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18 Jahre Haft für US-Reporter in Russland gefordert

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit steht in Russland der Korrespondent des «Wall Street Journal» wegen angeblicher Spionage vor Gericht. Der Strafantrag liegt vor. Nun könnte das Urteil rasch kommen.

Der Prozess gegen den US-Reporter Evan Gershkovich hatte am 26. Juni begonnen. (Archivbild)
Foto: Uncredited/AP/dpa

In dem umstrittenen Prozess gegen den US-Reporter Evan Gershkovich in Russland wegen angeblicher Spionage hat die Staatsanwaltschaft 18 Jahre Haft beantragt. Das Urteil solle noch am Freitag gesprochen werden, teilte das Gericht in der Stadt Jekaterinburg am Ural der Agentur Interfax zufolge mit. Die Anklagebehörde sieht die in dem Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit erhobenen Vorwürfe als erwiesen an. Gershkovich, der als Korrespondent für das «Wall Street Journal» in Russland arbeitet, die US-Zeitung selbst wie auch die US-Regierung haben die Vorwürfe stets als haltlos zurückgewiesen. Washington fordert seine Freilassung.

Der 32-jährige US-Reporter wurde im März 2023 unter dem Verdacht der Spionage verhaftet. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB erhob Anschuldigungen gegen Gershkovich. Gemäß der Anklage soll er im Auftrag des US-Geheimdienstes CIA heimlich Informationen über die Rüstungsfabrik Uralvagonzavod gesammelt haben.

Hinter den Kulissen wird verhandelt 

Laut offiziellen russischen Angaben gibt es im Geheimen Verhandlungen über einen Austausch von Gershkovich mit den USA, jedoch bisher ohne eine Einigung erzielt zu haben. Russische Beobachter sehen eine schnelle Verurteilung als möglichen Hinweis darauf, dass Gershkovich nun möglicherweise schnell ausgetauscht werden könnte. Normalerweise muss gemäß der russischen Justizpraxis ein Urteil vorliegen, damit es zu einem Austausch kommt.

Der Machtapparat sorgt dafür, dass in den USA inhaftierte Russen immer wieder freikommen. Außerdem will der Kreml einen in Deutschland verurteilten Russen nach dem Mord im Berliner Tiergarten 2021 freilassen. Laut dem deutschen Urteil erschoss der Mörder im Auftrag staatlicher Moskauer Stellen aus Rache einen georgischen Staatsbürger, der angeblich russische Soldaten im Tschetschenienkrieg getötet hatte.

Gershkovich hat den Großteil seiner seit über einem Jahr andauernden Untersuchungshaft in einem Moskauer Gefängnis verbracht. Er hat mehrmals erfolglos gegen die Verlängerung der Haft geklagt.

Der Prozess gegen ihn begann am 26. Juni. Nach dem zweiten Verhandlungstag beendete das Gericht am Donnerstag die Beweisaufnahme. Medien berichteten, dass ein örtlicher Abgeordneter aus Jekaterinburg, der sich mit Gershkovich getroffen hatte, vor Gericht als Zeuge ausgesagt habe. Der Politiker hatte bereits zuvor berichtet, dass der US-Bürger sich für militärische Fragen interessiert habe.

Warnung an westliche Reporter 

Gershkovich hatte wie viele westliche Journalisten in Russland mit einer Akkreditierung des Moskauer Außenministeriums gearbeitet und recherchiert. Danach gab es auch offizielle Warnungen an westliche Reporter, in Kriegszeiten in das für seine Rüstungsindustrie bekannte Jekaterinburg 1.800 Kilometer östlich von Moskau zu reisen. Wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ist die Lage im Land besonders gespannt. Vertreter westlicher Medien, die aus offiziell so bezeichneten unfreundlichen Staaten kommen, laufen schnell Gefahr, als Spione denunziert zu werden.

dpa