Genehmigungen und Exporte erreichen dreistelligen Millionenbereich, trotz vorheriger Zurückhaltung der Bundesregierung.
Deutsche Rüstungsexporte in die Türkei steigen wieder an
Die Bundesregierung erlaubt nach langjähriger Zurückhaltung wieder verstärkt Rüstungsexporte in die Türkei. Bis zum 13. Oktober dieses Jahres wurden bereits 69 Genehmigungen im Wert von 103 Millionen Euro erteilt. Darunter befanden sich Kriegswaffen im Wert von 840.000 Euro. Dies geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der BSW-Abgeordneten Sevim Dagdelen hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Der Wert der genehmigten Exporte für die Türkei liegt erstmals seit 2011 wieder im dreistelligen Millionenbereich. Von den Exporten in Höhe von 101,1 Millionen Euro entfallen einige auf Gemeinschaftsprojekte mit anderen Ländern.
28 Torpedos und 101 Lenkflugkörper genehmigt
Offenbar sind noch nicht alle Exporte in die Statistik eingeflossen, über die Wirtschaftsminister Robert Habeck den Wirtschaftsausschuss des Bundestags am 30. September informiert hat. Der Bundessicherheitsrat hat Thyssenkrupp Marine Systems und Atlas Elektronik die Genehmigung für den Export von 28 Torpedos des Typs Seahake (Seehecht) inklusive Zubehör und Ersatzteilen im Wert von 156 Millionen Euro erteilt. Zudem wurde die Lieferung von 101 Lenkflugkörpern des Herstellers MBDA genehmigt, deren Wert nicht bekannt gegeben wurde.
Türkei will auch Eurofighter-Kampfjets
Am Nachmittag wird Scholz den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Istanbul treffen. Das Thema Rüstungsexporte dürfte bei ihrem Gespräch eine Rolle spielen. Erdogan hatte bei seinem Berlin-Besuch vor einem Jahr klargemacht, dass er sich wieder eine stärkere Kooperation im Rüstungsbereich wünscht. «Unser Nato-Verbündeter Deutschland muss natürlich auch mit entschlossenen Schritten vorangehen, wenn wir beispielsweise von Rüstungsgütern, der Industrie und dem Export sprechen. Das muss ungehindert möglich sein», sagte er.
Die Türkei will unter anderem 40 Eurofighter-Kampfjets kaufen, die von Deutschland mitproduziert werden. Die Bundesregierung muss dafür ihre Zustimmung erteilen. Eine Entscheidung ist zwar noch nicht gefallen. Kanzler Scholz zeigte sich beim EU-Gipfel in Brüssel am Donnerstag aber einverstanden damit, dass Großbritannien mit der Türkei über einen solchen Deal verhandelt. «Das ist aber ganz früh am Anfang, und deshalb haben wir gesagt: Verhandelt einmal», sagte er.
2016 wurden Exporte deutlich zurückgefahren
Bis zum gescheiterten Militärputsch in der Türkei 2016 hatte die Bundesregierung in großem Umfang Rüstungsexporte in das Land genehmigt, darunter die Lieferung von Bauteilen für sechs U-Boote, die von Griechenland heftig kritisiert wurde.
Die Exportgenehmigungen wurden nach dem Putschversuch und dem Einmarsch türkischer Truppen in Syrien stark reduziert und betrugen in den letzten Jahren nur noch im niedrigen zweistelligen oder sogar einstelligen Millionenbereich. Im Jahr 2021 genehmigte die Bundesregierung Ausfuhren im Wert von 11,1 Millionen Euro, im Jahr 2022 waren es 4,5 Millionen Euro und bis zum 3. Dezember 2023 beliefen sie sich auf 1,2 Millionen Euro. Eine Gesamtzahl für 2023 wurde vom Wirtschaftsministerium noch nicht veröffentlicht.
BSW-Politikerin Dagdelen: «Politische Bankrotterklärung»
Die BSW-Politikerin Dagdelen kritisierte den Anstieg bei den Exportgenehmigungen scharf. «Die Ampel-Regierung hat jede Zurückhaltung bei Rüstungsexporten in Kriegs- und Spannungsgebiete aufgegeben», sagte sie. «Die massiven Waffenexporte an den türkischen Präsidenten Erdogan sind eine moralische sowie politische Bankrotterklärung.»