Putin und Selenskyj stehen vor schwierigen Verhandlungen, um einen Kriegsende zu erreichen.
Putin und Selenskyj: Hoffnung auf Treffen, aber hohe Hürden

Innerhalb von zwei Wochen sollen sich Kremlchef Wladimir Putin und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj treffen – das war die hoffnungsvolle Botschaft von US-Präsident Donald Trump nach seinen Spitzentreffen in Alaska und Washington. Doch dass Putin angeblich zu einem solchen Treffen bereit ist, weiß die Welt nur aus Trumps Worten.
Selenskyj hat schon lange eine Begegnung mit Putin gefordert, um den dreieinhalbjährigen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu beenden. Der Kremlchef müsste jedoch über seinen Schatten springen, da er hohe Hürden für ein Treffen errichtet hat. Fragen und Antworten zu einer schwierigen Beziehung:
Wie ist die persönliche Chemie zwischen den beiden?
Sie ist nicht real. Der Geheimdienstoffizier Wladimir Putin (72) regiert seit einem Vierteljahrhundert immer autoritärer über sein riesiges Reich. Er betrachtet den Zusammenbruch der Sowjetunion als persönliche Verletzung und hat noch eine Rechnung mit dem Westen offen. Er strebt danach, Russland zu einer führenden Macht auf dem europäischen Kontinent zu machen, aber eine unabhängige Ukraine steht dem im Weg.
Selenskyj (47) war ein erfolgreicher Komiker und Fernsehmacher, bevor er 2019 in die Politik ging. Seine Regierungsbilanz war gemischt. Doch als Russland im Februar 2022 in die Ukraine einmarschierte, ließ er sich nicht vertreiben und wurde weltweit zum Gesicht des ukrainischen Widerstands.
Sind sich Putin und Selenskyj schon einmal begegnet?
Ja, und es lief nicht gut. Es war 2019 in Paris, und Selenskyj war kurz zuvor gewählt worden wegen seines Versprechens, mit Moskau eine Verständigung zu finden. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) saßen mit am Tisch.
Das sogenannte Normandie-Quartett sollte den seit 2014 von Russland geschürten Konflikt in der Ostukraine lösen. Allerdings ließ Putin die Ukrainer im Stich und machte keine Zugeständnisse.
Wie stellt die russische Propaganda Selenskyj dar?
Seit der Krieg läuft, haben Putin und die Moskauer Führung Selenskyj in den schwärzesten Farben gemalt. Putin nannte ihn eine «toxische Figur». In der Ukraine herrschten Nazis, hieß es aus dem Kreml, obwohl Selenskyj jüdischer Herkunft ist. Der ukrainische Präsident wurde als drogensüchtig, als willenlose Marionette des Westens verunglimpft.
Trotz der Tatsache, dass Putin selbst nur durch unfreie Wahlen an der Macht ist, stellt Moskau die Legitimität von Selenskyj in Frage: Seine Amtszeit endete 2024. Gemäß ukrainischem Gesetz sind Wahlen während eines Krieges verboten. Selenskyj hat Putin wiederholt des Terrorismus beschuldigt und ihn sogar als Vollidioten bezeichnet.
Russlands Propaganda mit dem mächtigen Fernsehen hätte es also schwer, dem Publikum eine Kehrtwende nahezubringen. Putin müsste erklären, warum er «zusammensitzt mit einem Präsidenten, den er für einen Witz hält, aus einem Land, das nicht existiert.» Das sagte die ukrainische Politologin Oryisa Lutsevich von der britischen Denkfabrik Chatham House dem US-Sender CNN.
Wie sieht die militärische Lage für Putin aus?
Der Präsident des Kremls sieht sich auf dem Weg zum Sieg. Seine Truppen rücken in der Ostukraine vor. Er ist zuversichtlich, dass sein Land genug Menschen und Material mobilisieren kann – im Gegensatz zur kleineren Ukraine. Deshalb geht Moskau bisher davon aus, dass Putin sich nur mit Selenskyj oder einem anderen Vertreter aus Kiew treffen muss, wenn die Ukraine kapituliert.
Der russische Vormarsch wird andererseits mit hohen Verlusten erkauft. Ebenso sinken die russischen Mobilisierungszahlen. Die Ukraine hält im Schwarzen Meer die russische Flotte in Schach. Die wachsenden Drohnentreffer der Ukraine auf Raffinerien, Energieanlagen oder Bahnstrecken im russischen Hinterland sind für Putin ein Ärgernis.
Was sagt der Kreml zu einem möglichen Treffen?
Eine Begegnung mit Selenskyj wird nicht direkt abgelehnt, aber auf eine möglichst lange Bank geschoben. Moskau sei für jedes Gesprächsformat offen, sagte Außenminister Sergej Lawrow. «Aber alle Kontakte unter Beteiligung der Staatschefs müssen äußerst sorgfältig vorbereitet werden.»
Moskau ist der Ansicht, dass zunächst Delegationen auf unterer Ebene eine Vereinbarung aushandeln müssen. Erst danach treten die Staatschefs selbst auf den Plan und unterzeichnen die vorverhandelte Abmachung. Trotz der seit Mai laufenden bilateralen Verhandlungsrunden zwischen Kiew und Moskau gab es bisher nur geringe Fortschritte. Es wurden mehrere Gefangenenaustausche vereinbart. Jedoch liegen die Bedingungen für eine Waffenruhe oder einen endgültigen Frieden weit auseinander.
Laut Putins außenpolitischem Berater Juri Uschakow wurde vereinbart, dass die bisherigen direkten Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew auf einer höheren Ebene als zuvor geführt werden sollen. Jedoch erwähnte auch er kein Treffen der Präsidenten.
Gibt es also gar keine Chance auf eine direkte Begegnung?
Trump hat das Treffen vorgeschlagen, und Putin möchte kein schlechtes Verhältnis zu ihm haben. Der russische Präsident möchte weiterhin mit den USA über strategische Fragen sprechen, was seine Überlegungen beeinflussen könnte.
Aber die Erwartungen sind überall niedrig. «Ich kann mir kaum vorstellen, dass Selenskyj, Putin und andere an einem Tisch sitzen und überhaupt über etwas sprechen, geschweige denn sich einigen», sagte der ehemalige ukrainische Botschafter in Moskau, Wolodymyr Jeltschenko, der «Ukrajinska Prawda».
«Um es klar zu sagen: Putin wird Selenskyj unter den jetzigen Umständen nicht treffen», schrieb auch die im Exil lebende russische Politologin Tatjana Stanowaja im Netzwerk X. «Er hat mehrfach gesagt, dass ein solches Treffen erst möglich ist, wenn die richtige Grundlage gelegt ist, was in der Praxis bedeutet, dass Selenskyj Russlands Bedingungen für ein Kriegsende akzeptiert.»