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Cem Özdemir als Spitzenkandidat in Baden-Württemberg für Landtagswahl 2026

Der erfahrene Politiker strebt nach Amt des Ministerpräsidenten und steht vor großen Herausforderungen gegenüber seinem CDU-Herausforderer Manuel Hagel.

Cem Özdemir will den ersten und einzigen grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg beerben. (Archivbild)
Foto: Marijan Murat/dpa

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir will als Spitzenkandidat der Grünen in Baden-Württemberg bei der Landtagswahl im Frühjahr 2026 antreten. «Ich möchte Ihnen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, als Ministerpräsident von Baden-Württemberg dienen und alles für dieses Land geben» schreibt Özdemir in einem Brief an die Bürgerinnen und Bürger. Einer Sprecherin zufolge will Özdemir sein Amt als Bundeslandwirtschaftsminister weiter ausüben. 

Der 58-Jährige wurde seit langem als aussichtsreichster Kandidat für die Spitzenkandidatur gehandelt. Amtsinhaber Winfried Kretschmann (Grüne) tritt bei der Wahl nicht mehr an. Nur Özdemir sei ähnlich bekannt wie Kretschmann, war aus der Partei in den vergangenen Monaten übereinstimmend zu hören gewesen. Zudem könne der Bundesagrarminister auf eine lange politische Erfahrung zurückgreifen und wird wie Kretschmann zum pragmatischen «Realo»-Flügel seiner Partei gezählt. 

Der wahrscheinlich aussichtsreichste Herausforderer von Özdemir wird der neue CDU-Landesvorsitzende und Fraktionsvorsitzende Manuel Hagel. Der 36-Jährige ist der neue starke Mann der CDU im Ländle und löste Ende 2023 Landesinnenminister Thomas Strobl als Chef der Südwest-CDU ab.

Wahl dürfte große Herausforderung für Grüne werden

Die Aussichten für Özdemirs Kandidatur könnten jedoch besser sein: Die Landtagswahl im Frühjahr 2026, für die ein genauer Wahltermin noch nicht feststeht, wird für die Grünen eine große Herausforderung darstellen. In Meinungsumfragen lag die CDU im Südwesten zuletzt mit einem Vorsprung von mehr als zehn Prozentpunkten deutlich vor den Grünen – auch bei der Europawahl musste die Ökopartei teils starke Verluste in allen Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs hinnehmen.

Die Grünen erzielten bei der Landtagswahl im März 2021 einen Anteil von 32,6 Prozent, während die CDU auf 24,1 Prozent, die SPD auf 11 Prozent, die FDP auf 10,5 Prozent und die AfD auf 9,7 Prozent kamen.

Und auch die Menschen im Südwesten glauben eher, dass der nächste Ministerpräsident Manuel Hagel heißen könnte. Einer Erhebung des Forschungsinstituts Kantar zufolge halten es 46 Prozent der Befragten für wahrscheinlich, dass der CDU-Spitzenmann die nächste Landtagswahl gewinnt. Özdemir trauen das nur 23 Prozent der Befragten zu, wie aus dem «Baden Württemberg Report» für Oktober im Auftrag von Privat.Radio hervorgeht.

Sohn türkischer Gastarbeiter aus Bad Urach

Die Grünen verweisen gerne auf das Jahr 2015, wenn sie die aktuelle Umfragesituation betrachten. Zu dieser Zeit lag die CDU in den Umfragen mit mehr als 15 Prozent vor den Grünen. Dennoch gewannen letztere bei der Landtagswahl im Jahr 2016 und Kretschmann wurde bundesweit der erste Ministerpräsident der Grünen.

Özdemir stammt aus Bad Urach am Fuße der schwäbischen Alb und ist ein Sohn türkischer Gastarbeiter. Nach der Mittleren Reife und einer Ausbildung zum Erzieher studierte Özdemir Sozialpädagogik. Seit 1981 ist er Mitglied der Grünen, von 2008 bis 2018 war er Bundesvorsitzender der Partei. 1994 wurde er in den Bundestag gewählt – als erster Abgeordneter mit türkischen Wurzeln.

Nach Problemen mit dienstlich gesammelten, aber privat genutzten Bonusmeilen und einem Privatkredit folgte ab 2002 eine politische Auszeit in den USA und Brüssel. Von 2004 bis 2008 war Özdemir Mitglied des EU-Parlaments. Seit 2013 ist er wieder im Bundestag vertreten, und 2021 gewann er im Wahlkreis Stuttgart I mit 40 Prozent der Erststimmen das Direktmandat. Im Dezember 2021 wurde er als Bundeslandwirtschaftsminister im Ampel-Kabinett von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ernannt.

Özdemir hat sich zwar früh von der Entscheidung der Bundesregierung distanziert, die steuerlichen Vergünstigungen beim Agrardiesel abschaffen zu wollen, aber bei den Landwirten ist der Grüne nicht durchgängig gut angesehen. Trotzdem bekam er den Zorn der Bauern voll ab.

dpa