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Prozess wegen Terror in Moskau mit über 140 Toten beginnt

Vor mehr als einem Jahr stürmten Terroristen eine Moskauer Konzerthalle und schossen um sich. Der Islamische Staat hat sich verantwortlich erklärt. Doch Russlands Führung sucht die Schuld woanders.

Wegen des Terroranschlags auf eine Konzerthalle in Moskau stehen vier mutmaßliche Hauptattentäter und viele Komplizen vor Gericht. (Archivbild)
Foto: Dmitry Serebryakov/AP

Nach dem islamistischen Terroranschlag auf eine Moskauer Konzerthalle mit mehr als 140 Toten führt ein russisches Militärgericht Prozesse gegen die vermutlichen Attentäter und Komplizen. Der Mammutprozess gegen 19 Angeklagte begann öffentlich im großen Gebäude des Moskauer Stadtgerichts, wie die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass berichtete. Später sollte jedoch in nicht-öffentlicher Sitzung verhandelt werden.

Mehr als ein Jahr zuvor, am 22. März 2024, drangen laut Anklage vier bewaffnete Männer in die Konzerthalle Crocus City Hill in Krasnogorsk am Stadtrand von Moskau ein. Sie eröffneten das Feuer auf die Konzertbesucher der russischen Rockband Piknik und setzten das Gebäude in Brand. Ein Teil des Gebäudes stürzte ein.

In russischen Medien gibt es unterschiedliche Angaben zur Anzahl der getöteten Opfer. Tass berichtete unter Berufung auf die Generalstaatsanwaltschaft von 149 Toten und einem Vermissten. Interfax zitierte ebenfalls die Behörde, gab jedoch 147 Tote und 3 Vermisste an. Über 330 Menschen wurden verletzt.

Angreifer stammen aus Tadschikistan

Die Attentäter, Männer aus der zentralasiatischen Republik Tadschikistan, wurden nach ihrer Flucht in einem Auto im russischen Gebiet Brjansk nahe der Grenze zur Ukraine und zu Belarus festgenommen. Sofort danach präsentierte die russische Justiz sie der Öffentlichkeit, wobei mindestens ein Mann Anzeichen von Folter zeigte. Auch die vermuteten Komplizen stammen aus dem ehemaligen sowjetischen Zentralasien. Sie sollen den Terroristen mit Geld, Autos oder Waffen unterstützt oder ihnen Unterschlupf gewährt haben. Die Polizei sucht noch nach sechs weiteren mutmaßlich Beteiligten.

In den letzten Jahrzehnten wurde Russland mehrmals von islamistischen Terroranschlägen erschüttert. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beanspruchte den Angriff auf die Crocus City Hall über ihre bekannten Kanäle für sich. Westliche Sicherheitsbehörden und Experten halten das Bekenntnis für glaubwürdig und vermuten den IS-Ableger Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK) hinter dem Anschlag.

Russland verfolgt angebliche ukrainische Spur

Auch die Vertreter der russischen Regierung, einschließlich Präsident Wladimir Putin, vermuten einen IS-Angriff. Gleichzeitig versuchten die russischen Behörden von Anfang an, die Schuld angeblichen ukrainischen Drahtziehern zuzuschieben. Russland führt seit fast dreieinhalb Jahren einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland. Es wurden keine überzeugenden Beweise vorgelegt, und die Regierung in Kiew hat jede Beteiligung bestritten.

Die russische Generalstaatsanwaltschaft geht aber nach Angaben von Tass auch für den Prozess davon aus, dass der Anschlag «im Interesse der obersten Führung der Ukraine» organisiert worden sei. In Russland seien drei Zellen der Gruppierung Islamischer Staat Provinz Khorasan gebildet worden.

Hälfte der Opfer starb an Brandverletzungen

Den Berichten zufolge sind mindestens 115 Geschädigte als Nebenkläger an dem Prozess beteiligt. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte der staatlichen Agentur Tass bereits in den vergangenen Tagen Einblick in die Anklage gegeben. Etwa die Hälfte der Toten soll nicht durch Schusswunden, sondern an Brandverletzungen gestorben sein. Der Strafprozess wurde zwar angekündigt, der Beginn jedoch bis Sonntag geheim gehalten.

dpa