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Deutschlands Verteidigungsminister auf Mission im Irak

Pistorius sucht nach klaren Signalen für Stabilisierung und plant Gespräche in der Türkei und in Bagdad.

Entscheidend seien nach dem Umsturz in Damakus klare Signale sowohl nach Syrien als auch in die Region, meint Pistorius.
Foto: Kay Nietfeld/dpa

Verteidigungsminister Boris Pistorius plant im Irak über Optionen für ein verstärktes Engagement Deutschlands im Nahen Osten zu diskutieren. Nach dem Umsturz in Damaskus seien klare Signale sowohl nach Syrien als auch in die Region entscheidend, betonte der SPD-Politiker nach seiner Ankunft auf dem jordanischen Luftwaffenstützpunkt Al-Asrak. Europa und Deutschland tragen eine Verantwortung zur Stabilisierung bei.

«Und deswegen ist es wichtig, dass wir mit Geduld, aber auch mit Entschlossenheit an der Seite derer stehen, die Syrien auf einen besseren Weg führen wollen», sagte Pistorius. Er kündigte an, im Januar zu Gesprächen in die Türkei zu fahren.

Der Politiker der SPD plante, sich bei Treffen mit deutschen Soldaten über die Situation in der Region zu informieren und in Regierungsgesprächen in Bagdad Möglichkeiten für weitere deutsche Beiträge zur Stabilisierung auszuloten. Jordanien und der Irak grenzen an Syrien, wo am Wochenende Machthaber Baschar al-Assad durch eine von Islamisten angeführte Rebellenallianz gestürzt wurde. Dies eröffnet Chancen, bringt aber auch auf absehbare Zeit viel Unsicherheit mit sich.

Al-Asrak ist Drehkreuz für deutsche Beteiligung

Die Bundeswehr beteiligt sich im Irak sowie von Jordanien aus mit rund 300 Männern und Frauen an den internationalen Einsätzen zur Stabilisierung. Deutschland stellt damit Soldaten für das von den USA angeführte Militärbündnis der «Operation Inherent Resolve» (OIR) zum Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sowie für die Nato-Mission Irak (NMI). Darunter sind militärische Berater, die in irakischen Institutionen, Schulen und Ausbildungseinrichtungen unterwegs sind. 

Die Militärbasis Al-Asrak ist das Zentrum des deutschen Engagements, erwies sich jedoch auch bereits in anderen Situationen als nützlich, wie z.B. bei der Evakuierung der Bundeswehr aus dem Sudan im Jahr 2023. Auf der Basis verfügt die Deutsche Luftwaffe auch über die Fähigkeit zur Luftbetankung von Flugzeugen.

Über den internationalen Einsätzen im Irak steht ein Fragezeichen

«Der sogenannte Islamische Staat (IS) stellt trotz des Verfolgungsdrucks durch die irakische Armee auch weiterhin eine landesweite Bedrohung aufgrund der anhaltenden terroristischen Aktionen gegen irakische Sicherheitskräfte, lokale Verwaltungsstrukturen und kritische Infrastruktur dar», hieß es in der vergangenen Woche in einem Lagebericht für den Verteidigungsausschuss. 

Die internationale Truppenpräsenz ist im Irak umstritten 

Im April 2003 hatten die USA eine «Koalition der Willigen» zu einem Angriff auf den Irak angeführt – ohne Beteiligung Deutschlands. US-Außenminister Colin Powell hatte behauptet, Diktator Saddam Hussein besitze Massenvernichtungswaffen. SPD-Kanzler Gerhard Schröder und der grüne Außenminister Joschka Fischer («Excuse me, I am not convinced») hatten sich dagegen gestemmt.

Die US-Invasion führte dazu, dass Diktator Hussein gestürzt wurde, aber auch zu Jahren von Terroranschlägen und Entführungen führte. Aus dem Chaos und der Radikalisierung heraus begann der Islamische Staat (IS) einen Vormarsch, bei dem er große Teile des Landes gewaltsam eroberte und das Herrschaftsgebiet schließlich durch internationales Eingreifen wieder verlor.

Iraks Ministerpräsident Mohammed al-Sudani scheint nun ein neues Kapitel aufschlagen zu wollen. Es gebe «keine Rechtfertigung» mehr für die große US-Präsenz im Land, betonte er mehrmals. 

Die USA äußerten kürzlich den Wunsch, ihre Militärpräsenz im Irak allmählich neu auszurichten – weg von der internationalen Militärkoalition im Land hin zu einer bilateralen Sicherheitspartnerschaft.

Al-Sudani wird auch mit anderen Partnern bilaterale Abkommen vereinbaren. Ende November reiste er für zwei Tage nach Spanien und unterzeichnete mehrere Absichtserklärungen über Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz, Sicherheit, Wirtschafts- und Handelsfragen sowie Korruptionsbekämpfung.

Phase der Ungewissheit im Nahen Osten

Pistorius hat in Bagdad Gespräche mit dem irakischen Verteidigungsminister Thabet al-Abbasi sowie mit dem Kommandeur der Nato-Mission Irak, dem niederländischen Generalleutnant Lucas Schreurs, geplant.

Vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs, nach den Kämpfen zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz und wenige Tage nach dem Umsturz in Syrien gibt es eine neue Phase der Unsicherheit im Nahen Osten. Nach dem Umsturz in Syrien hat der Irak seine Grenzsicherung verstärkt und den Grenzübergang Al-Kaim geschlossen.

Der Nahe Osten steuert auf einen Kurs der Stabilisierung oder folgen weitere gewaltsame Auseinandersetzungen? Wie verhalten sich Israel und der geschwächt erscheinende Iran? Die neue Situation ist geeignet, das regionale Kräftegleichgewicht deutlich zu verändern. Pistorius reist in eine Region, in der es zunächst mehr offene Fragen als Antworten gibt.

dpa