Der EuGH betont sein letztes Wort und dass EU-Recht nationalem Recht vorgeht. Das Karlsruher Verfassungsgericht wird in die Diskussion einbezogen.
EuGH-Urteil gegen Polen: Signal an deutsches Bundesverfassungsgericht

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gegen die polnische Justiz wegen Verstößen gegen wesentliche Prinzipien des EU-Rechts ist einem renommierten Rechtswissenschaftler zufolge auch ein Signal an das deutsche Bundesverfassungsgericht. Der EuGH betone damit, dass er das letzte Wort habe und EU-Recht nationalem Recht vorgehe. Das sei weiterhin eine «Sollbruchstelle» zu den nationalen Höchstgerichten, erklärte der Europarechtler Franz Mayer von der Universität Bielefeld.
Das Urteil ließe erkennen, dass der EuGH über ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ähnlich entschieden hätte, wäre Deutschland etwa wegen des Bundesverfassungsgerichtsurteils zur Europäischen Zentralbank vor dem EuGH verklagt worden. Der «Karlsruher Verfassungsgerichtselefant» sei spürbar mit im Raum gewesen bei der Verkündung des Urteils gegen Polen, meint Mayer.
Die Richter in Luxemburg hatten Polen verurteilt, weil der polnische Verfassungsgerichtshof Entscheidungen des höchsten europäischen Gerichts nicht anerkennen wollte. Die Polen argumentierten, dass dies der polnischen Verfassung widerspreche.
Deutschland entging einer Klage vor dem EuGH
Ähnlich argumentierten zuvor bereits mehrere andere nationale Gerichte gegenüber dem EuGH – darunter auch das deutsche Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Es betonte bisher, dass EU-Recht die nationale Verfassungsidentität nicht beeinträchtigen dürfe, obwohl EU-Recht grundsätzlich Vorrang vor nationalem Recht hat. Im umstrittenen EZB-Urteil von 2020 setzten sich die deutschen Verfassungshüter über eine Entscheidung aus Luxemburg hinweg.
Beinahe wäre Deutschland daher auch von der EU-Kommission verklagt worden. Die Brüsseler Behörde hatte zu der Zeit ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, jedoch nach Zusicherungen der Bundesregierung wieder beendet.
Laut Rechtswissenschaftler Mayer dürfte das Bundesverfassungsgericht keine Schwierigkeiten mit den meisten Aussagen im Urteil zur polnischen Justiz haben. Es ging auch um Besetzungsfehler des polnischen Verfassungsgerichtshofs, wodurch dieser laut EuGH nicht mehr als unparteiisch und unabhängig galt.








