Europäer mahnen an, bei möglichen Verhandlungen beteiligt zu werden und nicht am Katzentisch zu sitzen. Situation bei Münchner Sicherheitskonferenz und kritische Stimmen aus Frankreich.
Europäische Nato-Partner beunruhigt nach Trumps Vorstoß zu Ukraine-Verhandlungen
Deutschland und andere europäische Nato-Partner sind zutiefst beunruhigt nach dem nicht abgesprochenen Vorstoß von US-Präsident Donald Trump zu möglichen Ukraine-Verhandlungen mit Russland. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kritisierte an den Plänen, dass die USA noch vor Verhandlungen mit Kremlchef Wladimir Putin über ein Ende des russischen Angriffskriegs öffentlich Zugeständnisse gemacht hätten. «Aus meiner Sicht wäre es besser gewesen, über eine mögliche Nato-Mitgliedschaft der Ukraine oder über mögliche Gebietsverluste des Landes erst am Verhandlungstisch zu sprechen – und es nicht vorher vom Tisch zu nehmen», sagte er.
Pistorius mahnte an, dass auch die Europäer an solchen Verhandlungen beteiligt sein müssten. Schließlich seien sie dann ja ein wesentlicher Teil einer neuen Ordnung und dürften «nicht am Katzentisch sitzen», sagte er.
Trump will mit Putin in Saudi-Arabien über Ukraine reden
Am Mittwoch hatte US-Präsident Donald Trump sowohl mit Putin als auch mit dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj telefoniert. Es war der erste bestätigte Kontakt Putins mit Trump in dessen zweiter Amtszeit. Ein persönliches Treffen in Saudi-Arabien soll bald folgen.
Die US-Regierung hat erstmals dargelegt, wie sie sich einen Deal für ein Kriegsende vorstellt. Die Ukraine soll ihr Streben nach einem Nato-Beitritt aufgeben und auf Teile ihres seit 2014 verlorenen Staatsgebiets verzichten. Zudem wurde den USA klar gemacht, dass ihr Militär nicht Teil einer möglichen Friedenstruppe sein wird.
Aus Frankreich kamen warnende Worte. Wenn es keinen «Frieden durch Stärke» gebe, könne dies in eine dramatische Situation und langfristig sogar zur Ausweitung des Konflikts führen, sagte Verteidigungsminister Sébastien Lecornu. Zudem könne ein «Frieden durch Schwäche» eine katastrophale Botschaft an Nordkorea, den Iran oder auch China darstellen. Diesen Ländern werden auch militärische Aggressionen gegen andere Staaten zugetraut.
Mit Spannung wird nun die Münchner Sicherheitskonferenz erwartet. Ihr Leiter Christoph Heusgen hatte erklärt, er hoffe bei dem Treffen auf «Konturen» eines Friedensplans für die Ukraine. Am Freitag treffen dort Trumps Vizepräsident J.D. Vance und US-Außenminister Marco Rubio mit Selenskyj zusammen. Dabei wird es wohl auch um den umstrittenen Vorstoß der Trump-Regierung gehen.
In Brüssel wehrte sich US-Verteidigungsminister Pete Hegseth gegen die Kritik an den amerikanischen Plänen. «Das ist kein Verrat», sagte er. Hegseth betonte, kein Land habe die Ukraine mehr unterstützt als die USA. Doch auf der ganzen Welt und auch in den USA gebe es Interesse an einem Ende des Konflikts, um das Töten zu beenden, wie Trump es gesagt habe. Dafür müssten beide Seiten Dinge anerkennen, die sie nicht wollten.
Hegseth sagte weiterhin, dass Trump durch seine Telefonate mit Putin und dem ukrainischen Präsidenten gezeigt habe, dass er der Einzige sei, der beide Seiten für einen Frieden zusammenbringen könne.
Nato-Generalsekretär Mark Rutte reagierte zurückhaltend auf die angekündigten Verhandlungen mit dem Kremlchef. «Wir werden sehen, wie sich das jetzt entwickelt», sagte er. Entscheidend sei, dass die Ukraine eng in alles eingebunden werde, was über die Ukraine entschieden werde.
Man müsse sicherstellen, dass die Ukraine in der bestmöglichen Position sei, betonte Rutte. Und wenn ein Friedensabkommen geschlossen werde, müsse sichergestellt werden, dass dieses Abkommen Bestand habe. Putin müsse verstehen, «dass dies das Ende ist. Dass er niemals wieder versuchen kann, ein Stück der Ukraine zu erobern», sagte der frühere niederländische Regierungschef. «Das muss Teil dieser Verhandlungen sein, und es besteht kein Zweifel daran, dass dies auch Präsident Trump und seinem Team bewusst ist.» Man werde sich nun eng zwischen den Verbündeten abstimmen.
Streit um Nato-Ziel für Verteidigungsausgaben
Bei dem Treffen der Verteidigungsminister in Brüssel wurde auch über mögliche neue Zielvorgaben für die Militärausgaben der Mitgliedstaaten diskutiert. US-Verteidigungsminister Hegseth betonte erneut, dass die europäischen Alliierten nach Ansicht der Vereinigten Staaten zukünftig fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigungszwecke bereitstellen sollten. Bisher lehnen Länder wie Deutschland dies jedoch entschieden ab.
Nach Einschätzung von des französischen Verteidigungsministers Lecornu stellt sich angesichts des Kurses der US-Regierung sogar «ein bisschen» die Frage nach der Zukunft der Nato. «Man sagt, sie sei das wichtigste und robusteste Militärbündnis der Geschichte. Das ist historisch gesehen wahr», sagte er. Die eigentliche Frage sei jedoch: «Wird das in 10 oder 15 Jahren immer noch der Fall sein?»