Pete Hegseth teilte brisante Informationen über eine kommerziell betriebene App. Er sagt: «Ich weiß genau, was ich tue.» Manche sind sich da nicht so sicher. Doch sein Chef Trump nimmt ihn in Schutz.
Pentagon-Chef wegen Geheimchat-Affäre unter Druck
In der Affäre um einen brisanten Geheimchat der US-Regierung steht Verteidigungsminister Pete Hegseth unter wachsendem Druck. Nach der Veröffentlichung des gesamten Chatverlaufs bezüglich eines US-Militärschlags gegen die Huthi-Miliz im Jemen wehrt sich der Pentagon-Chef entschieden gegen den Vorwurf, über einen unsicheren Kanal geheime Militärpläne preisgegeben und damit auch US-Soldaten in Gefahr gebracht zu haben.
Hegseth behauptete, dass er keine sensiblen Informationen weitergegeben habe. US-Präsident Donald Trump verteidigte seinen Minister und sagte einfach, dass er nichts mit der Angelegenheit zu tun habe.
Der Hintergrund: Der Chefredakteur des US-Magazins «Atlantic», Jeffrey Goldberg, war – wohl aus Versehen – von Trumps Nationalem Sicherheitsberater, Mike Waltz, Mitte März in einen Gruppenchat ranghoher Regierungsmitglieder eingeladen worden. Dort wurde ein bevorstehender US-Militärschlag gegen die Huthi-Miliz im Jemen erörtert. Der Journalist konnte die sensiblen Informationen in der kommerziell betriebenen App Signal live mitlesen und machte die Sicherheitspanne später mit einem Artikel publik.
Heikle Details zu Zeitplan und Waffensystemen der Angriffe
Nachdem die Trump-Regierung alle Anschuldigungen in dem Fall abgelehnt und Goldbergs Integrität in Frage gestellt hatte, veröffentlichte das Magazin schließlich den gesamten Chatverlauf – einschließlich Screenshots. Darin enthalten ist auch eine Passage, in der Hegseth sensible militärische Informationen teilte.
Laut dem Text gab der Pentagon-Chef kurz vor dem Militärschlag gegen die Huthi-Miliz detaillierte Informationen zum Zeitplan, zur Abfolge der Bombardierungen sowie zu den eingesetzten Waffensystemen wie dem Kampfjet F-18 preis. Ein Journalist konnte alles mitlesen, was große Empörung auslöste und Sorgen um die nationale Sicherheit der USA schürte. Normalerweise werden solche sensiblen Informationen nur in besonders geschützten Regierungssystemen geteilt, nicht über allgemein zugängliche Apps wie Signal, die anfälliger für mögliche Hacker- und Spionageangriffe sind.
«Er hat nichts damit zu tun»
Hegseth tat die neuen Enthüllungen jedoch als belanglos ab und argumentierte, er habe keinerlei «Kriegspläne» verbreitet. Er habe in der Gruppe «keine Orte, keine Routen, keine Flugwege, keine Quellen, keine Methoden, keine geheimen Informationen» gepostet. Er habe lediglich das Regierungsteam in Echtzeit informiert und auf dem Laufenden gehalten. Das sei sein Job.
Trump kam ihm zu Hilfe. Auf die Frage eines Reporters, ob Hegseth einen Rücktritt erwägen sollte, entgegnete der US-Präsident: «Hegseth macht großartige Arbeit. Er hat nichts damit zu tun. Das ist alles eine Hexenjagd.» Trump wies den Vorwurf zurück, die Affäre herunterzuspielen und gab zurück: «Die Medien bauschen es auf.» Die Aktionen gegen die Huthi-Miliz seien «unglaublich erfolgreich» – darüber sollten die Medien berichten, mahnte er.
Demokraten, Experten und Ex-Soldaten sind empört
Der Präsident versuchte auch, den Fehltritt seines Sicherheitsberaters Waltz, versehentlich einen Journalisten in den Gruppenchat zu holen, als technische Panne bei der App Signal darzustellen. «Es könnte ein Problem mit der Plattform geben», sagte Trump. «Wenn es ein Problem mit einer Plattform gibt, sollte niemand sie benutzen.» Vielleicht sei Signal einfach «nicht sehr gut».
Demokraten und Sicherheitsexperten beklagen jedoch einen Verstoß gegen ein Tabu: Die Offenlegung so konkreter Informationen über einen Messenger-Dienst, der nicht den Sicherheitsstandards für den Austausch vertraulicher Daten entspricht, habe das Leben beteiligter Soldaten gefährdet, argumentieren sie. Auch ehemalige Soldaten äußerten in sozialen Medien Wut und Unverständnis.
Kollegen gehen auf Distanz
Es ist unklar, ob die dramatische Sicherheitspanne am Ende politische Konsequenzen haben wird. Allerdings ist zu erkennen, dass einige Mitglieder der Regierung bestrebt sind, sich vom Verteidigungsminister zu distanzieren.
Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard und CIA-Chef John Ratcliffe mussten sich bei einer Anhörung im Kongress erneut unbequemen Fragen der demokratischen Opposition stellen. Dabei wurde diskutiert, unter welchen Bedingungen Informationen als vertraulich gelten – und ob Hegseths Nachrichten möglicherweise diese Schwelle überschritten haben.
Gabbard betonte, dass sie nicht an dem nun veröffentlichten Teil der Kommunikation beteiligt war und wies darauf hin, dass sie nicht im Detail mit den Geheimhaltungsrichtlinien des Verteidigungsministeriums vertraut sei. Ratcliffe hatte bereits am Vortag betont, dass er selbst keine vertraulichen Informationen geteilt habe. Er ließ jedoch offen, ob dies auch auf andere Mitglieder der Chatgruppe zutrifft.
Außenminister Marco Rubio bezeichnete die versehentliche Aufnahme eines Journalisten in die Chatgruppe als «großen Fehler». Hierfür trägt Trumps Sicherheitsberater Waltz die Verantwortung – und nicht Hegseth. Auf die Frage, ob im Chatverlauf tatsächlich geheime Informationen preisgegeben worden seien, verwies aber auch Rubio auf das Pentagon.
Zweifel an Hegseth‘ Eignung
Hegseth, der als Verteidigungsminister für die schlagkräftigste Streitmacht der Welt, ein Budget von rund 800 Milliarden Dollar sowie zentrale Rüstungsprojekte und sicherheitspolitische Entscheidungen verantwortlich ist, zählte von Beginn an zu den umstrittensten Personalien in Trumps Kabinett. Bekannt wurde er in den USA als Moderator beim Trump-nahen Sender Fox News. Politische Erfahrung brachte er nahezu keine mit.
Nachdem er für den Posten nominiert wurde, kamen Berichte über angebliche rassistische und sexistische Äußerungen, Alkoholmissbrauch sowie sexuelle Übergriffe auf – Vorwürfe, die er leugnet. Im US-Senat gab es auch von republikanischer Seite Vorbehalte gegen ihn und seine Bestätigung wurde nur knapp in der Parlamentskammer genehmigt.
Hegseth bemühte sich nun, neue Zweifel an seiner Eignung für das gewichtige Amt zu zerstreuen. Auf Nachfragen zu der Affäre reagierte er während eines Trips fast patzig und sagte: «Ich weiß genau, was ich tue.»