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Russland attackiert Ukraine mit vielen Drohnen

Die EU-Staaten zerbrechen sich den Kopf über einen Ausweg aus Russlands Krieg gegen die Ukraine. Die Lage für die Verteidiger wird ernster. An einem Frontabschnitt droht Soldaten die Einkesselung.

Russische Truppen rücken immer dichter auf die ukrainische Stadt Pokrowsk vor.
Foto: Efrem Lukatsky/AP/dpa

Russland hat die Ukraine nach einer kurzen Pause über Nacht erneut mit einer großen Anzahl von Kampfdrohnen angegriffen. Am Donnerstagabend wurde in der Hauptstadt Kiew der erste Luftalarm seit vier Tagen ausgelöst. Die ukrainische Luftwaffe meldete auf ihrem Telegram-Kanal das Auftauchen feindlicher Kampfdrohnengruppen in fast allen Gebieten der Mitte, des Nordens und des Ostens des Landes.

«Achtung! Stadt Kiew! Bleiben Sie in Schutzräumen. Feindliche Kampfdrohne im Anflug von Norden», wurden die Bürger der Metropole gewarnt. In einem Stadtteil dicht am Zentrum fielen nach Angaben von Bürgermeister Vitali Klitschko Teile einer Drohne nieder, ohne einen Brand zu verursachen oder Menschen zu verletzen. 

Es wurde berichtet, dass Explosionen aus Sumy, Charkiw und aus Wynnyzja im Westen kamen. Es gab zunächst keine genauen Angaben zu den Schäden. Neben den Drohnen setzte die russische Armee laut Armeeangaben auch lenkbare Gleitbomben ein, die von Flugzeugen abgeworfen wurden. In den letzten Wochen hat Russland die Angriffe mit Kampfdrohnen iranischer Bauart verstärkt und manchmal mehr als 100 Fluggeräte in einer Nacht eingesetzt. Auf der anderen Seite hat Russland nach Angaben des Moskauer Militärs zahlreiche ukrainische Drohnen in den Grenzgebieten Belgorod und Rostow abgeschossen.

Ukrainischen Soldaten droht Einkesselung bei Kurachowe

An der Front in der Ostukraine verschlechtert sich die Lage der ukrainischen Verteidiger indes weiter. Nach Angaben ukrainischer Militärbeobachter drohte einer ungenannten Zahl von Soldaten die Einkesselung südlich von Kurachowe im Gebiet Donezk. Sie hatten dort lange Stellungen auf beiden Seiten des Flusses Suchi Jaly gehalten, doch schneidet das Vorrücken der Russen in den Ort Uspeniwka ihren Abzugsweg ab. «Es ist schwer zu verstehen, welchen Sinn es hat, den “Sack von Uspeniwka” zu halten, wenn der Feind weiterhin schrittweise Kurachowe einnimmt», hieß es auf dem Militärblog «DeepState».

Der Generalstab gab keine detaillierten Informationen zur Situation an diesem Frontabschnitt, sondern erwähnte lediglich die heftigen Kämpfe um Kurachowe. Auch Pokrowsk sei umkämpft. Weitere Zivilisten wurden aus dieser Stadt in Sicherheit gebracht, die bisher dort verblieben waren.

Selenskyj in Fast-Frontstadt Saporischschja

Zwei Tage nach einem russischen Raketenangriff mit elf Toten reiste der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in die ebenfalls immer stärker vom Krieg betroffene Großstadt Saporischschja. Er besuchte die beschädigte Klinik, in der am Dienstag eine Rakete eingeschlagen war, und gedachte der Opfer. Ebenso besichtigte er eine neu gebaute unterirdische Schule für 1.000 Kinder.

 

https://x.com/ZelenskyyUa/status/1867262033424506958

«Es gibt viel zu tun in Saporischschja: die Sicherheitslage, der Schutz des Himmels», sagte Selenskyj in einer Videobotschaft. In der Stadt im Süden, die vor dem russischen Angriffskrieg 700.000 Einwohner hatte, beriet der Präsident mit dem Militär über die Lage an der näher rückenden Front. Sollten ukrainische Truppen die letzten Städte im östlichen Gebiet Donezk räumen müssen, sind es bis Saporischschja am Dnipro nur 130 Kilometer offenes Steppenland.

Jermak: Ukraine zu schwach für Verhandlungen mit Moskau

Zur laufenden internationalen Diskussion über Auswege aus dem Krieg sagte der ukrainische Präsidialamtschef Andrij Jermak, das Land sei derzeit nicht stark genug für Verhandlungen mit Moskau. «Heute sind wir noch nicht so weit. Uns fehlen Waffen, uns fehlt ein Status», sagte er im ukrainischen TV. «Wir sprechen über eine Einladung in die Nato und klare Garantien, die sicherstellen würden, dass (Kremlchef Wladimir) Putin nicht in zwei oder drei Jahren zurückkehrt.»

In Berlin versprachen die Außenminister mehrerer europäischer Länder der Ukraine eine feste Unterstützung und die Bereitschaft, tragfähige Sicherheitsgarantien zu geben, falls es nach der Amtsübernahme von Donald Trump als US-Präsident im Januar zu Verhandlungen über einen Waffenstillstand kommen sollte. Es ist unklar, wie diese Garantien aussehen könnten. Pläne für eine europäische Friedenstruppe sind derzeit nicht konkret. In Warschau diskutierten am Mittwoch der polnische Ministerpräsident Donald Tusk und der französische Staatschef Emmanuel Macron über die Situation. Macron forderte eine enge Zusammenarbeit mit den USA.

Die abtretende US-Regierung unter Präsident Joe Biden stellt der Ukraine weitere Waffen zur Verfügung, um die Abwehr des russischen Angriffskriegs zu unterstützen. Das Hilfspaket hat einen Umfang von 500 Millionen US-Dollar (rund 477 Millionen Euro), wie das US-Außenministerium mitteilte. Es umfasst unter anderem Systeme zur Drohnenabwehr, Munition für das Raketenwerfersystem vom Typ Himars sowie gepanzerte Fahrzeuge. Erst vor wenigen Tagen hatte die US-Regierung ein Paket im Umfang von rund 988 Millionen US-Dollar (rund 935 Millionen Euro) bekanntgegeben.

Unter der Führung von Demokrat Biden sind die USA der größte Lieferant von Waffen und der wichtigste politische Unterstützer der Ukraine. Allerdings steht am 20. Januar ein Machtwechsel in Washington an – und es wird erwartet, dass sich die Politik in Bezug auf die Ukraine unter Trump deutlich ändern wird. In Kiew gibt es Bedenken, dass der Republikaner die US-Militärhilfe drastisch kürzen könnte. Aus diesem Grund hat die Regierung unter Biden das Ziel, alle bereits vom Kongress genehmigten Mittel in den verbleibenden Wochen schnell und effektiv einzusetzen.

Deutsche Löschroboter in der Ukraine im Einsatz 

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze schloss einen Besuch in Kiew ab, bei dem sie Ausrüstung übergab, die dazu beitragen soll, das beschädigte ukrainische Energiesystem winterfest zu machen. Zuletzt ließ sich die SPD-Politikerin in einer Feuerwache den Einsatz ferngesteuerter Löschroboter aus Deutschland zeigen.

Die ukrainische Vizeregierungschefin Julia Swyrydenko erinnerte bei einer Pressekonferenz mit Schulze daran, dass Deutschland die Ukraine bereits mit 37 Milliarden Euro seit Kriegsbeginn unterstützt habe. «Mir scheint, diese Summe ist die größte von allen Hilfen europäischer Staaten», sagte Swyrydenko. Sie würdigte auch ein Umschulungsprojekt in Deutschland und anderen Ländern für geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer. Die neuen Kenntnisse würden dem Land nach deren Rückkehr zugutekommen.

dpa