Bei seinem Besuch in Berlin wird ein Tourist aus Spanien schwer verletzt. Mit blutverschmierten Händen wird der mutmaßliche Angreifer in der Nähe des Tatorts festgenommen. Nun kommt er vor Gericht.
Prozess nach Messerangriff am Holocaust-Mahnmal

Der Prozess beginnt am Donnerstag um 9.15 Uhr nach einer vermutlich radikal-islamistisch und antisemitisch motivierten Messerattacke auf einen Besucher des Holocaust-Mahnmals in Berlin. Der Angeklagte ist ein 19-jähriger anerkannter syrischer Flüchtling. Er reiste am 21. Februar von Leipzig nach Berlin, um im Namen des Islamischen Staats (IS) den Angriff zu verüben. Dabei wurde ein Tourist aus Spanien lebensgefährlich verletzt.
Die Tat
Der Besucher aus Berlin, der damals 30 Jahre alt war, wurde am 21. Februar gegen 18.00 Uhr im Stelenfeld des Denkmals für die ermordeten Juden Europas von hinten mit einem Messer angegriffen. Laut den Ermittlungen soll der Täter den Mann von hinten gepackt und ihm mit einem Messer einen 14 Zentimeter langen Schnitt an der Kehle zugefügt haben. Außerdem erlitt das Opfer zwei weitere Stichverletzungen im Gesicht und am Finger.
Der Vorwurf
Die Bundesanwaltschaft beschuldigt den Angeklagten des versuchten Mordes, der gefährlichen Körperverletzung und des versuchten Beitritts zu einer ausländischen terroristischen Vereinigung. Laut Behörde war die Tat radikal-islamistisch und antisemitisch motiviert.
Der 19-Jährige sei Anhänger der Ideologie der terroristischen Organisation des Islamischen Staats (IS) gewesen. Wegen dieser Gesinnung und «angetrieben durch die Eskalation des Nahostkonflikts» fuhr er laut Anklage am Tattag von Sachsen nach Berlin, um in der Hauptstadt im Namen des IS einen Angriff auf einen Menschen zu begehen und «dadurch einen Repräsentanten der von ihm abgelehnten freiheitlichen Gesellschaft zu töten». Kurz vor der Tat habe Wassim Al M. über einen Messengerdienst ein Foto von sich an Mitglieder des IS übersandt und sich als Mitglied angedient.
Laut Anklage wählte der 19-Jährige das Holocaust-Mahnmal als Tatort, weil er davon ausging, dort «mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Menschen jüdischen Glaubens» zu treffen.
Das Opfer
Der 30-jährige Berlin-Besucher wurde bei dem Messerangriff lebensgefährlich verletzt. Sein Leben konnte nur durch das rasche Eingreifen von Rettungskräften und eine Notoperation gerettet werden, so die Polizei. Anschließend lag der Mann für eine Weile im künstlichen Koma, wie die Behörden berichteten.
Nachdem es gesundheitlich möglich war, kehrte der Mann in seine Heimat zurück. Roland Weber, der Opferbeauftragte der Bundesregierung und des Landes Berlin, übernahm damals die Betreuung. Seine Behörde kümmerte sich auch um die Zeugen des Angriffs zusammen mit der Zentralen Anlaufstelle in Berlin, die infolge der Erfahrungen nach dem Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz entstanden ist.
Laut Weber wird die Zentrale Anlaufstelle bis heute alle Belange des Opfers in Deutschland kümmern, die notwendig und möglich sind. Außerdem wird der Mann in Spanien vom Europäischen Netzwerk für die Rechte der Opfer SCPVOT betreut.
Der Spanier wird im Dezember als Zeuge im Strafverfahren in Berlin erwartet. Laut einer Gerichtssprecherin ist er auch Nebenkläger.
Der Tatort
Das Denkmal für die ermordeten Juden in Europa des Architekten Peter Eisenman wurde im Mai 2005 der Öffentlichkeit übergeben. Mit dem Stelenfeld und einem unterirdischen Informationsort wird in der Hauptstadt nahe dem Brandenburger Tor an die sechs Millionen Juden erinnert, die unter der Herrschaft der Nationalsozialisten ermordet wurden.
Der Angeklagte
Der 19-Jährige wurde wenige Stunden nach der Tat im Umfeld der Gedenkstätte festgenommen. Nach Angaben der Behörden näherte er sich am 21. Februar gegen 20.45 Uhr während der laufenden Ermittlungsarbeiten den Polizisten. Diese bemerkten seine blutverschmierten Hände und Blut auf seiner Hose, wie es damals hieß. In seinem Rucksack fanden die Beamten neben der vermuteten Tatwaffe auch einen Koran, wie es damals hieß. Der junge Mann wurde festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft.
Der 19-Jährige kam laut Behördenangaben im Jahr 2023 als unbegleiteter, minderjähriger Flüchtling – also ohne seine Eltern – nach Deutschland. Er bekam eine Aufenthaltsgenehmigung und lebte in Leipzig in einer Gemeinschaftsunterkunft.
Der Prozess
Laut der Sprecherin hat das Kammergericht Berlin bisher zwölf Prozesstage für das Staatsschutzverfahren gegen Wassim Al M. geplant. Ein Urteil könnte daher am 29. Januar 2026 verkündet werden.
Der 1. Senat unter der Leitung von Richterin Doris Husch hat bisher ungefähr zwölf Zeugen vorgeladen, weitere werden noch geladen, wie es hieß. Die ersten Zeugen – zwei Polizisten – werden am ersten Prozesstag aussagen.








