Im Zuge seines Krieges gegen die Ukraine hat Putin oft auch auf Russlands Atomwaffen verwiesen. Das sollte westliche Nuklearmächte abschrecken, der Ukraine zu helfen – und wird nun verankert.
Russland erweitert Doktrin zum Einsatz seiner Atomwaffen
Die Atommacht Russland passt laut Kremlchef Wladimir Putin ihre Doktrin zum Einsatz von Nuklearwaffen an die angespannte internationale Lage an. Putin sagte bei einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrats im Kreml in Moskau, dass die Liste der militärischen Bedrohungen, gegen die Atomwaffen zur Abschreckung eingesetzt werden können, erweitert wurde.
Die Gefahr, dass westliche Atommächte wie die USA und Frankreich Ziel eines russischen Gegenschlags werden könnten, steigt vor allem mit der neuen Doktrin, sollten sie die kernwaffenfreie Ukraine bei einer Aggression gegen Russland unterstützen.
Wörtlich sagte Putin: «Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit noch auf etwas anderes lenken: In der aktualisierten Fassung des Dokuments wird vorgeschlagen, dass eine Aggression gegen Russland durch einen Nicht-Kernwaffenstaat, aber mit Beteiligung oder Unterstützung eines Kernwaffenstaates, als gemeinsamer Angriff auf die Russische Föderation betrachtet werden sollte.» Der Kreml veröffentlichte ein Video der Rede Putins zu Beginn des Treffens des Sicherheitsrats-Gremiums zur atomaren Abschreckung.
Putin: Schutz gilt auch für Belarus
Putin betonte, dass sich die neu gefassten Dokumente zum Einsatz strategischer Atomwaffen auch auf das benachbarte Belarus bezögen, das mit Russland einen Unionsstaat bildet. Dort hatte Putin bereits Nuklearwaffen stationieren lassen. Experten des Verteidigungs- und des Außenministeriums, des Sicherheitsrats und anderer Behörden hätte die Doktrin ausgearbeitet. «Wir sehen, dass sich die aktuelle militärisch-politische Lage dynamisch verändert», sagte Putin.
Laut Putin ist der Einsatz von Atomwaffen möglich, wenn die Existenz beider Staaten durch Angriffe mit konventionellen Waffen bedroht ist. Er betonte, dass dies beispielsweise bei massiven Luftangriffen mit Kampfflugzeugen, Marschflugkörpern, Drohnen, Hyperschallwaffen und anderen Flugobjekten der Fall sein könnte. Es wurde jedoch festgelegt, dass der Einsatz von Nuklearwaffen die äußerste Maßnahme zum Schutz der staatlichen Souveränität darstellt.
Putin hat während seines Krieges mehrmals mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht und das Arsenal in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Angesichts der Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine diskutiert Russland schon seit einiger Zeit eine Änderung seiner Atomdoktrin. Es wurde auch immer wieder über die Möglichkeit eines Präventivschlags gesprochen. Bisher erlaubt die Doktrin nur den Einsatz von Atomwaffen als Reaktion. Putin betonte, dass Russland immer verantwortungsbewusst mit Atomwaffen umgegangen sei.
Ukraine fordert Freigabe von Waffen mit großer Reichweite
Putins Auftritt im Sicherheitsrat, darunter der Verteidigungsminister und die Geheimdienstchefs, ging vor dem an diesem Donnerstag in den USA geplantem Treffen von Präsident Joe Biden mit dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj über die Bühne. Dabei will Selenskyj seinen «Siegesplan» vorstellen im Abwehrkampf gegen den russischen Angriffskrieg. Er fordert etwa die Freigabe reichweitenstarker Waffen für Schläge gegen militärische Ziele weit im russischen Hinterland.
Die Lieferung weitreichender Präzisionswaffen an die Ukraine hat Kanzler Scholz aber auch für die Zukunft und unabhängig von Entscheidungen der Bündnispartner ausgeschlossen. Erst kürzlich bekräftigte er sein Nein zur Lieferung der Marschflugkörper Taurus mit einer Reichweite von der Ukraine bis nach Moskau (etwa 500 Kilometer) mit der Begründung, dass das «eine große Eskalationsgefahr» mit sich bringen würde. Die Nato-Partner und Atommächte USA, Großbritannien und Frankreich haben Marschflugkörper mit Reichweiten bis zu 300 Kilometern geliefert.
[Putin passt Atomwaffendoktrin an,erhöhte Gefahr für westliche Atommächte bei Aggression gegen Russland.],Putin betont, dass Atomwaffen nur äußerste Maßnahme zur Verteidigung der Souveränität sind.