In weiten Teilen des Landes gab es erneut Luftalarm und Berichte über den Einsatz der Luftabwehr. Präsident Selenskyj gibt Anweisung, mehr Abfangdrohnen zu produzieren und Drohnenpiloten auszubilden.
Russland attackiert Ukraine erneut mit Kampfdrohnen

Russland hat erneut Ziele in der Ukraine mit Dutzenden Kampfdrohnen angegriffen. In Tschuhujiw, einer Stadt im Osten der Ukraine, wurden bei einem Drohnenangriff mindestens drei Menschen verletzt, darunter ein zwölfjähriger Junge, wie Militärgouverneur Oleh Synjehubow bei Telegram bekannt gab. In Kupjansk wurden außerdem zwei Menschen verletzt.
Auch aus der Hauptstadt Kiew gab es am Abend und in der Nacht erneut Berichte über Flugabwehrfeuer. Medienberichten zufolge suchten erneut viele Menschen Schutz in U-Bahnschächten und anderen Schutzräumen. In verschiedenen Teilen des Landes gab es immer wieder Luftalarm, darunter im grenznahen Gebiet Sumy im Norden, in Donezk und Charkiw im Osten sowie Dnipro und Saporischschja im Südosten. Über Schäden und Opfer war zunächst nichts bekannt.
Die Ukraine hat ihrerseits Ziele in Russland angegriffen. In der südrussischen Region Rostow und in der Region Smolensk südwestlich der Hauptstadt Moskau wurden nach offiziellen Angaben feindliche Drohnen abgefangen. Die Angaben beider Seiten konnten nicht unabhängig überprüft werden.
Die Ukraine kämpft seit über drei Jahren gegen einen russischen Angriffskrieg und drängt die westlichen Verbündeten aufgrund konzentrierter Luftangriffe verstärkt zur Lieferung neuer Flugabwehrsysteme.
Selenskyj: 550 Drohnen, Raketen und Marschflugkörper in Vornacht
Bei einem der schlimmsten russischen Luftangriffe gegen die ukrainische Hauptstadt Kiew waren in der Nacht zu Freitag etwa zwei Dutzend Menschen verletzt worden. In einer «brutalen und schlaflosen Nacht» habe Russland bei diesen «zynischen Angriffen» 550 Drohnen, Raketen und Marschflugkörper eingesetzt, schrieb Präsident Wolodymyr Selenskyj auf X.
Behörden berichteten auch von einem Toten, der aus den Trümmern gezogen wurde. Selenskyj forderte den Westen erneut auf, bei der Stärkung seiner Flugabwehr zu helfen. «Patriots und die Raketen dafür sind wahre Beschützer des Lebens», sagte er. Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha sprach von einer der schlimmsten Nächte seit Kriegsbeginn vor mehr als drei Jahren.
Die Ukraine hat bei der Verteidigung gegen den massiven russischen Angriff auf Kiew eigenen Angaben zufolge erfolgreich Abfangdrohnen eingesetzt. Präsident Selenskyj sagte in seiner täglichen Videobotschaft, dass Dutzende russische Schaheds mit Abfangdrohnen abgeschossen wurden. Er ordnete die Produktion von mehr solchen Abfangdrohnen an und die Ausbildung von Drohnenpiloten für den Einsatz.
Selenskyj und Trump telefonieren zu Waffenlieferungen
Vor dem Hintergrund eines Teilstopps amerikanischer Waffenlieferungen telefonierte Selenskyj unterdessen mit US-Präsident Donald Trump. «Wir haben über Möglichkeiten für die Flugabwehr gesprochen und vereinbart, dass wir an einem besseren Schutz des Luftraums arbeiten werden», schrieb der ukrainische Staatschef bei Telegram.
Zudem habe man «detailliert» über die Kapazitäten der Rüstungsindustrie und gemeinsame Produktionen gesprochen. Selenskyj bezeichnete das Gespräch als «wichtig und nützlich». Ob die seit einigen Tagen zurückgehaltenen Waffen nun geliefert werden, sagte er nicht.
Vor Kurzem hat das Pentagon beschlossen, bereits vereinbarte Waffenlieferungen an die Ukraine aufgrund einer Bestandsrevision zurückzuhalten. Darunter fallen auch die wichtigen Patriot-Raketen für die ukrainische Flugabwehr.
IAEA: Ukrainisches AKW Saporischschja zeitweise ohne Strom
Laut der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) hat das ukrainische Kernkraftwerk Saporischschja nach einem vorübergehenden Stromausfall wieder Energie erhalten. IAEA-Chef Rafael Grossi betonte, dass der Ausfall dreieinhalb Stunden dauerte und die prekäre Sicherheitslage verdeutlichte. Die Reparatur wurde zuvor von der von Russland eingesetzten Kraftwerksleitung und den ukrainischen Netzbetreibern bestätigt.
Laut Angaben des Betreibers sei dies bereits das neunte Mal während des Ukraine-Kriegs und das erste Mal seit Ende 2023 gewesen. Das Kernkraftwerk musste vorübergehend auf den Strom seiner Notstrom-Dieselgeneratoren zurückgreifen. Die Kühlsysteme der heruntergefahrenen Reaktoren benötigen eine stabile Stromversorgung.
Das AKW Saporischschja, das von Russland besetzt ist, ist die größte Atomanlage Europas. Die sechs Atomreaktoren sind seit geraumer Zeit abgeschaltet. Die ukrainische Seite führt die Situation auf russischen Beschuss zurück.
Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine spielt die IAEA eine wichtige Rolle beim Schutz und der Überwachung der ukrainischen Kernkraftwerke. Regelmäßig entsendet sie Expertenteams zu den aktiven Reaktorstandorten in Riwne und Chmelnyzkyj und ist seit September 2022 dauerhaft im Atomkraftwerk Saporischschja tätig, das seit März 2022 unter russischer Kontrolle steht.