Die Parteien planen Maßnahmen zur Stärkung des Standorts, Konsolidierung des Budgets und Bekämpfung irregulärer Migration. Neos-Mitglieder müssen Bündnis noch zustimmen.
Österreichs neue Dreier-Koalition will Land aus Krise führen

Die neue Dreier-Koalition in Österreich plant, mit einem gemeinsamen Kraftakt das Land aus der Krise zu führen. Das etwa 200-seitige Arbeitsprogramm von ÖVP, SPÖ und Neos sieht Maßnahmen vor, um den Standort zu stärken, das Budget zu konsolidieren, das Wohnen erschwinglicher zu machen und die irreguläre Migration zu bekämpfen.
Es sei gelungen, das Wohl des Landes über die Parteiinteressen zu stellen, sagte der ÖVP-Chef und künftige Kanzler Christian Stocker. «Hinter uns liegen die vielleicht schwierigsten Regierungsverhandlungen in der Geschichte unseres Landes.»
Es gibt aber noch eine Hürde: Die Mitglieder der Neos müssen dem Bündnis mit Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen. Das soll am Sonntag passieren. Sie sei «sehr zuversichtlich», dass es grünes Licht geben werde, sagte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger.
Der Wahlsieger vom Herbst 2024, die rechte FPÖ, landet mit dem neuen Bündnis auf der Oppositionsbank. Der Versuch der Rechtspopulisten, mit der ÖVP eine Koalition zu bilden, scheiterte vor einigen Wochen unter anderem an außenpolitischen Differenzen.
Programm ist auch ein Signal an FPÖ-Wähler
Mit den geplanten Maßnahmen in der Asyl- und Integrationspolitik senden die drei Mitte-Parteien aber starke Signale an die Unterstützer der FPÖ. Unter anderem sollen Mädchen bis 14 Jahre kein Kopftuch mehr tragen dürfen. Für Geflüchtete wird ein verpflichtendes Integrationsprogramm eingeführt, das sofort nach der Ankunft einsetzt. «Wer dauerhaft bei uns leben will, muss auch unsere Werte verinnerlichen», sagte Stocker.Zusätzlich soll der Zuzug von Verwandten von Asylberechtigten mit sofortiger Wirkung als vorübergehende Maßnahme gestoppt werden. Abgelehnte Asylbewerber sollen künftig in eigenen Rückkehrverfahrenszentren untergebracht werden. Vor dem Hintergrund der jüngsten islamistischen Terroranschläge wollen sich die Mitte-Parteien für eine stärkere Regulierung von radikalen Inhalten auf Online-Plattformen wie Tiktok einsetzen.
Programm sieht Eingriffe bei Mietpreisen vor
SPÖ-Chef Andreas Babler sagte, er sei froh und stolz über den Regierungspakt, «nicht nur, weil dieser Zusammenhalt der konstruktiven Kräfte Herbert Kickl als Kanzler und die rechtsextreme FPÖ in den wichtigsten Institutionen unseres Landes verhindert». Er sei froh über die Kompromisse zur Bekämpfung der Rezession, des Budgetdefizits und der Teuerungskrise, sagte der künftige Vize-Kanzler. So sollen Banken, Energieanbieter und Immobilien-Branche mit Abgaben zur Budgetsanierung beitragen.
Die Mietpreise für einen Teil des Wohnungsmarktes sollen außerdem ein Jahr lang eingefroren werden und grundsätzlich mittelfristig nur noch moderat steigen. In Österreich sind Mietpreiserhöhungen an die Inflation gekoppelt, was zuletzt zu enormen Steigerungen geführt hatte.
Bündnis bleibt auf EU-Kurs
Das Bündnis bekennt sich klar zur EU und zur Unterstützung der Ukraine. «Österreichs Handeln wird auch weiterhin von der Zusammenarbeit und der Solidarität innerhalb der Europäischen Union geprägt sein», heißt es in dem Regierungsprogramm. Das Bekenntnis ist ein Kontrapunkt zu den EU-skeptischen Ansichten der rechten FPÖ, die kurz davor stand, mit Herbert Kickl den Kanzler zu stellen.
Auch die neue Koalition vertritt bei der Ukraine-Hilfe – im Gegensatz zur FPÖ – den EU-Kurs. Gemäß dem Regierungsprogramm wird das Land einen speziellen Ukraine-Koordinator einsetzen. Das Dreier-Bündnis betonte gleichzeitig, dass die Neutralität der Alpenrepublik unverändert bleibt. Österreich ist kein Mitglied der Nato und seine Unterstützung für die Ukraine ist auf humanitäre Hilfe beschränkt.
Weiterer Fahrplan
In den nächsten Tagen wird erwartet, dass die Liste der Minister und Ministerinnen präsentiert wird. Am Freitag werden die Parteigremien von ÖVP und SPÖ abschließend über das Bündnis beraten. Dies wird als Formalität angesehen.
Bei der SPÖ gab es jedoch kürzlich parteiinterne Auseinandersetzungen über die Besetzung des Finanzministeriums, das ihr zugesprochen wurde. Einer der genannten Namen ist der Wiener Finanzstadtrat Peter Hanke. Der 60-Jährige wird als kompetent und pragmatisch angesehen – und gleichzeitig als innerparteilicher Gegner des Parteichefs Babler. Am Sonntag wird dann die Abstimmung der Neos mit Spannung erwartet.