien bei Koalitionsgesprächen zunächst ignoriert, da sie nicht mit den Rechtspopulisten zusammenarbeiten wollten. Die konservative ÖVP, die bisher gegen die FPÖ war, erklärte nun, für Bündnisgespräche mit der rechten Partei bereit zu sein.

Übereinstimmungen und Differenzen von ÖVP und FPÖ

Bei einem Zustandekommen der Gespräche und einer Einigung wäre der Weg frei für den ersten Kanzler Österreichs aus den Reihen der FPÖ. Der 56-jährige Kickl, der sich im Wahlkampf als «Volkskanzler» positioniert hatte, ist unter anderem bekannt für seine russlandfreundliche Haltung und eine äußerst strikte Migrationspolitik mit Abschiebungen im großen Stil. 

Für etwaige Koalitionsgespräche von FPÖ und ÖVP zeichne sich eine große Übereinstimmung in der Wirtschafts-, Asyl- und Bildungspolitik ab, sagte die Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle am Abend in der ORF-Nachrichtensendung «ZiB2». Erhebliche Diskrepanzen seien dagegen bei der EU-, Außen- und Sicherheitspolitik zu verorten, sagte Hämmerle. 

Völlig offen seien auch gemeinsame Konzepte zur Bewältigung der tiefen Budgetkrise, sagte der Präsident des Fiskalrats Christoph Badelt im ORF. Es sei fraglich, ob ein neuer Kanzler von der FPÖ mit unpopulären Sparmaßnahmen oder Steuererhöhungen starten wolle, so Badelt weiter. «Wir wissen alle nicht, wozu die FPÖ, wenn es wirklich ums Budgetkonsolidieren geht, eigentlich bereit wäre.» Österreich muss dringend sein Budget sanieren, um ein EU-Defizitverfahren zu vermeiden. 

Auf Nehammer folgt als Parteichef Stocker

Nach dem Scheitern der Verhandlungen von ÖVP, SPÖ und Neos hatte Kanzler Karl Nehammer seinen Rücktritt angekündigt. Im Amt des Parteichefs folgte ihm interimistisch der bisherige ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker. Dieser gehörte wie Nehammer bisher zu den schärfsten Kritikern Kickls, dem er unter anderem Regierungsunfähigkeit unterstellte. Er hatte den FPÖ-Chef auch als «Sicherheitsrisiko» bezeichnet. 

Inzwischen wurde auch über ein Comeback von Ex-Kanzler Sebastian Kurz als Option für die ÖVP spekuliert. Am Sonntag wurde jedoch deutlich, dass der 38-Jährige, der mittlerweile als erfolgreicher Unternehmer tätig ist, nicht als Nachfolger des aktuellen Kanzlers und ÖVP-Chefs Nehammer zur Verfügung steht, wie es aus seinem Umfeld hieß.

Bundespräsident verweist auf Stimmungswandel

Die Zunahme der Unterstützung für die FPÖ wird auch als Rückschlag für den Bundespräsidenten angesehen, der eine Dreier-Koalition ohne die Rechtspopulisten bevorzugt hatte. Jetzt ist es jedoch wichtig, dass Österreich eine handlungsfähige und stabile Regierung bekommt, so das Staatsoberhaupt.

Nehammer wird laut Van der Bellen noch eine kurze Zeit als Kanzler im Amt bleiben. In dieser Woche wird die Kanzler-Nachfolge geregelt. Bis zur Vereidigung der nächsten Regierung wird der neue Regierungschef oder die neue Regierungschefin das Land führen.

Das Staatsoberhaupt hatte in seinen Erklärungen immer wieder betont, das er «nach bestem Wissen und Gewissen» darauf achten werde, dass die Grundpfeiler der Demokratie – er nannte den Rechtsstaat, die Gewaltenteilung, freie, unabhängige Medien und die EU-Mitgliedschaft – weiter hochgehalten würden.

dpa