In der kommenden Woche sollen in Saudi-Arabien Gespräche über eine begrenzte Waffenruhe zwischen Russland und der Ukraine beginnen. In der Nacht kämpfen die Kriegsparteien erbittert weiter.
Russland greift Ukraine vor Treffen zu Waffenruhe massiv an
Kurz vor geplanten Verhandlungen über eine begrenzte Waffenruhe im Ukraine-Krieg hat Russland das Nachbarland in der Nacht erneut mit heftigen Angriffen überzogen. Die südukrainische Hafenstadt Odessa wurde Ziel eines massiven russischen Drohnenangriffs. «Odessa brennt, russische Drohnen treffen zivile Objekte der Stadt», schrieb der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, bei Telegram. Es gebe Verletzte.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk der Ukraine hatte zuvor über mehr als 15 Explosionen in der Stadt berichtet. Videos in sozialen Netzwerken zeigten vermeintliche Einschläge und Brände. In einigen Teilen der Stadt kam es zu Stromausfällen.
Auch in der südostukrainischen Industriestadt Saporischschja gab es Drohnenangriffe. Laut Angaben des staatlichen Rettungsdienstes wurden mindestens fünf Personen verletzt, darunter ein Kind. Mehrere Wohnhäuser und Autos gerieten demnach in Brand.
Militärnaher Blog: Vorstöße nahe Saporischschja und in Kursk
Der ukrainische militärnahe Blog «DeepState» berichtete in der Nacht von russischen Vorstößen in der Nähe von Saporischschja sowie im russischen Gebiet Kursk. Russland hatte immer wieder angekündigt, die Region Kursk komplett zu befreien.
Die ukrainischen Truppen waren Anfang August dort eingedrungen, um Russland in seinem Angriffskrieg zusätzlich zu belasten. Die Truppen aus Kiew erlangten die Kontrolle über Dutzende von Ortschaften in der Nähe der Grenze, einschließlich der Stadt Sudscha. Zuletzt hatten die russischen Truppen einige Orte wieder eingenommen.
Die Ukraine kämpft seit mehr als drei Jahren gegen eine russische Invasion. Beide Kriegsparteien haben kürzlich ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt, Angriffe auf die Energieinfrastruktur des Gegners zu unterlassen. Einzelheiten der möglichen Vereinbarung sollen erst bei Gesprächen mit den USA am Montag in Saudi-Arabien ausgearbeitet werden.
Geplante Gespräche über Waffenruhe
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die geplanten Gespräche bei einem Besuch in Norwegen bestätigt. Demnach soll ein «technisches Team» aus der Ukraine nach Saudi-Arabien reisen.
«Ich verstehe die Struktur so: Es wird ein Treffen der Ukraine mit Amerika geben und danach – wie die amerikanischen Partner gesagt haben – Pendeldiplomatie: danach Amerika mit Russland», sagte der Ukrainer in Oslo. Der US-Sondergesandte für die Ukraine, Keith Kellogg, sagte dem US-Sender ABC, die Gespräche könnten auch parallel ablaufen.
Der Fokus liegt zunächst auf einer Waffenruhe, die sich auf Energieanlagen beschränkt. Eine solche Waffenruhe könnte der erste Schritt zu einem vollständigen Waffenstillstand und einem Ende des Krieges sein. Sowohl Russlands Präsident Wladimir Putin als auch Selenskyj hatten bereits grundsätzlich einem vorübergehenden Stopp von Angriffen auf Energieinfrastruktur im Feindesland zugestimmt, während sie mit US-Präsident Donald Trump telefonierten.
Macron lädt «Koalition der Willigen» zu neuem Ukraine-Gipfel
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat für den kommenden Donnerstag ein weiteres Gipfeltreffen von Unterstützern der Ukraine nach Paris eingeladen. Das Ziel ist, in Anwesenheit von Selenskyj die Arbeit zur Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte abzuschließen und zu definieren, welchen Beitrag europäische Streitkräfte zur Sicherheitsgarantie des Landes leisten könnten, sagte Macron bei einem EU-Gipfel in Brüssel. Der Fokus liegt darauf, eine erneute russische Invasion zu verhindern.
Macron betonte, dass die Ukraine „glaubwürdige Unterstützung“ benötige, um sicherzustellen, dass „ein wie auch immer gearteter Waffenstillstand in der Zukunft auch halte“. Dies würde auch ihre Position in möglichen Verhandlungen stärken.
Bodentruppen aus Großbritannien und Frankreich?
Das Treffen in Paris soll auf Fortschritte aufbauen, die am Donnerstag bei Beratungen auf Militärebene in London erzielt wurden. An ihnen hatten sich gut zwei Dutzend europäische und andere Staaten beteiligt. An bisherigen Gesprächen der «Koalition der Willigen» hatten auf politischer Ebene bisher neben Staats- und Regierungschefs europäischer Nato-Länder auch Vertreter Australiens, Kanadas, Neuseelands und der Türkei teilgenommen.
In den Diskussionen wird unter anderem erörtert, ob und unter welchen Bedingungen europäische Streitkräfte im Falle eines Waffenstillstands zur Sicherung desselben beitragen könnten. Großbritannien und Frankreich haben grundsätzlich ihre Bereitschaft signalisiert, Bodentruppen in die Ukraine zu entsenden. Sie bestehen jedoch darauf, dass die USA im Falle einer Eskalation Absicherung gewähren.
EU will bis 2030 massiv aufrüsten
Die EU plant, bis zum Ende des Jahrzehnts aufgrund des anhaltenden Ukraine-Kriegs massiv aufzurüsten. Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten haben beim Frühjahrsgipfel in Brüssel beschlossen, die Verteidigungsbereitschaft Europas in den nächsten fünf Jahren entscheidend zu stärken. Laut einer am Abend veröffentlichten Erklärung ist das Ziel, sich auf die Möglichkeit eines großangelegten Krieges mit Russland vorzubereiten. Es wurden zunächst keine neuen größeren Hilfszusagen für die Ukraine gemacht.
Haushaltsausschuss stimmt über Milliarden für Ukraine ab
In Berlin wird heute der Haushaltsausschuss des Bundestages über ein Milliarden-Paket für zusätzliche Militärhilfe an die Ukraine entscheiden. Die Vorlage stammt aus dem Bundesfinanzministerium. Es handelt sich um zusätzliche drei Milliarden Euro für dieses Jahr und bis zu 8,3 Milliarden Euro für den Zeitraum von 2026 bis 2029.
Trump: Stehen kurz vor Rohstoff-Deal mit Ukraine
Der US-Präsident hat erneut eine baldige Unterzeichnung eines Abkommens über eine strategische Rohstoff-Partnerschaft mit der Ukraine in Aussicht gestellt. «Wir werden in Kürze ein Abkommen über seltene Erden mit der Ukraine unterzeichnen», sagte Trump im Weißen Haus.
Trump hatte unmittelbar nach seinem Amtsantritt im Januar die Unterstützung für die Ukraine, die von Russland angegriffen wurde, mit dem Zugang zu ihrem Vorrat an seltenen Erden verknüpft. Die Ausbeutung der Rohstoffe in der Ukraine wird als strategisch wichtig und wirtschaftlich lukrativ angesehen. Ein beträchtlicher Teil der Ressourcen befindet sich auch in den von Russland besetzten Gebieten der Ukraine.