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Saalstreit entschieden: SPD behält Raum im Bundestag

Nach der Bundestagswahl schaukelt sich die Debatte immer mehr hoch. Am Ende zieht die AfD den Kürzeren. Die SPD muss ihren Sitzungssaal im Bundestag nicht für sie räumen.

Das Streitobjekt: Sitzungssaal «3 S 001» im Reichstagsgebäude. Die SPD-Fraktion hat ihm den Namen «Otto-Wels-Saal» gegeben.
Foto: Michael Kappeler/dpa

Die langwierige Saalschlacht zwischen SPD und AfD im Bundestag ist vorbei: Der Ältestenrat des Parlaments in Berlin hat mit Mehrheitsbeschluss entschieden, dass die AfD den ehemaligen Sitzungssaal der FDP-Fraktion erhält, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Parlamentskreisen erfuhr. Die SPD-Fraktion darf weiterhin ihren bisherigen, deutlich größeren Sitzungssaal behalten. Die fast verdoppelte AfD-Fraktion hatte Anspruch auf diesen erhoben.

Saalstreit wird zu Politikum

In Berlin ist aus einem verwaltungstechnischen Thema ein Politikum geworden. Die AfD hatte bei der Wahl Ende Februar 20,8 Prozent erreicht. Jetzt gibt es 151 AfD-Abgeordnete im Bundestag, vorher waren es 77. Die Partei argumentierte, dass sie als zweitgrößte Fraktion Anspruch auf den zweitgrößten Sitzungssaal im Parlament habe und forderte daher einen Umzug in den Saal, den bisher die SPD genutzt hatte. Die SPD ist seit der Wahl nur noch mit 120 Abgeordneten im Bundestag vertreten.

SPD: Brauchen als Regierungsfraktion den Platz

Die SPD entgegnete: Als Regierungsfraktion benötigt man den Raum für Besucher aus den Ministerien und die unmittelbare Nähe zum Koalitionspartner CDU/CSU – der Saal der Unionsfraktion befindet sich direkt neben dem SPD-Saal.

Und dann ist da noch die Sache mit dem Namen: Die SPD hat ihren Saal «Otto-Wels-Saal» genannt nach SPD-Chef Otto Wels, der im März 1933 in einer historischen Rede das Nein seiner Partei gegen das Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten begründet hatte, mit dem die Demokratie zerstört und den Nazis alle Macht übertragen wurde.

Er sei erleichtert über die Entscheidung des Ältestenrats, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Dirk Wiese. «Die Vorstellung, dass ausgerechnet die gesichert rechtsextreme AfD künftig in diesem Raum tagen sollte, war für meine Fraktion und mich und im übrigen auch für die Familie von Otto Wels unerträglich.» 

«Otto-Wels-Saal» oder Raum «3 S 001»?

Im Laufe der Debatte war allerdings auch klar geworden, den historischen Namen müsste die SPD gar nicht hergeben. «Der offizielle Name des Saales lautet 3 S 001, nicht Otto-Wels-Saal», teilte die Bundestagsverwaltung auf Nachfrage mit. Die SPD könnte demnach den Namen auch mitnehmen und einen anderen Sitzungssaal so nennen.

Vor wenigen Tagen, als sich abzeichnete, wie der Streit ausgehen würde, setzte sich die AfD-Fraktion medienwirksam probeweise in den ihr voraussichtlich zugewiesenen ehemaligen FDP-Saal, um zu zeigen, wie eng es ist. «T-online» berichtete über empörte Ausrufe von Abgeordneten wie «Sardinenbüchse». Es kam die Frage auf, ob Brand- und Arbeitsschutzvorgaben eingehalten würden. Von der Bundestagsverwaltung hieß es auf Nachfrage, der Bestuhlungsplan sei von einem Brandschutzgutachter geprüft und freigegeben worden.

In der Regel einigen sich die Fraktionen über die Verteilung der Räume im Bundestag. Da dies diesmal nicht geschah, kam es schließlich zu einer Abstimmung im zuständigen Ältestenrat, einem Gremium erfahrener Abgeordneter, das sich um Organisatorisches und Streitfragen kümmert. Die Sitze dort sind nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen verteilt. Die anderen Parteien entschieden dort mit ihrer Mehrheit gegen den Umzug der AfD in den bisherigen SPD-Sitzungssaal.

AfD reagiert mit scharfer Kritik – Linke: Kindergartenniveau

Die AfD reagierte mit scharfer Kritik. «Hier wird mit primitivsten Mitteln versucht, die stärkste Partei und größte Opposition zu schikanieren», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Stephan Brandner und sprach von einer «Schande für den Parlamentarismus». Aus anderen Parteien wurde das zurückgewiesen: Der von der AfD «inszenierte, überflüssige Raumstreit auf dem Niveau Große Kindergartengruppe» sei nun mit deutlicher Mehrheit endlich entschieden, sagte der Linken-Politiker Christian Görke. «Für die AfD waren in den letzten Wochen Statusfragen um Raumgrößen wichtiger, als sich um die Probleme der Menschen zu kümmern.»

dpa