SPD-Politiker Olaf Lies wird neuer Ministerpräsident von Niedersachsen und will die rot-grüne Koalition fortsetzen.
Olaf Lies neuer Ministerpräsident von Niedersachsen
Der SPD-Politiker Olaf Lies wurde zum neuen Ministerpräsidenten von Niedersachsen gewählt. Der Landtag in Hannover stimmte mehrheitlich für den 58-Jährigen, der die rot-grüne Koalition seines Vorgängers Stephan Weil fortsetzen möchte.
Im ersten Wahlgang erhielt Lies bei der geheimen Wahl 80 Ja-Stimmen, wobei die erforderliche Mehrheit bei 74 Stimmen lag. SPD und Grüne stellen zusammen 81 der 146 Abgeordneten im Landtag. Ein Grünen-Abgeordneter war bei der Abstimmung entschuldigt abwesend.
Mit Luftküssen und Minischweinen
Der Friesländer Lies, der zu Hause unter anderem Minischweine und Esel hält, ist in Hannover bekannt als Umarmer und geschickter Redner. Bei seiner Nominierung durch die SPD verteilte er Luftküsse an die Genossen. Mit solchen Gesten unterscheidet sich Lies von dem zwar beliebten, aber eher reserviert auftretenden Juristen Weil. Er ist eher ein Menschenfänger als ein Bürokrat.
Die beiden sind politisch eng miteinander verbunden: Zwölf Jahre lang war Lies Mitglied der Landesregierungen, die von Weil geleitet wurden. Von 2013 bis 2017 war er Wirtschaftsminister, von 2017 bis 2022 Umweltminister und seitdem erneut Wirtschaftsminister. Vor kurzem leitete er die SPD-Arbeitsgruppe für Klima und Energie bei den Koalitionsverhandlungen im Bund.
Am nächsten Wochenende soll Lies auch den SPD-Landesvorsitz von Weil übernehmen. Als Ministerpräsident wird er zudem, vorbehaltlich einer Kabinettsentscheidung, in den Aufsichtsrat von Volkswagen zurückkehren. Das Land Niedersachsen besitzt 20 Prozent der Stimmrechte im VW-Konzern.
CDU wirft SPD taktisches Manöver vor
Lies hat es im zweiten Anlauf geschafft, in die Staatskanzlei einzuziehen. Bereits von 2010 bis 2012 war er SPD-Landeschef. Schon damals strebte er das Amt des Ministerpräsidenten an. Bei einer Mitgliederbefragung zur Spitzenkandidatur bei der Wahl 2013 unterlag er jedoch knapp Stephan Weil, der ihm nun den Weg geebnet hat.
Er erklärte seinen Rückzug Anfang April hauptsächlich aus persönlichen Gründen: „Mit 66 Jahren macht sich das Alter bemerkbar“, sagte er, außerdem leide er unter Schlafstörungen. Die CDU wirft der SPD hingegen vor, ein bloßes parteitaktisches Manöver zu sein, um Lies vor der nächsten Landtagswahl 2027 einen Amtsbonus zu ermöglichen.
Weil gab inzwischen zu, dass seine persönlichen Überlegungen gut mit politischen Erwägungen übereinstimmen, nachdem er bereits 2022 angekündigt hatte, bei der nächsten Wahl nicht erneut anzutreten.
Ein Ministerium schafft Lies ab
Nach zwölf Jahren ist Weils Rückzug eine Zäsur für die Landespolitik in Niedersachsen – ein harter Kurswechsel von Lies ist jedoch kaum zu erwarten. Der neue Regierungschef hat sich von Anfang an darauf festgelegt, die rot-grüne Koalition über die nächste Landtagswahl hinaus fortzusetzen.
Einige Änderungen im Kabinett gibt es dennoch: Der neue Wirtschaftsminister wird Grant Hendrik Tonne, zuvor SPD-Fraktionschef und von 2017 bis 2022 bereits Kultusminister. Außerdem schafft Lies das Europaministerium in seiner bisherigen Form ab und holt es mit einer neuen Chefin in die Staatskanzlei.
Niedersachsen in der SPD stark vertreten
Auch für die SPD ist das Ende der Ära Weil ein Einschnitt, denn Niedersachsen stellt einen ihrer stärksten Landesverbände. Mit Parteichef Lars Klingbeil, Verteidigungsminister Boris Pistorius und Fraktionschef Matthias Miersch kommen gleich drei führende Sozialdemokraten aus dem Bundesland.