Ein umfassender Verhandlungsprozess mit allen Beteiligten zeichnet sich ab. Ort und Zeit für ein Zweiertreffen der Präsidenten sind noch unbekannt.
Fortschritte im Ukraine-Konflikt: Verhandlungsprozess nimmt Fahrt auf

Zwar gibt es noch keinen Frieden in Sicht, aber erstmals seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine vor fast dreieinhalb Jahren zeichnet sich ein umfassender Verhandlungsprozess mit allen Beteiligten ab. Bereits am Freitag sprachen US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin in Alaska direkt miteinander. Nun folgte ein Treffen Trumps mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und europäischen Spitzenpolitikern in Washington. Was hat dieser Gipfel konkret gebracht – und was ist noch offen?
Kommt es zu einem Treffen von Putin und Selenskyj?
Es scheint so zu sein. Der US-Präsident hat bekannt gegeben, dass er damit begonnen hat, ein Zweiertreffen der beiden Präsidenten vorzubereiten. Ort und Zeit sind bisher unbekannt. Die Begegnung soll jedoch laut Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) innerhalb der nächsten zwei Wochen stattfinden. Danach – so Trumps Plan – soll ein Dreiertreffen mit ihm selbst folgen.
Offensichtlich ist dieser Plan jedoch noch nicht endgültig festgelegt. Nach einem Telefonat zwischen Trump und Putin erwähnte der Kreml zunächst kein Treffen auf Präsidentenebene. Putin hat zwar bereits mehrmals betont, dass er bereit ist, sich mit Selenskyj zu treffen, aber er hat immer darauf bestanden, dass grundlegende Fragen im Voraus geklärt werden müssen. Selenskyj erklärte dagegen im Weißen Haus erneut, dass er Putin treffen und auch gerne Trump dabei haben würde.
Wie können Sicherheitsgarantien für die Ukraine aussehen?
Durch sogenannte Sicherheitsgarantien können Staaten oder internationale Organisationen einem Land verbindliche Zusagen machen, um dessen Schutz zu gewährleisten und es vor externen Bedrohungen zu schützen. Im Fall der Ukraine gibt es vor allem zwei Varianten, die Konfliktpotenzial bergen:
- Zusicherungen nach dem Vorbild des Artikels 5 des Nato-Vertrages: Dieser Artikel besagt, dass Bündnispartner im Fall eines Angriffs auf die Unterstützung der Alliierten zählen können und eine Attacke auf ein Mitglied als ein Angriff auf alle gewertet wird. Nato-Generalsekretär Mark Rutte betonte in Washington, dass es zwar nicht um eine volle Mitgliedschaft der Ukraine in der Allianz gehe, aber Artikel-5-ähnliche Zusicherungen weiterhin auf dem Tisch seien. Was sie umfassen sollen, werde nun im Detail besprochen.
- Friedenstruppen für die Ukraine: Rutte, Merz und auch Trump ließen offen, wie genau eine solche Truppe aussehen könnte. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach von «Rückversicherungstruppen auf dem Meer, in der Luft und am Boden», die von den Verbündeten der Ukraine zur Verfügung gestellt werden könnten.
Macron betrachtet eine starke ukrainische Armee, die gegen jeden Angriff bestehen kann, als eine der erforderlichen Sicherheitsgarantien. Selenskyj äußerte sich ähnlich. Rutte betonte im US-Sender Fox News, dass Russland nach einem Friedensabkommen niemals wieder versuchen dürfe, auch nur einen Quadratmeter ukrainischen Boden zu erobern.
Was sagt Moskau dazu?
Nach dem Treffen mit Trump in Alaska erwähnte Putin auch Sicherheitsgarantien für die Ukraine, aber er ging nicht näher darauf ein. Das russische Außenministerium bestätigte am Tag der Gespräche in Washington, dass Russland keine Truppen aus NATO-Staaten zur Sicherung des Friedens nach einem Waffenstillstand in der Ukraine akzeptieren würde. Moskau warnte vor einer Eskalation und einem möglichen globalen Konflikt in einem solchen Szenario.
Gibt es eine Waffenruhe oder nicht?
Es ist total unklar. Die Aussagen der verschiedenen Beteiligten sind unterschiedlich. Trump hatte ursprünglich eine sofortige Waffenruhe für die Ukraine gefordert. Nach seinem Treffen mit Putin, der in dieser Hinsicht keine erkennbare Kompromissbereitschaft signalisierte, war davon keine Rede.
Kanzler Merz sagte nun in Washington: «Ich kann mir nicht vorstellen, dass das nächste Treffen ohne eine Feuerpause stattfindet.» Allerdings kassierte Selenskyj seine schon länger bestehende Forderung nach einer Waffenruhe ein, die es vor einem Treffen mit Putin geben müsse. «Ich finde, dass wir uns ohne irgendwelche Vorbedingungen treffen und darüber nachdenken müssen, wie dieser Weg zur Beendigung des Krieges weitergehen könnte», sagte er nach den Gesprächen im Weißen Haus.
Was ist mit Gebietsabtretungen an Russland?
Russland hat immer darauf bestanden, dass die Ukraine den Verlust ihrer eigenen Gebiete anerkennen muss, um einen Waffenstillstand zu erreichen. Die annektierten ukrainischen Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson werden seit 2022 in der russischen Verfassung als neue Regionen aufgeführt.
Moskau schlug in einem Memorandum vor, dass die ukrainischen Streitkräfte sich vollständig aus den noch nicht ganz von russischen Truppen kontrollierten Gebieten Luhansk und Donezk zurückziehen sollen, als Bedingung für einen Waffenstillstand. In Donezk befinden sich die strategisch wichtigen Städte Kramatorsk und Slowjansk, die von Kiew noch gehalten werden und nicht aufgegeben werden sollen.
Es wird spekuliert, dass Russland besetzte Teile der ukrainischen Gebiete Sumy, Charkiw, Dnipropetrowsk und Mykolajiw aufgeben könnte, um dafür die volle Kontrolle über Donezk und Luhansk zu erhalten. Die Zukunft der Gebiete Saporischschja und Cherson ist ebenfalls ungewiss. Obwohl sie jeweils zu mehr als 50 Prozent unter russischer Kontrolle sind, behält Kiew weiterhin das Sagen in den Hauptstädten der Regionen.
Selenskyj betonte mehrmals, dass die ukrainische Verfassung keinen Verzicht auf Gebiete oder den Tausch von Land zulässt. Er äußerte auch den Wunsch, territoriale Fragen direkt mit Putin zu verhandeln. Die europäischen Verbündeten unterstrichen, dass die Ukraine selbst über einen Verzicht auf Gebiete entscheiden müsse, wie es von Russland gefordert wurde.
Was ist die Rolle Deutschlands?
Deutschland steht weiterhin eng an der Seite der Ukraine. Kanzler Merz hat eine führende Rolle unter den europäischen Verbündeten. Er sagte in Washington, das geplante Treffen zwischen Putin und Selenskyj müsse gut vorbereitet werden. «Das werden wir auch mit Präsident Selenskyj tun.»
Es gibt schwierige Diskussionen über die Beteiligung Deutschlands an Sicherheitsgarantien für die Ukraine nach einem Friedensabkommen. Die zentrale Frage ist, ob Deutschland 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Bundeswehr-Truppen in die Ukraine entsenden sollte.
Merz sagte, der Umfang der Sicherheitsgarantien müsse in Europa und in der Koalition in Berlin besprochen werden – «bis hin zu der Frage, ob wir hier möglicherweise mandatspflichtige Beschlüsse zu fassen haben». Noch sei es zu früh, um darauf eine endgültige Antwort zu geben. Mandatspflichtige Beschlüsse bedeutet: Der Bundestag müsste darüber entscheiden, Bundeswehrsoldaten in die Ukraine zu schicken.
Wie optimistisch sind die Europäer?
Nach dem Gipfel war Erleichterung herauszuhören. So sagte Merz zum Beispiel: «Meine Erwartungen sind eigentlich nicht nur getroffen, sondern übertroffen worden.» Er wolle nicht verhehlen, dass er unsicher gewesen sei, ob das Treffen so ausgehen werde. «Das hätte auch anders verlaufen können.»
Es gab aber auch andere Zwischentöne. Der finnische Präsident Alexander Stubb sagte dem US-Sender CNN nach dem Treffen, die grundlegenden strategischen Ziele Putins hätten sich nicht geändert. Der Kremlchef wolle Russland als Supermacht sehen. «Er möchte den Westen spalten.» Und er wolle der Ukraine die Souveränität nehmen, ergänzte der Finne, dessen Land direkt an Russland grenzt.