Verhandlungen über eine Dreierkoalition waren in Österreich zunächst gescheitert. Fast fünf Monate nach der Wahl soll aber nun doch eine Regierung ohne den Wahlsieger FPÖ zustande kommen.
Neuer Anlauf: ÖVP, SPÖ und Neos wollen Regierung bilden

In Österreich bahnt sich fast fünf Monate nach der Wahl nun doch eine Regierung ohne den Wahlsieger, die rechte FPÖ unter Parteichef Herbert Kickl, an. Die konservative ÖVP, die Sozialdemokraten (SPÖ) und die liberalen Neos haben sich auf Koalitionsverhandlungen geeinigt, wie Bundespräsident Alexander Van der Bellen bekannt gab. Er äußerte sich optimistisch: „Ich sehe jetzt nicht nur Kompromissbereitschaft, sondern auch einen Fokus auf das gemeinsame Ziel“, teilte er mit.
«Wir sind in der Zielgeraden, wir sind noch nicht ganz am Ziel», sagte Neos-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger. Sie betonte, dass es um eine proeuropäische Regierung gehe.
ÖVP, SPÖ und Neos belegten bei den Nationalratswahlen am 29. September die Plätze zwei, drei und vier in der Wählergunst. Zusammen erhielten sie rechnerisch gut 56 Prozent der Stimmen. Der Wahlsieger war jedoch die FPÖ mit allein 28,8 Prozent.
Wahlsieger attackiert «Verlierer-Ampel»
Im Jahr 2024 hatten die drei Parteien bereits eine gemeinsame Regierung sondiert. Nach langen Gesprächen im Januar waren die Liberalen jedoch aus den Verhandlungen ausgestiegen. SPÖ und ÖVP setzten daraufhin die Gespräche fort, konnten sich jedoch nicht einigen.
Kickl versuchte danach vergeblich, eine Einigung mit der zweitplatzierten ÖVP zu finden. Die FPÖ sprach nun von einer «Verlierer-Ampel», die «hinter den Kulissen an diesem größten Wählerbetrug der jüngeren Politikgeschichte» gearbeitet habe. Kickls Partei hatte sich für eine Neuwahl ausgesprochen – Umfragen zufolge hätte sie dabei gute Chancen, noch mehr Stimmen auf sich zu vereinen.
ÖVP und SPÖ hoffen auf sichere Mehrheit mit Neos
Die ÖVP und die SPÖ haben gemeinsam eine knappe Mehrheit von einer Stimme im Parlament. Dennoch wollten sie sich auf eine sichere Mehrheit verlassen können und haben deshalb diese Woche die Neos wieder ins Boot geholt.
Die Liberalen berichteten von vertrauensvollen Kontakten. «Neos sind daher mit ÖVP und SPÖ übereingekommen, Gespräche für die Bildung einer Koalition und die Erarbeitung eines Programms zu beginnen», schrieben sie auf ihrer Webseite. Knackpunkt ist noch, dass die Neos-Mitglieder einen Koalitionspakt zustimmen müssen. Die Mitgliederversammlung soll Ende kommender Woche stattfinden.
«Vor uns liegen große Herausforderungen», schrieb ÖVP-Chef Christian Stocker auf der Plattform X mit dem Hashtag Koalitionsverhandlungen.
«Österreich wieder auf Kurs bringen», schrieb die SPÖ von Parteichef Andreas Babler auf X.