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Lambrecht Ersatz steht fest: Boris Pistorius wird Verteidigungsminister

Etliche Namen wurden in den letzten Tagen für die Nachfolge von Verteidigungsministerin Lambrecht genannt. Am Ende wird es keiner von ihnen. Die Entscheidung von Kanzler Scholz ist eine Überraschung.

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Boris Pistorius soll auf Christine Lambrecht folgen und künftig das Verteidigungsministerium leiten.
Foto: Moritz Frankenberg/dpa/Archiv

Nach dem Rücktritt von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht wird der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (beide SPD) ihr Nachfolger. Er werde am Donnerstag von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine Ernennungsurkunde erhalten und im Bundestag seinen Amtseid leisten, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit.

Finanzminister Christian Lindner gratulierte Pistorius bereits zu seinem neuen Amt. In einem Tweet sprach der FDP-Chef von seinem «neuen Kabinettskollegen Boris Pistorius». «Vor allem mit der Umsetzung des Sondervermögens liegt eine große Aufgabe vor uns», schrieb er. Er freue sich auf eine gute Zusammenarbeit von Finanz- und Verteidigungsministerium.

Aus der Union kommt derweil Kritik an der Entscheidung. «Der Bundeskanzler zeigt damit, dass er seine eigene Zeitenwende nicht ernst nimmt», sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Johann Wadephul (CDU), der Deutschen Presse-Agentur. «Erneut spielen Sachkompetenz und Erfahrung mit der Bundeswehr keine Rolle», kritisierte Wadephul. Bei der Personalie handle es sich um eine «Besetzung aus der B-Mannschaft». Damit sei Kanzler Olaf Scholz (SPD) «eine echte Überraschung gelungen. Nur leider keine gute.»

Offizielle Ankündigung steht noch aus

Lambrecht hatte am Montag nach gut einem Jahr im Amt ihren Rücktritt erklärt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wollte die Nachfolge an diesem Dienstag offiziell verkünden. Bei einem Termin am Morgen in Mainz äußerte sich der Kanzler noch nicht. In den vergangenen Tagen waren mehrere andere Namen als mögliche Nachfolger genannt worden, darunter Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt, SPD-Chef Lars Klingbeil und die Wehrbeauftragte Eva Högl.

Pistorius ist nun eine Überraschung. Der niedersächsische Innenminister gilt als erfahrener Polit-Manager. Im Kreis der Innenminister von Bund und Ländern hat sich Pistorius in den vergangenen Jahren einen Ruf als kenntnisreicher Fachpolitiker erworben. Auch wenn er stets in Niedersachsen blieb, war er auch an der innenpolitischen Positionierung der Bundes-SPD in Wahlkämpfen und an Koalitionsverhandlungen beteiligt.

Streitfreudiger Pragmatiker

Bei den Innenministerkonferenzen machte es dem als pragmatisch geltenden Pistorius immer sichtlich Freude, sich mit Konservativen wie dem früheren Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf offener Bühne zu streiten, schlagfertig, mit spitzen Bemerkungen, aber nie respektlos. Zur Idealbesetzung für den Posten des Verteidigungsministers macht Pistorius vielleicht auch sein Alter. Mit 62-Jahren kann ein Politiker schließlich ganz entspannt das Chefbüro im Bendlerblock beziehen, das gemeinhin als Schleudersitz und damit auch als potenzieller Karrierekiller gilt.

Pistorius wurden immer wieder Ambitionen für ein politisches Amt auf Bundesebene nachgesagt. Es gab beispielsweise Gerüchte, er könnte Bundesinnenminister werden, sofern Nancy Faeser bei der Landtagswahl in Hessen als Spitzenkandidatin für die SPD antritt.

Pistorius absolvierte eine Lehre zum Groß- und Außenhandelskaufmann. Von 1980 bis 1981 absolvierte er seinen Wehrdienst, anschließend studierte er Rechtswissenschaften in Osnabrück und Münster. Pistorius ist bereits seit 2013 Innenminister in Niedersachsen, vor wenigen Monaten begann seine dritte Amtszeit. Zuvor war er von 2006 bis 2013 Oberbürgermeister in Osnabrück. Pistorius ist verwitwet und hat zwei Töchter.

Mit der Entscheidung für Pistorius hebelt Scholz seinen eigenen Anspruch aus, seine Ministerriege paritätisch zu besetzen. Bisher waren es acht Männer und acht Frauen, nun werden es neun Männer und sieben Frauen sein – der Kanzler selbst nicht mitgezählt.

dpa