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Queer-Verbände besorgt über Pläne zum Geschlechtseintrag

Wer Namen und Geschlechtseintrag ändern lässt, möchte seine frühere amtliche Identität hinter sich lassen. Doch das werde schwieriger mit einem neuen Vorhaben des Innenministeriums, fürchten Verbände.

Anlass für das Vorhaben ist laut Innenministerium das Inkrafttreten des Selbstbestimmungsgesetzes am 1. November vergangenen Jahres.
Foto: Jens Kalaene/dpa

Die Pläne des Bundesinnenministeriums sorgen bei Queer-Verbänden für Besorgnis. Personen, die ihre Geschlechts- und Namensänderung im Personenstandsregister vornehmen lassen, sollen laut Ministerium drei neue Datenblätter zum vorherigen Geschlecht ausfüllen. Anschließend sollen auch andere Behörden wie die Rentenversicherung und das Bundeszentralamt für Steuern über die Änderungen informiert werden.

Verband sieht massiven Eingriff in Privatsphäre

Laut dem Innenministerium ist der Grund für das Vorhaben das Inkrafttreten des Selbstbestimmungsgesetzes am 1. November des vergangenen Jahres. Dadurch wird es einfacher, den Geschlechtseintrag und die Vornamen auf dem Amt zu ändern. Vorher waren dafür aufwendige Gutachten und eine Gerichtsentscheidung erforderlich.

Zum Vorhaben des Innenministeriums erklärt die Deutsche Gesellschaft für Trans*- und Inter*geschlechtlichkeit (dgti): «Wir sehen darin einen massiven Eingriff in die Privatsphäre und einen Widerspruch gegen das Selbstbestimmungsgesetz.» Angesichts steigender Zahlen von Hasskriminalität sei es dringend notwendig, die geschlechtliche und sexuelle Identität im Grundgesetz zu schützen und nicht durch zusätzliche Kennzeichnungen offenzulegen. 

Der Verband Queere Vielfalt äußert sich ganz ähnlich: «Die Erfassung, Übermittlung und Offenbarung der sensiblen Informationen über frühere Geschlechtseinträge und Vornamen und damit stets auch über die Transgeschlechtlichkeit einer Person darf nur unter engen Voraussetzungen geschehen.» Ein eigenes Datenblatt mit dem früheren Geschlechtseintrag hebe diese Tatsachen hingegen hervor.

Beide Verbände halten zusätzliche Vorgaben zudem für unnötig. «Es ist unklar, warum Behörden wie die Rentenversicherung gesondert über eine Personenstandsänderung informiert werden müssen», schreibt die dgti. «Versicherte teilen Änderungen der Rentenversicherung selbst mit, da sich die Sozialversicherungsnummer ändert.» 

Innenministerium verteidigt Pläne

Das Innenministerium verteidigt das Vorhaben. Die Verordnung stelle sicher, dass Menschen, die Geschlechtseintrag und Vornamen geändert hätten, in amtlichen Registern und Informationssystemen weiterhin identifiziert werden könnten und ihre Identität nachvollziehbar sei. «Dies ist zugleich Voraussetzung, um die bereits zu der Person gespeicherten Daten zu aktualisieren.»

Die Behörden, an die die Daten gehen, würden mit der Änderung zudem in die Lage versetzt, das sogenannte Offenbarungsverbot zu erkennen und durchzusetzen. Dieses sieht vor, dass die bis zur Änderung eingetragene Geschlechtsangabe und der frühere Vorname nicht ohne Zustimmung Betroffener «offenbart oder ausgeforscht» werden dürfen. Es gelten bestimmte Ausnahme für Strafverfolgungs- oder Sicherheitsbehörden. 

Der Verband Queere Vielfalt findet es seltsam. «Es erscheint paradox, dass das Offenbarungsverbot gerade durch eine Ausweitung der Speicherung und Übermittlung der Informationen sichergestellt werden soll.»

dpa