Präsident Selenskyj betont die Notwendigkeit einer starken Armee für langfristige Sicherheitsgarantien und fordert EU-Beitritt der Ukraine.
Selenskyj fordert starke ukrainische Armee für langfristige Sicherheit

Eine starke ukrainische Armee muss nach Ansicht von Präsident Wolodymyr Selenskyj zentrales Element künftiger Sicherheitsgarantien für sein Land sein. «Ihre Fähigkeiten – Finanzierung, Waffen, Produktion – sichern wir jetzt und sollten das auch in einem Jahr, in fünf Jahren, in zehn Jahren tun», schrieb er nach Beratungen mit westlichen Unterstützern der Ukraine auf der Plattform X.
Vorher hatten mehr als 30 Staaten in der sogenannten Koalition der Willigen über Möglichkeiten der Unterstützung für die Ukraine diskutiert, um das Land nach einem potenziellen Waffenstillstand oder Friedensvertrag mit Russland vor einer erneuten Aggression des Nachbarn zu schützen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) war per Videokonferenz an den Gesprächen in Paris beteiligt. Danach fand ein Gruppentelefonat mit US-Präsident Donald Trump statt.
Es ist unklar, wie das seit mehr als dreieinhalb Jahren anhaltende russische Angriffskriegsende erreicht werden kann. Kremlchef Wladimir Putin, der den völkerrechtswidrigen Angriff auf das Nachbarland angeordnet hat, zeigt bisher keine Bereitschaft, bedeutende Zugeständnisse zu machen.
Selenskyj betonte auf X, dass der Friedensschlüssel darin liege, Russland die Finanzierung und Ressourcen für seine Kriegsmaschinerie zu entziehen. Zudem habe die Ukraine den USA einen neuen Vorschlag zur Überwachung des ukrainischen Luftraums vorgelegt. Genauere Details dazu wurden nicht genannt.
Trump hält Europäern Ölgeschäfte vor
Medienberichten zufolge soll Trump den Europäern in dem gemeinsamen Telefonat vorgehalten haben, trotz ihres Widerstands gegen Russland weiterhin Öl von dort zu beziehen und damit Putins Kriegsführung zu finanzieren. Er habe gefordert, die Ölgeschäfte zu beenden und auch mehr Druck auf China zu machen, berichteten das US-Nachrichtenportal «Axios» und der TV-Sender CNN unter Berufung auf Quellen im Weißen Haus. Die «Bild» sprach von einem «hitzigen Telefon-Gespräch» mit den Europäern.
In einer Pressekonferenz nach den Beratungen in Paris erklärte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, dass Trump und die US-Regierung zu Recht darüber empört seien, dass zwei EU-Mitgliedstaaten weiterhin russisches Öl kauften. Diese beiden Länder seien Ungarn und die Slowakei, die auch bei Sanktionen gegen Russland zögern. Macron betonte, dass es positiv sei, dass die USA und Europa künftig ihre Sanktionen gegen Russland enger koordinieren wollen, um solchen Praktiken ein Ende zu setzen.
Laut Angaben der EU sind die Ölgeschäfte europäischer Staaten mit Russland in den letzten Jahren deutlich gesunken. Sie sind jedoch nicht vollständig zum Stillstand gekommen. Die russische Erdölpipeline Druschba transportiert weiterhin Öl nach Ungarn und in die Slowakei.
Selenskyj strebt EU-Beitritt der Ukraine an
Im Zuge der Debatte über Sicherheitsgarantien für sein Land forderte Selenskyj einen EU-Beitritt der Ukraine. «Unter den Sicherheitsgarantien, die wir sehen, ist eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union eine zwingende ökonomische, politische und geopolitische Sicherheitsgarantie», erklärte er während der gemeinsamen Pressekonferenz mit Macron. In den EU-Verträgen ist auch eine militärische Beistandsklausel enthalten.
Selenskyj fordert seit langem ein direktes Treffen mit Putin und wirft Moskau Verzögerungstaktik vor, um den Krieg fortzuführen. «Wenn du willst, dass kein Treffen stattfindet, dann lädst du mich nach Moskau ein», sagte Selenskyj an die Adresse des Kremlchefs gerichtet. Aber es sei zumindest «nicht schlecht», dass Russland überhaupt über ein mögliches Treffen spreche.
Putin hatte am Mittwoch bei einer Pressekonferenz gesagt, Selenskyj könne nach Moskau kommen, wenn es die Aussicht auf ein gutes Ergebnis gebe. Der Ukrainer wiederum sagte, von diesem Vorschlag habe er von den «amerikanischen Partnern» erfahren.
26 Staaten wollen Truppen bereitstellen
Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen haben angekündigt, dass 26 westliche Länder bereit sind, Truppen zur Sicherung eines Waffenstillstands oder Friedens zwischen Russland und der Ukraine zu entsenden. Von der Leyen sagte, dass die Länder sich dazu bereit erklärt haben, Bodentruppen, Luftstreitkräfte oder Seestreitkräfte einzusetzen. Es wurde jedoch nicht näher erläutert, welche Länder sich in welcher Form und mit wie vielen Soldaten beteiligen möchten.
Deutschland möchte noch keine Entscheidung über eine Beteiligung treffen, wie Kanzler Merz deutlich machte. Laut seinem Regierungssprecher sollten zunächst Finanzierung, Bewaffnung und Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte im Vordergrund stehen.
Laut Militärkreisen wäre eine Truppenpräsenz europäischer Nato-Staaten in der Ukraine vor allem als umfangreicher Ausbildungseinsatz möglich. Es handelt sich also nicht um eine Friedenstruppe im herkömmlichen Sinne.
Die europäischen Nato-Mitglieder würden die Hauptlast eines Einsatzes tragen. Die Europäer hatten immer wieder betont, dass es ohne eine Rückversicherung durch die USA nicht gehen würde. Es gab keine konkreten Zusagen aus Washington.
Moskau bleibt bei alten Forderungen
Russland sei bereit, weiter Krieg zu führen, sollte es nicht zu einer für Moskau akzeptablen Einigung kommen, sagte Putin am Mittwoch. Das russische Außenministerium lehnte die westlichen Überlegungen für Sicherheitsgarantien einschließlich der Entsendung von Truppen aus Nato-Staaten in die Ukraine ab. «Russland wird nicht über eine zutiefst unannehmbare und jede Sicherheit untergrabende ausländische Intervention in der Ukraine diskutieren», sagte Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa.
Kämpfe gehen weiter
Die Kämpfe in der Ukraine dauern an. In der Nacht gab es erneut Luftalarm in verschiedenen Regionen des Landes. Laut Angaben der Luftfahrtbehörde Rosawiazija kam es auch an russischen Flughäfen in Kaluga, Wolgograd und Tambow am Abend und in der Nacht zu vorübergehenden Einschränkungen.