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EU-Sondertreffen zu Ukraine – Debatte um Gebietsabtretungen

US-Präsident Trump will mit Kremlchef Putin über ein Ende des Kriegs in der Ukraine verhandeln. Die EU-Außenminister wollen vorher nächste Schritte planen. Kiew warnt vor neuen Nebelkerzen Moskaus.

Nato-Generalsekretär Rutte hält Gespräche über ukrainische Gebiete für wohl unvermeidbar. (Archivfoto)
Foto: Soeren Stache/dpa

Vor dem Treffen von US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin zum Krieg in der Ukraine wird die Diskussion über mögliche Gebietsabtretungen des von Russland angegriffenen Landes intensiviert. Nato-Generalsekretär Mark Rutte betonte, dass Gespräche über die von Russland kontrollierten Gebiete in zukünftigen Verhandlungen wahrscheinlich sein werden. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, forderte, dass der Fokus nicht nur auf territorialen Fragen liegen sollte, sondern auch auf den Menschen. Die EU-Außenminister werden während einer Videokonferenz ihre nächsten Schritte besprechen.

«Europas Kerninteressen stehen auf dem Spiel», teilte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas vor der Sondersitzung am heutigen Montag mit. Sie betonte, dass jede Vereinbarung zwischen den USA und Russland die Ukraine und die EU einschließen müsse, «denn es geht um die Sicherheit der Ukraine und ganz Europas». Russlands Aggression dürfe nicht belohnt werden – die vorübergehend russisch besetzten Gebiete gehörten zur Ukraine.

Rutte: Nach Waffenruhe wird es um territoriale Fragen gehen

Nato-Generalsekretär Rutte betonte zwar, die Ukraine sei ein souveräner Staat, der seine geopolitische Zukunft selbst bestimme. Dem US-Sender ABC sagte er aber auch: «Wir müssen im Moment zur Kenntnis nehmen, dass Russland einen Teil des ukrainischen Territoriums kontrolliert.» Nach einer Waffenruhe werde sich die Frage stellen, wie es in territorialen Fragen und mit Blick auf mögliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine weitergehe. 

Trump und Putin treffen sich Freitag – ohne Selenskyj?

Am Freitag planen Trump und Putin, im US-Bundesstaat Alaska über eine potenzielle Friedenslösung für den seit etwa dreieinhalb Jahren anhaltenden russischen Angriffskrieg zu diskutieren. Trump betrachtet das Treffen in Alaska als Schritt in Richtung Beendigung der Kämpfe. Er erwähnte in diesem Zusammenhang einen möglichen Gebietstausch zwischen der Ukraine und Russland.

Wolodymyr Selenskyj, der Präsident der Ukraine, wurde nicht eingeladen. Er lehnt entschieden ab, auf Gebiete zu verzichten – und könnte dies auch nicht alleine entscheiden. Eine Abtretung würde eine Verfassungsänderung erfordern und wahrscheinlich schwere innenpolitische Unruhen auslösen.

Der US-Nato-Botschafter schließt allerdings eine Einladung an Selenskyj zu dem Treffen nicht aus. «Ich halte es durchaus für möglich», sagte Matthew Whitaker dem Sender CNN. Die Entscheidung werde von US-Präsident Trump getroffen. «Wenn er der Meinung ist, dass dies der beste Zeitpunkt ist, um Selenskyj einzuladen, dann wird er das tun», erklärte Whitaker. Bislang sei dazu noch keine endgültige Entscheidung gefallen, und es bleibe noch Zeit.

Mit Blick auf einen von Trump ins Spiel gebrachten «Gebietstausch» zwischen Russland und der Ukraine sagte Whitaker, es gehe darum, eine Einigung zu finden. Unterhändler berieten aktuell darüber, welche Gebiete betroffen sein könnten.

Selenskyj: Werden unsere Unabhängigkeit verteidigen

Selenskyj unterstrich in seiner abendlichen Videoansprache indirekt, dass er einen Deal zum Gebietstausch nicht akzeptieren werde. «Wir werden unser Land und unsere Unabhängigkeit auf jeden Fall verteidigen», betonte er. Und alles, was die Ukraine betreffe, müsse unter Beteiligung der Ukraine entschieden werden. 

In dem Treffen am Freitag sieht der ukrainische Präsident einen neuen Täuschungsversuch Moskaus. «Wir verstehen die Absicht der Russen, Amerika zu täuschen – das werden wir nicht zulassen», sagte Selenskyj. Er schätze die Entschlossenheit Trumps, den Krieg zu beenden. Dennoch sei der einzige Grund für das fortgesetzte Töten in der Ukraine der Wunsch Putins, Krieg zu führen «und alle zu manipulieren, mit denen er in Kontakt kommt». 

Botschafter Makeiev: Geht hier um Menschen

Angesprochen auf die Debatte, ob die Ukraine für einen Friedensschluss Teile ihres Staatsgebiets aufgeben sollte, sagte der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, im ZDF-«heute journal»: «Wir müssen verstehen, es geht nicht um Gebiete, es geht auch um Menschen.» Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer lebten heute unter russischer Besatzung. Da seien Hunderttausende Kinder, die zu russischen umerzogen würden. Auch welche Menschenrechtsverletzungen in den besetzten Gebieten passierten, «können wir uns kaum vorstellen, weil wir kaum Zugänge haben». Deswegen könnten es sich die Ukraine und Europa nicht leisten, dies Putin zu überlassen. 

Makeiev sagte, dass es für viele der kriegsmüden Menschen in der Ukraine nicht einfach sei, Gebiete abzutreten, da sie auch Verwandte in den besetzten Gebieten hätten.

Vance: USA werden Ukraine-Krieg nicht mehr finanzieren

US-Vizepräsident JD Vance bekräftigte unterdessen, dass sich die Vereinigten Staaten finanziell aus der Unterstützung der Ukraine zurückziehen wollen. Trump und er seien der Auffassung, «dass die USA mit der Finanzierung des Ukraine-Kriegsgeschäfts durch sind», sagte Vance dem Sender Fox News in einem Interview, das schon vor ein paar Tagen aufgezeichnet wurde. 

Man strebe nach einer friedlichen Lösung und wolle das Töten beenden. Die Amerikaner seien es leid, weiterhin ihre Steuergelder für diesen spezifischen Konflikt auszugeben, sagte Vance. Das Interview wurde vor der offiziellen Ankündigung des Treffens zwischen Trump und dem russischen Präsidenten Putin aufgezeichnet, aber erst am Sonntag vollständig ausgestrahlt.

Viele Verletzte bei russischem Luftschlag – Tote in Russland

Laut Militärverwalter Iwan Fedorow wurden bei einem russischen Luftangriff mit Flugzeugbomben auf die südukrainische Großstadt Saporischschja mindestens 20 Menschen verletzt. Eine der Gleitbomben traf den Busbahnhof im Zentrum.

Am späten Abend meldete Russland unter anderem zwei Tote bei einem ukrainischen Drohnenangriff in Tula. Unter Berufung auf den Gouverneur der Region berichtete die Nachrichtenagentur Tass von einem Luftangriff auf ein ziviles Unternehmen in der zentralrussischen Stadt – es habe dabei zudem drei Verletzte gegeben.

Am Abend berichtete Tass unter Berufung auf Behördenangaben über den Abschuss von Dutzenden Drohnen in verschiedenen Regionen. Die Ukraine setzt die Drohnenangriffe in ihrem Abwehrkampf gegen den seit fast dreieinhalb Jahren andauernden russischen Angriffskrieg ein, um Ziele im Hinterland des Gegners zu treffen und den militärischen Nachschub zu stören. Die Schäden und Opfer, die durch diese Angriffe verursacht werden, stehen in keinem Verhältnis zu den vielen Toten und Verletzten sowie den schweren Zerstörungen durch die russischen Attacken.

dpa