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Putin hält Rede zur Weltlage – Selenskyj nennt ihn illegitim

Der Kreml versucht die Welt zu überzeugen, dass es mit dem ukrainischen Präsidenten nichts zu bereden gebe – weil der eigentlich gar nicht mehr im Amt sein dürfe. Selenskyj dreht den Spieß jetzt um.

Jedes Jahr hält Putin beim Wirtschaftsforum in seiner Heimatstadt St. Petersburg eine Rede.
Foto: Vyacheslav Prokofyev/Kremlin Pool/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dpa

Wladimir Putin, der Präsident Russlands, wird heute beim Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg vor einem großen Publikum seine Ansichten zur politischen und wirtschaftlichen Lage der Welt erläutern. Die Rede des Kremlchefs in seiner Heimatstadt sowie die Podiumsdiskussion mit internationalen Gästen werden jedes Jahr als Höhepunkt des Forums inszeniert.

Dieses Mal werden der Krieg zwischen Israel und dem Iran sowie der Krieg, den Putin gegen die Ukraine führt, im Fokus stehen. Die Moskauer Führung nutzt die Konferenz mit 20.000 Gästen aus 140 Ländern, um sich der Welt in einem guten Licht zu präsentieren und der vom Westen angestrebten internationalen Isolation zu trotzen.

Auch in der Nacht vor diesem Ereignis griff die russische Armee erneut aus der Luft das Nachbarland an. Es gab Explosionen und Brände in der ostukrainischen Stadt Charkiw. Gleitbomben wurden auf das Gebiet Sumy abgeworfen. Darüber hinaus entdeckte die ukrainische Luftwaffe erneut ganze Schwärme russischer Kampfdrohnen am Himmel.

Selenskyj: Putin hat sein Mandat schon lange überschritten 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj konterte unterdessen Äußerungen Putins, der ihm in St. Petersburg erneut die Legitimität als Staatsoberhaupt abgesprochen hatte. In einer Videobotschaft sagte Selenskyj: «Ich bin bereit, mich in jedem Format mit denjenigen zu treffen, die (…) entsprechende Autorität haben, einschließlich Putin, auch wenn er sein verfassungsmäßiges Mandat um mindestens drei Amtszeiten überschritten hat.» 

Der Präsident des Kremls hat offiziell zwar zugestimmt, Gespräche mit Selenskyj zu führen, um den seit mehr als drei Jahren anhaltenden Krieg zu beenden. Er stellt jedoch die Legitimität des ukrainischen Präsidenten in Frage, da seine Amtszeit 2024 abgelaufen sei. In der Ukraine ist es jedoch unter Kriegsrecht nicht möglich, Wahlen abzuhalten – ähnlich wie es das Grundgesetz in Deutschland im Verteidigungsfall verbietet. Putin hat seine Macht gesichert, indem er nach und nach Gegner von der politischen Bühne verdrängt hat und die Wahlen in Russland immer weniger frei geworden sind. Tatsächlich lenkt er seit der Jahrtausendwende die Geschicke Russlands.

Bei der Verteidigung gegen den großen Nachbarn ist die Ukraine besonders auf die Hilfe der Regierung von US-Präsident Donald Trump angewiesen. «Es ist wünschenswert, den Krieg noch in der (bis Anfang 2029 laufenden) Amtszeit von Präsident Trump zu beenden», sagte Selenskyj in Kiew. «Ich rechne fest mit seiner Hilfe. Ich zähle auf den Einfluss der Vereinigten Staaten.» Nötig seien Sanktionen genauso wie Diplomatie.

Das Verhältnis zwischen Trump und Selenskyj ist angespannt. Die angekündigten Bemühungen des US-Präsidenten um ein Ende des Krieges sind bisher erfolglos geblieben.

Neuer Heereskommandeur der Ukraine diente in Wiesbaden

Selenskyj ernannte den Brigadegeneral Hennadij Schapowalow zum neuen Kommandeur der ukrainischen Bodentruppen. Schapowalow war zuletzt Verbindungsoffizier im Nato-Stab in Wiesbaden, der die Militärhilfe für die Ukraine koordinierte. Die Umbesetzung im Heer wurde notwendig, nachdem der bisherige Kommandeur Mychajlo Drapatyj Anfang Juni um Entlassung gebeten hatte. Er übernahm die Verantwortung für den Tod von zwölf Soldaten, die bei einem russischen Raketenangriff auf einen Truppenübungsplatz im Gebiet Dnipropetrowsk ums Leben gekommen waren.

Kiew: Wir haben Leichen russischer Soldaten bekommen

Laut Innenminister Ihor Klymenko hat die Ukraine bei der Rückgabe Tausender Soldatenleichen aus Russland auch tote Russen erhalten. Der Minister machte jedoch in einem Post auf Telegram keine Angaben dazu, wie viele solcher Fälle es gab.

«Der Feind erschwert uns absichtlich die Identifizierung der Toten, stiftet Chaos und vermischt die Leichen der russischen Soldaten mit denen der Ukrainer», schrieb Klymenko. Fotos zeigten den angeblichen Wehrpass und die Identifikationsmarke eines toten russischen Soldaten, der an die Ukraine übergeben worden sein soll. Unabhängige Bestätigungen dazu gab es nicht.

In den letzten Tagen hat Russland der Ukraine über 6000 Leichen von Soldaten übergeben. Im Gegenzug erhielt Moskau mehr als 50 Tote zurück. Dies war Teil der humanitären Gesten, die Anfang Juni in Istanbul von beiden Kriegsparteien vereinbart wurden.

dpa