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Politische Überraschung in Tschechien: Rechtspopulist Babis triumphiert bei Wahlen

Nach vier Jahren in der Opposition gelingt Babis ein Comeback. Spolu stürzt ab, mögliche Koalitionspartner für Babis ziehen ins Parlament ein.

Der Vorsitzende der Oppositionsbewegung ANO, Andrej Babis, kommt zur Stimmabgabe in ein Wahllokal in Ostrava.
Foto: Petr David Josek/AP/dpa

Ein politisches Erdbeben hat in Tschechien stattgefunden: Der Rechtspopulist und Milliardär Andrej Babis ist mit seiner ANO-Bewegung die stärkste Kraft bei den Parlamentswahlen geworden. Die rechtspopulistische Oppositionspartei erreichte nach dem Teilergebnis aus 90 Prozent der Wahlbezirke knapp 36 Prozent der Stimmen, wie am Nachmittag aus den offiziellen Daten der Statistikbehörde CSU hervorging.

Nach vier Jahren in der Opposition und der Niederlage bei der Präsidentenwahl 2023 hat der 71-jährige Großunternehmer Babis ein Comeback geschafft. Das Mitte-Rechts-Bündnis Spolu (Gemeinsam) des Regierungschefs Petr Fiala fiel nach dem Teilergebnis auf etwa 22 Prozent der Stimmen. Die bisher mitregierende Bürgermeisterpartei erhielt knapp 11 Prozent. Zwei potenzielle Koalitionspartner für Babis werden voraussichtlich ins Parlament einziehen: eine neue Autofahrerpartei und die ultrarechte Freiheit und direkte Demokratie.

Wahlkampf im Zeichen des Ukraine-Kriegs

Babis kündigte im Wahlkampf ein Ende der Waffenlieferungen seines Landes an die Ukraine an. Das würde das Aus für die tschechische Granaten-Initiative bedeuten, die seit ihrem Start bereits rund 3,5 Millionen Schuss großkalibriger Munition an Kiew geliefert hat. Die Regierungsparteien hatten den Schwerpunkt ihres Wahlkampfs auf die Bedrohungen durch Russland gelegt. Babis warf ihnen dagegen vor, Panikmache zu betreiben. «Ich weiß nicht, aus welcher Richtung die russischen Panzer kommen sollten», sagte er.

Babis versprach niedrigere Steuern

Nach Ansicht von Beobachtern stand für viele die Wähler dagegen die Sorge um den eigenen Geldbeutel im Fokus. Die jährliche Inflationsrate lag zwar zuletzt bei 2,5 Prozent, hatte aber 2023 zweistellige Werte erreicht. Die ANO-Partei versprach auf Plakaten «niedrigere Steuern» und «billigere Energie». Auf EU-Ebene ist die ANO von der liberalen Fraktion Renew Europe zu den rechtspopulistischen bis rechtsextremen Patrioten für Europa gewechselt. Dort sitzt sie in einer Reihe mit der Fidesz von Viktor Orban aus Ungarn, der FPÖ aus Österreich und der RN Marine Le Pens aus Frankreich.

Nun ist der Präsident am Zug

Alle vier Jahre wurden die 200 Sitze im Abgeordnetenhaus in Prag neu besetzt, welches die wichtigere der beiden Parlamentskammern ist. Der Präsident Petr Pavel hat weitgehend freie Hand, wem er den Regierungsauftrag gibt, obwohl dies normalerweise die Fraktion mit den meisten Mandaten ist. Tschechien ist seit 1999 Nato-Partner und seit 2004 EU-Mitglied. Das Land teilt sich mit Deutschland eine Grenze von mehr als 800 Kilometern.

dpa