Der Druck auf die ukrainischen Truppen an der Ostfront wächst, der Winter naht. Nato-Generalsekretär Rutte fordert mehr Hilfe für die Ukraine. Darum geht es heute auch bei einem Treffen in Brüssel.
Ukraine unter Druck – Nato-Chef fordert mehr Hilfe
Angesichts des wachsenden russischen Drucks an der Ostfront und des nahenden Winters fordert Nato-Generalsekretär Mark Rutte mehr Unterstützung für die Ukraine. «Wir müssen mehr tun, als nur die Ukraine im Kampf zu halten. Wir müssen die Kosten für (den russischen Präsidenten Wladimir) Putin und seine autoritären Freunde in die Höhe treiben, indem wir der Ukraine die Unterstützung zukommen lassen, die sie braucht, um den Verlauf des Konflikts zu ändern», sagte Rutte kurz vor einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris.
Der US-Außenminister Antony Blinken wird heute in Brüssel mit EU- und Nato-Vertretern über die weitere Unterstützung für die Ukraine diskutieren. Die Ukraine plant, vor dem Machtwechsel in den USA nach Donald Trumps Sieg bei der Präsidentenwahl die bisherigen Hilfszusagen Washingtons für ihre Streitkräfte vollständig zu nutzen.
Seit mehr als zweieinhalb Jahren führt Russland eine großangelegte Invasion gegen die Ukraine. Trotz Trumps Ankündigungen, den Krieg schnell beenden zu wollen, hat Moskau zuletzt Bereitschaft für Gespräche gezeigt. In der Ukraine und bei den westlichen Verbündeten herrscht die Sorge, dass Trump die Militärhilfe für Kiew stoppen könnte.
Rutte: «Wir müssen zusammenstehen»
Rutte betonte erneut, dass die westlichen Partner sich verpflichten müssten, den Kurs langfristig beizubehalten. Es sei entscheidend, die Unterstützung aufrechtzuerhalten, während sich die Ukrainer auf den womöglich härtesten Winter seit 2022 vorbereiten.
Nach dem Treffen mit Macron sagte Rutte, Russland setze nicht nur seinen Angriff auf die Ukraine fort, sondern rücke gleichzeitig immer näher an seine Verbündeten China, Iran und Nordkorea heran. «Wir müssen also zusammenstehen – Europa, Nordamerika und unsere globalen Partner -, um die Sicherheit und den Wohlstand unserer Bevölkerung zu gewährleisten», sagte Rutte. «Je mehr wir für die Verteidigung ausgeben, desto mehr verringern wir das Risiko künftiger Konflikte.» Der frühere niederländische Ministerpräsident hatte das Amt des Nato-Generalsekretärs am 1. Oktober übernommen.
USA: Tausende nordkoreanische Soldaten an Kampfhandlungen beteiligt
Tausende nordkoreanische Soldaten sind nach US-Angaben bei den Kämpfen in der russischen Grenzregion Kursk gegen ukrainische Soldaten im Einsatz. Die meisten der mehr als 10.000 in den Osten Russlands geschickten Nordkoreaner seien in das Gebiet Kursk geschickt worden, wo sie begonnen hätten, «gemeinsam mit den russischen Streitkräften in Kampfhandlungen einzutreten», sagte Außenamtssprecher Vedant Patel in Washington.
Wolodymyr Selenskyj, der Präsident der Ukraine, hatte bereits vor einigen Tagen erwähnt, dass einige der 11.000 nordkoreanischen Soldaten im russischen Grenzgebiet Kursk in Kämpfe mit der ukrainischen Armee verwickelt seien. Laut Selenskyj bindet die Ukraine durch den Vorstoß ihrer Truppen etwa 50.000 russische Soldaten im Frontgebiet. Diese könnten nicht an anderen Frontstellungen der Russen auf ukrainischem Gebiet eingesetzt werden.
Ukraine ringt um neue Hilfen
In der Zwischenzeit kämpft die Ukraine um weitere Militärhilfe von ihren Verbündeten. Verteidigungsminister Rustem Umjerow teilte im Kurznachrichtendienst X mit, dass er mit seinem US-Kollegen Lloyd Austin weitere Maßnahmen zur Stärkung der ukrainischen Streitkräfte besprochen habe. Es sei wichtig, dass die Soldaten bis zum Ende des Jahres alles erhalten, was sie benötigen. Einzelheiten wurden nicht genannt.
Laut Austins Ministerium erörterten die beiden Politiker auch den Eintritt nordkoreanischer Soldaten in den Kampf gegen die Ukraine. Dies stelle «eine erhebliche Eskalation des unprovozierten russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine» dar, hieß es. Austin habe die Zusage des scheidenden US-Präsidenten Joe Biden bekräftigt, die Hilfen für die Ukraine aufzustocken.
Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha traf sich mit der designierten EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas in Brüssel, um mit ihr über die Lage an der Front, die dringendsten Verteidigungsbedürfnisse seines Landes und über die Folgen der US-Präsidentenwahl zu sprechen. “Er sei überzeugt, dass die EU der Ukraine weiter starke Unterstützung leisten werde”, sagte Sybiha.
Aufgrund der fortwährenden Eroberung neuer Ortschaften im Osten der Ukraine durch russische Truppen und des Drucks auf die ukrainischen Truppen, sich zurückzuziehen, fordert die Führung in Kiew dringend zusätzliche und umfassendere Waffen sowie insgesamt entschlossenere Hilfe. Die Militärführung in Kiew hat die Situation im Donbass – im Osten der Ukraine – kürzlich als besonders schwierig bezeichnet.
Selenskyj spricht mit Trudeau und erlässt Sanktionen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte nach eigenen Angaben dem kanadischen Regierungschef Justin Trudeau bei einem Telefonat für die Unterstützung seines «Siegesplans», der auch die Einladung zur Nato-Mitgliedschaft und die Erlaubnis zum Einsatz weitreichender Waffen gegen Ziele im russischen Hinterland beinhaltet. Er habe mit Trudeau auch vor dem G20-Gipfel, der kommende Woche in Rio de Janeiro stattfindet, die weiteren Schritte der Unterstützung abgesprochen. Details nannte er nicht.
Selenskyj hat auch Dekrete über neue Sanktionen gegen russische Unternehmen und Personen erlassen, die für den Aggressor Moskau tätig waren. Der Präsident erklärte: “Die Ukraine wird sich nun dafür einsetzen, dass diese Strafmaßnahmen mit denen der Verbündeten in Einklang gebracht werden – darunter auch Sanktionen, die gegen die russische Luftfahrtinfrastruktur gerichtet sind.”
In seiner abendlichen Videobotschaft informierte Selenskyj auch darüber, dass es Soldaten in der Ukraine künftig leichter haben sollen, ihren Einsatzort zu wechseln. Es gebe viele Verteidiger, die innerhalb der ukrainischen Streitkräfte versetzt werden wollten, sagte Selenskyj. Für sie gebe es unbürokratische Lösungen. Das Verteidigungsministerium sei zuständig, das neue System nun einzuführen.