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Skandal im Vatikan: Papst kritisiert Gänswein scharf

Franziskus wirft dem langjährigen Vertrauten seines Vorgängers Benedikt XVI. "Mangel an Menschlichkeit" vor und kritisiert sein Verhalten in einem neuen Buch.

Ein umstrittener Mann in der katholischen Kirche: Erzbischof Georg Gänswein.
Foto: Andrew Medichini/AP/dpa

Papst Franziskus hat dem langjährigen Vertrauten seines verstorbenen Vorgängers Benedikt XVI., dem deutschen Erzbischof Georg Gänswein, einen «Mangel an Menschlichkeit» vorgeworfen. In einem neuen Buch mit Interviews, das an diesem Mittwoch auf Spanisch erscheint, hielt der 87-Jährige Benedikts ehemaligem Privatsekretär vor, den deutschen Papst «benutzt» zu haben.

Er verwies darauf, dass Gänswein kurz nach dem Tod von Benedikt an Silvester 2022 ein Buch veröffentlicht hatte. Im Jahr zuvor hatte Franziskus den Erzbischof nach langen Jahren in Rom zurück nach Deutschland versetzt, ohne ihm eine neue Aufgabe zu geben.

In dem Interviewbuch «El Sucesor» («Der Nachfolger») des spanischen Vatikan-Korrespondenten Javier Martínez-Brocal warf der Papst Gänswein auch vor, Unwahrheiten verbreitet zu haben. «Das ist sehr traurig», sagte das Oberhaupt von weltweit 1,4 Milliarden Katholiken. «Aber es hat mich verletzt, dass Benedikt benutzt wurde. Das Buch wurde am Tag der Beerdigung veröffentlicht, was ich als einen Mangel an Noblesse und Menschlichkeit empfand.» Das Verhältnis zwischen dem argentinischen Papst und Gänswein (67) gilt bereits seit vielen Jahren als belastet.

«Es wäre besser gewesen zu schweigen»

Gänswein hatte sich nach Benedikts Rücktritt 2013 fast zehn Jahre lang als engster Vertrauter um den emeritierten Pontifex gekümmert. Gleich nach dessen Tod veröffentlichte er ein Buch unter dem Titel «Nichts als die Wahrheit», das es in Deutschland kurzzeitig auf Platz eins der Sachbuch-Bestsellerliste schaffte.

Auch aus anderen Quellen gab es jedoch bereits viel Kritik. So äußerte beispielsweise der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper: «Es wäre besser gewesen zu schweigen.» Nach dem Abschied aus Rom lebt der gebürtige Schwarzwälder Gänswein nun wieder in seinem Heimatbistum Freiburg.

Im Interviewbuch berichtet Franziskus – bürgerlicher Name Jorge Mario Bergoglio – auch über das Konklave 2005, bei dem der damalige Kurienkardinal Joseph Ratzinger als erster Deutscher seit vielen Jahrhunderten zum Papst gewählt wurde. Einige andere Kardinäle hatten damals den Plan, Ratzingers Wahl zu blockieren, indem sie Bergoglio gegen ihn positionierten und dann einen anderen Kandidaten durchsetzen wollten. Der damalige Erzbischof von Buenos Aires erhielt damals auch 40 von 115 Stimmen im Konklave. Allerdings erklärte er dann seinen Verzicht, um den Weg für Ratzinger freizumachen. Nach Benedikts Rücktritt 2013 wurde Bergoglio dann zum Nachfolger gewählt.

dpa