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Ringen um Feuerpause: Israel kommt Hamas angeblich entgegen

Die Bemühungen um eine Waffenruhe in Gaza laufen auf Hochtouren. Der UN-Sicherheitsrat stimmt erneut ab. Auch Außenministerin Baerbock setzt sich in der Region ein. Ereignisse der Nacht im Überblick.

Angehörige und Unterstützer der israelischen Geiseln protestieren in Tel Aviv.
Foto: Cindy Riechau/dpa

Im Gaza-Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas gibt es Anzeichen für eine Annäherung, nachdem monatelang um eine Feuerpause gerungen wurde. Israel gerät jedoch aufgrund seiner Kriegsführung immer stärker unter Druck. Laut Medienberichten vom Sonntag hat sich Israel bei den indirekten Verhandlungen in Katar bereit erklärt, auf die Hamas zuzugehen und im Austausch für 40 israelische Geiseln Hunderte mehr palästinensische Häftlinge freizulassen als bisher vereinbart. Es ist die Rede von nun 700 bis sogar 800 Häftlingen.

Während eine Antwort der Hamas in den nächsten beiden Tagen erwartet wird, will der UN-Sicherheitsrat an diesem Montag über einen Resolutionsentwurf abstimmen, der eine «von allen Seiten respektierte sofortige Waffenruhe» fordern würde. Am selben Tag beginnt Bundesaußenministerin Annalena Baerbock in Ägypten neuerliche Krisengespräche, anschließend geht es weiter nach Israel.

USA schließen Konsequenzen bei Rafah-Offensive nicht aus

Die US-Regierung schließt Konsequenzen nicht aus, sollte Israels Armee im Zuge einer Bodenoffensive tatsächlich in die zurzeit mit Hunderttausenden palästinensischen Flüchtlingen überfüllte Stadt Rafah an der Grenze zu Ägypten einmarschieren. «Ich schließe nichts aus», entgegnete US-Vizepräsidentin Kamala Harris in einem TV-Interview auf eine entsprechende Frage. «Wir haben in mehreren Gesprächen und in jeder Hinsicht deutlich gemacht, dass jede größere Militäroperation in Rafah ein großer Fehler wäre.» Details zu möglichen Konsequenzen nannte sie nicht.

In der Zwischenzeit reiste Israels Verteidigungsminister Joav Galant in die USA, um unter anderem seinen Amtskollegen Lloyd Austin zu treffen. Gleichzeitig wird eine weitere israelische Delegation in Washington erwartet. Die US-Regierung plant, den Besuchern Möglichkeiten aufzuzeigen, wie die Hamas auch ohne eine Rafah-Offensive besiegt werden kann.

Baerbock verlangt von Israel und der Hamas Einlenken

Auch Baerbock hatte am Donnerstag im Bundestag ihre Bedenken gegen den vom israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu angekündigten Angriff auf Rafah bekräftigt. Sie äußerte Zweifel, ob bei einer möglichen Offensive der Schutz von Zivilistinnen und Zivilisten überhaupt ermöglicht werden könne. Schließlich könnten sich 1,5 Millionen Menschen «nicht einfach in Luft auflösen», betonte sie. Baerbock will am Montag nach Gesprächen in Ägypten die Palästinensischen Gebiete besuchen und in Ramallah Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Außenminister Riad Malki treffen. Am Dienstagvormittag trifft sie ihren israelischen Amtskollegen Israel Katz. Sie verlangte von Israel und der Hamas ein Einlenken bei den in Katar geführten Verhandlungen. «Nur eine sofortige humanitäre Feuerpause, die zu einem dauerhaften Waffenstillstand führt, hält die Hoffnung auf Frieden am Leben – für Palästinenserinnen und Palästinenser wie Israelis», sagte Baerbock.

UN-Sicherheitsrat stimmt über Forderung nach Waffenruhe ab

Bei der Sitzung des UN-Sicherheitsrats zur Lage im Nahen Osten soll am Montag über eine Resolution abgestimmt werden, die angesichts des islamischen Fastenmonats Ramadan eine sofortige Feuerpause fordert und die zu einer «dauerhaften und nachhaltigen Waffenruhe» führen soll, wie es in der am Freitag bekannt gewordenen Beschlussvorlage heißt. Zudem wird darin die sofortige und bedingungslose Freilassung aller Geiseln gefordert und die Notwendigkeit betont, die Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen auszubauen. Die Resolution wird von nichtständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats vorangetrieben. Ein Diplomat erklärte, es gebe Hoffnung, dass die aktuellste Version des Textes nach intensiven Verhandlungen, besonders mit der Vetomacht USA, tatsächlich Erfolg haben könnte.

Bericht: Israel zu Freilassung Hunderter Palästinenser bereit

Unterdessen gibt es bei den seit mehreren Monaten andauernden schwierigen Verhandlungen der Vermittler laut Medienberichten neue Bewegung. Israel sei bereit, auf Forderungen der Hamas teilweise einzugehen, schrieb der gewöhnlich gut unterrichtete israelische Journalist Barak Ravid im Nachrichtenportal «Walla» sowie auf der Plattform X, vormals Twitter. So würde der jüdische Staat nunmehr 700 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freilassen, wenn die Hamas 40 von rund 100 noch lebenden israelischen Geiseln freigibt. Unter den freizulassenden Palästinensern wären 100 Gefangene, die wegen terroristischer Straftaten zu lebenslangen Strafen verurteilt wurden.

Die Verhandlungen finden derzeit in der qatarischen Hauptstadt Doha statt, vermittelt von den USA, Ägypten und Katar. Das Ziel ist eine Vereinbarung in mehreren Phasen. Der erste Schritt beinhaltet eine sechs Wochen lange Waffenruhe und die Freilassung von 40 Geiseln, die von der Hamas festgehalten werden. Israel hatte ursprünglich zugestimmt, 400 palästinensische Gefangene freizulassen, darunter 25 mit lebenslanger Haftstrafe. Die Hamas war mit diesem Vorschlag nicht zufrieden. Eine neue Formel wurde von Katar vorgeschlagen und zunächst von Israel abgelehnt. Auf Drängen des CIA-Chefs William Burns, der extra nach Doha gereist war, ließ sich Israel jedoch in den letzten Tagen umstimmen, so schrieb Ravid weiter.

Bericht: Israel droht endloser Guerilla-Krieg

Israels Armee droht derweil mangels einer ersichtlichen Strategie von der Hamas in einen endlosen Guerilla-Krieg verwickelt zu werden, wie das «Wall Street Journal» schreibt. Die israelischen Streitkräfte kämpften an immer mehr Orten im Gazastreifen, die sie eigentlich zuvor eingenommen und aus denen sie sich zurückgezogen hätten, berichtete die US-Zeitung. Dies zeige, wie sehr Israel darum kämpfe, die Hamas auszuschalten und das palästinensische Küstengebiet unter seine Kontrolle zu bringen.

Die israelische Armee gab am Sonntag bekannt, dass sie einen neuen Militäreinsatz in Chan Junis im Süden des Gazastreifens gestartet hat. Bei einem weiteren Einsatz im Schifa-Krankenhaus in der Stadt Gaza im Norden wurde ein israelischer Soldat getötet. Die Armee war bereits in den vergangenen Monaten in Kämpfe an diesen Orten verwickelt und hatte erklärt, dass die Hamas-Verbände in diesen Gebieten besiegt und aufgelöst wurden.

Auch US-Außenminister Antony Blinken warnte Israel einem Medienbericht zufolge davor, den Krieg ohne ersichtliche Strategie fortzuführen. Israel brauche einen schlüssigen Plan, ansonsten verheddere es sich in einem Aufstand, den es nicht in den Griff bekommen werde, habe Blinken vergangene Woche bei einem Treffen mit Netanjahu und dessen Kriegskabinett gesagt, berichtete das Nachrichtenportal «Axios». Verlaufe der Krieg weiter wie bisher, würde die Hamas die Kontrolle im Gazastreifen behalten oder es würde Anarchie ausbrechen, die noch mehr Terror zur Folge hätte. Netanjahu habe geantwortet, dass «wir auf Jahrzehnte alle Hände voll zu tun haben werden», berichtete das Nachrichtenportal.

dpa