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Schärfere EU-Asylregeln endgültig beschlossen

Weniger als ein Monat vor den Europawahlen stimmen die EU-Länder für schärfere Regeln im Asylrecht. Der Kanzler spricht von einer historischen Einigung. Doch es gibt Zweifel an der Wirksamkeit.

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Foto: ---/dpa-Infografik/dpa

Nach langjährigem Streit haben die EU-Mitgliedstaaten schließlich strengere Vorschriften im Asylrecht gebilligt. Der Ministerrat in Brüssel hat die Reformpläne angenommen. Zu den Kernpunkten gehören unter anderem schnelle Asylverfahren an den Außengrenzen und Unterstützung für die EU-Staaten, in denen besonders viele Migranten ankommen.

Die Bestätigung durch den Rat der Europäischen Union war der letzte erforderliche Schritt für die Reform. Es sind nun unter anderem einheitliche Verfahren an den Außengrenzen vorgeschrieben, um schnell festzustellen, ob Asylanträge unbegründet sind und Flüchtlinge dann schneller und direkt von der Außengrenze abgeschoben werden können. Asylgesuche von Personen aus Herkunftsstaaten mit einer EU-weiten Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent sollen bereits in Auffanglagern an den Außengrenzen geprüft werden. Dies könnte beispielsweise für Migranten aus Marokko, Tunesien oder Bangladesch gelten.

Jahrelang wurde über eine Reform diskutiert

Seit 2015 und 2016 wird intensiv an einer Asylreform gearbeitet. Zu dieser Zeit waren Länder im Süden Europas wie Griechenland mit einer großen Anzahl von ankommenden Menschen aus Ländern wie Syrien überfordert. Hunderttausende kamen unregistriert in andere EU-Staaten. Dies hätte eigentlich nicht geschehen sollen, da gemäß der sogenannten Dublin-Verordnung Asylbewerber ihr Verfahren dort durchlaufen sollen, wo sie zuerst in die Europäische Union eingereist sind.

Was künftig gelten soll 

Die Reform führt vor allem zu einem strengeren Umgang mit Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Ein Drittstaat kann nur als sicher eingestuft werden, wenn eine strenge Liste von Kriterien erfüllt ist. Dazu gehört beispielsweise die Gewährleistung von Leben und Freiheit des Antragstellers.

Auch die Verteilung der Schutzsuchenden auf die EU-Staaten wird mit einem «Solidaritätsmechanismus» neu geregelt. Damit sollen jene Länder, in denen viele Geflüchtete ankommen, entlastet werden – also beispielsweise Italien, Griechenland oder Spanien. Geplant ist, dass pro Jahr mindestens 30.000 Geflüchtete aus diesen Ländern in andere EU-Staaten umverteilt werden. Wenn die Länder keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, müssen sie Unterstützung leisten, zum Beispiel in Form von Geldzahlungen. 

Warum die neuen Vorschriften umstritten sind

Vorher gab es starke Kritik an der Reform, unter anderem, weil auch Familien mit Kindern in die streng kontrollierten Auffanglager kommen könnten. Die Bundesregierung und das Europaparlament hatten versucht, dies zu verhindern, scheiterten jedoch in den Schlussverhandlungen am Widerstand von Ländern wie Italien.

Kritik löste auch die Tatsache aus, dass abgelehnte Asylbewerber in Zukunft einfacher in sichere Drittstaaten abgeschoben werden können. Durch die Einigung können nun mehr Drittstaaten als sicher eingestuft werden, einschließlich bloßer Teilgebiete von Staaten. Nationale Einschätzungen können ebenfalls als Grundlage dienen.

Wie es weitergeht

Das Europaparlament hatte bereits zuvor die Reformpläne genehmigt. Nach der Bestätigung durch die EU-Länder werden sie nun im Amtsblatt veröffentlicht und treten 20 Tage später in Kraft. Den Angaben zufolge haben die Mitgliedstaaten nach Inkrafttreten zwei Jahre Zeit, um sie in nationales Recht umzusetzen. Dies soll den Ländern an den Außengrenzen genügend Zeit geben, entsprechende Einrichtungen zur Unterbringung von Menschen aus Staaten mit einer Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent zu schaffen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte vor Wochen an, dass Deutschland die notwendigen Anpassungen «sehr viel schneller vornehmen» werde. Die SPD-Politikerin hofft, dass die Reform die deutschen Grenzen und damit auch die Kommunen hierzulande entlasten wird. Europaweit werden in Deutschland die meisten Asylanträge gestellt.

Kanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete die Einigung der EU als “wirklich historisch”. “Wir haben nun in der EU eine deutlich verbesserte Grundlage: Für eine humane Begrenzung der irregulären Migration. Für zuverlässige Registrierungen an den Grenzen. Für einen solidarischen Ansatz, der auch Länder wie Deutschland und Schweden entlasten wird.

Polizeigewerkschaft: Migrationsdruck wird hoch bleiben

Die Deutsche Polizeigewerkschaft ist dagegen skeptisch. «Der Migrationsdruck nach Europa und insbesondere nach Deutschland wird nach wie vor hoch bleiben», sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft, Heiko Teggatz, auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. «Solange insbesondere Deutschland die Anreize nach Deutschland zu migrieren nicht umgehend reduziert beziehungsweise abschafft, werden die Menschen weiterhin versuchen, illegal nach Deutschland einzureisen.» 

Seiner Aussage nach braucht es konsequente Zurückweisungen an den EU-Außengrenzen. Die Bundespolizei müsse diese Kontrollen sonst an den deutschen Grenzen nachholen. «Die Grenzkontrollen jetzt einzustellen, wäre sicherheitspolitisch ein fataler Fehler», ergänzte Teggatz.

dpa