Untersuchungsverfahren eingeleitet, Eskalationen an Flughäfen, Vorschlag zur Deeskalation bei Sicherheitskontrollen
Polizeibeauftragter des Bundes erhält zahlreiche Beschwerden über Diskriminierung und Racial Profiling

Innerhalb von einem Jahr haben 279 Bürgerinnen und Bürger dem Polizeibeauftragten des Bundes, Uli Grötsch, Eingaben, Hinweise und Anregungen übermittelt. Laut seinem Jahresbericht lag der Schwerpunkt der Eingaben auf dem Vorwurf von Diskriminierung beziehungsweise Racial Profiling an Grenzübergängen, Flughäfen und Bahnhöfen, oft in Verbindung mit Rassismusvorwürfen. Racial Profiling bezieht sich auf verdachtsunabhängige Kontrollen aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes. In 19 Fällen wurde daraufhin ein Untersuchungsverfahren eingeleitet.
Demnach gab es auch einzelne Beschwerden über das Verhalten von Mitarbeitern privater Sicherheitsunternehmen, die an Flughäfen im Auftrag der Bundespolizei das Gepäck und die Reisenden überprüfen. Laut Grötsch eskalierte in einem Fall ein Streit zwischen einer Transperson und den Mitarbeitern des Dienstleisters, sodass die Bundespolizei gerufen werden musste. Statt darüber zu streiten, ob diese Person bei der Sicherheitskontrolle von einem Mann oder einer Frau abgetastet wird, hätte die Situation aus Grötschs Sicht entschärft werden können, indem man fragt, von wem sie abgetastet werden möchte.
Der Polizeibeauftragte verwies darauf, dass es an Bahnhöfen inzwischen oft gemeinsame Streifen der Bundespolizei mit den Mitarbeitern der DB Sicherheit gebe, «weil oftmals das Gewaltaufkommen an Bahnhöfen, sich so negativ entwickelt hat».
Einige Dutzend Eingaben von Polizeibeschäftigen
Grötsch, zuständig für die Belange der Bundespolizei, des Bundeskriminalamts (BKA) und der Polizei beim Deutschen Bundestag, erhielt zwischen dem 1. Juli 2024 und dem 30. Juni 2025 auch 78 Eingaben von Beschäftigten der Polizeibehörden des Bundes.
Unter anderem wurden das Verhalten von Vorgesetzten, Vorwürfe sexueller Belästigung sowie Fragen zu Beurteilungen und Beförderungen diskutiert. Grötsch hat sein Amt im März des vergangenen Jahres angetreten. Es handelt sich um seinen ersten Jahresbericht.
Wetterschutz und Sanitäreinrichtungen
Laut Bericht wurden in letzter Zeit Fortschritte bei der Infrastruktur an den Grenzkontrollstellen erzielt. Dennoch mangelt es an einigen Orten immer noch an Schutz vor Regen und Sonne, und die sanitären Einrichtungen sind teilweise nur über große Entfernungen erreichbar.
In verschiedenen Bahnhöfen sei der bauliche Zustand der von der Bundespolizei genutzten Räumlichkeiten nicht gut. «Den Tiefpunkt bildet hierbei im Berichtszeitraum der Zustand des Bundespolizeireviers in Fulda in Hessen», heißt es in dem Bericht. Als «erbärmlich» bezeichnet Grötsch den baulichen Zustand der Übungsstätte des BKA im brandenburgischen Fürstenwalde. Auf erhebliche bauliche Mängel hätten ihn Beschäftigte bei einem Besuch am BKA-Standort Meckenheim in Nordrhein-Westfalen hingewiesen.
Klarheit für die Polizisten bei Zurückweisungen
Die Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Landgrenzen auch nach der Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts fortzusetzen, hält der Polizeibeauftragte des Bundes, Uli Grötsch, für falsch. «Das geht für mich nicht zusammen», sagt Grötsch. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) stehe in der Verantwortung, «eine europarechtlich einwandfreie Regelung» zu finden, am besten in Absprache mit Nachbarländern wie Polen.
Das Verwaltungsgericht Berlin hatte Anfang Juni in einer Eilentscheidung festgestellt, dass die Zurückweisung dreier Somalier bei einer Grenzkontrolle am Bahnhof Frankfurt (Oder) rechtswidrig war. Ohne Klärung, welcher EU-Staat für einen Asylantrag der Betroffenen zuständig ist, dürfen sie nicht abgewiesen werden, so die Entscheidung.
Dobrindt hatte nach der Entscheidung von einem «Einzelfallurteil» gesprochen. Sein Ministerium erklärte, die Zurückweisungen von Asylsuchenden an den Landgrenzen würden fortgesetzt.
Grötsch wies darauf hin, dass es aufgrund der intensivierten Grenzkontrollen bei der Bundespolizei eine hohe Anzahl von Überstunden gibt. Er bestreitet nicht, dass die Kontrollen zur Verringerung der irregulären Migration nach Deutschland beitragen.
Im Januar 2024 wurde mit den Stimmen der Ampel-Koalition und der Linken im Bundestag die gesetzliche Grundlage für das Amt des Polizeibeauftragten geschaffen. Dieses Amt soll Polizisten und Bürgern als Anlaufstelle dienen, um Fehlverhalten oder mögliche strukturelle Missstände zu melden.
«Trotz Widerstands aus der Union, der auf unbegründetem Misstrauen beruhte, stärkte der Polizeibeauftragte das Vertrauen in die Polizei und legte wichtige Grundlagen für Reformen», sagt die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic. Aus Sicht ihrer Fraktion sollte der Polizeibeauftragte künftig auch für den Zoll zuständig sein.