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Olaf Scholz in Zentralasien: Neue Partnerschaften und wirtschaftliche Interessen

Bundeskanzler Scholz reist in die ehemaligen Sowjetrepubliken Zentralasiens, um Beziehungen zu stärken und Rohstoffvorkommen zu sichern.

Bundeskanzler Olaf Scholz will die Beziehungen zu den Ländern der Region ausweiten. (Archivbild)
Foto: Michael Kappeler/dpa

Öl- und Gaslieferungen, Kontrolle der Migration und Sanktionen gegen Russland: Das sind nur einige Themen, die bei der ersten Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz in die ehemaligen Sowjetrepubliken Zentralasiens im Mittelpunkt stehen. Der SPD-Politiker startet am frühen Morgen mit seinem Regierungsflugzeug zunächst nach Usbekistan, um dort mehrere Abkommen zu unterzeichnen, darunter eines zur Migration mit dem an Afghanistan grenzenden Land.

Am Montag reist er dann für zwei Tage nach Kasachstan, dem größten und wirtschaftsstärksten Land Zentralasiens. Dort ist ein Gipfeltreffen mit allen fünf Staaten der zwischen Russland und China gelegenen Region geplant, zu denen auch noch Kirgistan, Turkmenistan und Tadschikistan zählen. Scholz möchte die Beziehungen zu diesen Ländern vertiefen und hat vor einem Jahr in Berlin bereits eine strategische Partnerschaft mit den Schwerpunkten Wirtschaft, Energie, Klima und Umwelt vereinbart. Diese soll nun konkretisiert werden.

So groß wie die EU – aber nur 80 Millionen Einwohner

Die fünf zentralasiatischen Staaten haben insgesamt knapp 80 Millionen Einwohner, was etwas weniger als Deutschland entspricht. Ihre Fläche ist jedoch elfmal so groß wie die von Deutschland und entspricht ungefähr dem Gebiet der gesamten Europäischen Union mit ihren 27 Mitgliedstaaten. Lange Zeit stand die Region aus deutscher Sicht im Schatten der beiden Großmächte China und Russland, auf die sich das Interesse der deutschen Wirtschaft konzentrierte.

Der russische Angriff auf die Ukraine hat dies verändert. Russland fällt als langjähriger Hauptenergielieferant Deutschlands aus. Und die wirtschaftliche Abhängigkeit von China soll vor allem aufgrund der negativen Erfahrungen mit Russland nun auch reduziert werden. Die Bundesregierung plant daher, bestehende Partnerschaften mit weniger wirtschaftsstarken Ländern in Afrika, Lateinamerika und Asien zu vertiefen und neue Partner zu finden.

Rohstoffreichtum und Menschenrechtsverletzungen

In den zentralasiatischen Staaten sind die Rohstoffvorkommen für Deutschland besonders interessant. So beliefert Kasachstan als wirtschaftsstärkstes Land der Region bereits die Raffinerie in Schwedt, Brandenburg, mit Öl und gleicht den Rückgang der russischen Lieferungen aus. Die Bundesregierung zeigt zudem Interesse an den Gasvorkommen in der Region. Kasachstan besitzt auch Uran, Eisenerz, Zink, Kupfer und Gold und wird als potenzieller Partner für die Produktion von Wasserstoff angesehen, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird.

Die autoritär geführten Staaten der Region stehen allerdings wegen Menschenrechtsverstößen international in der Kritik. Das gasreiche Turkmenistan etwa gilt als eine abgeschottete Diktatur ähnlich wie Nordkorea. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch forderte Scholz vor der Reise auf, Missstände offen anzusprechen. «Die Bundesregierung kann nicht so tun, als seien engere Beziehungen zu Zentralasien ohne eine deutliche Verbesserung der Menschenrechtslage in der Region möglich», sagte Regionaldirektor Hugh Williamson. 

Scholz will Umgehung von Sanktionen «angemessen ansprechen»

Die Intensivierung der Beziehungen mit dem Westen stellt für die zentralasiatischen Staaten eine Herausforderung dar. Einerseits bestehen enge wirtschaftliche Verbindungen zu Russland. Andererseits betonen sie ihre Unterstützung für das Sanktionsregime der westlichen Staaten gegen Russland. Die Ernsthaftigkeit dieser Aussage, insbesondere seitens Kasachstans, ist jedoch fraglich.

Exporte von dort nach Russland sind seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine teils deutlich angestiegen. Das nährt den Verdacht, dass Unternehmen westlicher Staaten gezielt versuchen, Wirtschaftssanktionen gegen Russland auf dem Umweg über diese Länder zu umgehen. Kasachstan hat eine 7.000 Kilometer lange Grenze zu Russland – die längste Landgrenze der Welt. Aus dem Umfeld des Kanzlers heißt es, Scholz sei darauf vorbereitet, die Umgehung von Sanktionen bei seiner Reise «angemessen anzusprechen».

Moschee-Besuch in Samarkand zum Auftakt

Die erste Station ist auch ein kulturelles Highlight: Der Kanzler wird am Nachmittag in der mehr als 2.500 Jahre alten usbekischen Oasenstadt Samarkand an der Seidenstraße eintreffen, die auch «Perle des Orients» genannt wird. Seine ersten Programmpunkte sind ein Gang über den Registan, einen der prächtigsten Plätze Asiens, und ein Besuch der Tilla-Kori-Moschee aus dem 17. Jahrhundert. 

Mit dem usbekischen Präsidenten Schawkat Mirsijojew will Scholz mehrere Abkommen schließen, darunter das Migrationsabkommen, dass die Einwanderung von usbekischen Fachkräften nach Deutschland und die Rückführung von ausreisepflichtigen Usbeken in ihr Heimatland erleichtern soll. Usbekistan gilt auch als eins der Länder, das bei der Abschiebung von Straftätern nach Afghanistan helfen könnte. Es sei aber noch unklar, «ob und mit welchem Zeithorizont sich das praktisch materialisiert», heißt es aus Regierungskreisen.

Auch Putin war kürzlich in Usbekistan

Seit Jahren öffnet sich das Land mit seinen gut 36 Millionen Einwohnern stärker dem Westen. Unter Präsident Mirsijojew wurden zahlreiche liberale Reformen umgesetzt, Teile der Staatswirtschaft privatisiert und Investoren angezogen. Ein Wirtschaftswachstum von über fünf Prozent wird allein in diesem Jahr erwartet – auch dank enger Handelsbeziehungen zu China und Russland. Der russische Präsident Wladimir Putin besuchte Usbekistan erst im Mai und kündigte Investitionen an, bei denen Scholz kaum mithalten kann: Er versprach Hilfe beim Ausbau einer Gas-Pipeline sowie beim Bau mehrerer Wasser- und Atomkraftwerke.

dpa