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Scholz bleibt bei Nein zu Taurus

Kanzler Scholz und der britische Premier Sunak versprechen der Ukraine bei ihrem Treffen in Berlin andauernde Hilfe. Die hat aber auch gewisse Grenzen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (r), begrüßt den britischen Premier Rishi Sunak vor dem Bundeskanzleramt zum offiziellen Antrittsbesuch.
Foto: Michael Kappeler/dpa

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will sich auch von neuen Hilfszusagen der USA an die Ukraine nicht von seinem Nein zur Lieferung der deutschen Taurus-Raketen abbringen lassen. Was die Marschflugkörper der Bundeswehr mit einer Reichweite von 500 Kilometern angehe, «wird sich meine Entscheidung nicht ändern», sagte Scholz auf einer Pressekonferenz mit dem britischen Premierminister Rishi Sunak in Berlin. Die beiden wichtigsten europäischen Waffenlieferanten der Ukraine versprachen dem von Russland angegriffenen Land aber auch, in ihrer Hilfe nicht nachzulassen.

Bei seinem verspäteten Besuch im Kanzleramt 18 Monate nach seiner Ernennung zum Premierminister vereinbarten Sunak und die beiden Regierungschefs außerdem eine engere Rüstungskooperation. Die beiden Länder planen gemeinsam die Entwicklung einer ferngesteuerten Haubitze, die 155-Millimeter-Geschosse bis zu 40 Kilometer weit schießen kann. Darüber hinaus soll die Zusammenarbeit im Energiebereich und bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität verstärkt werden.

Sunak ruft «neues Kapitel» in den Beziehungen aus

«Wir schlagen heute ein neues Kapitel in unserer Beziehung auf, eines, das uns sicherer und wohlhabender machen wird», sagte Sunak zum Auftakt seines Besuchs. Großbritannien und Deutschland stünden zu diesem gefährlichen Zeitpunkt für die Welt Seite an Seite, um Sicherheit und Wohlstand zu Hause und auf dem ganzen europäischen Kontinent zu erhalten.

Die Ukraine erhielt bei dem Treffen weiterhin Unterstützung. Der US-Kongress genehmigte neue Militärhilfen im Wert von 61 Milliarden US-Dollar (57 Milliarden Euro). Möglicherweise werden bald ATACMS-Raketen mit einer Reichweite von 300 Kilometern in die Ukraine geschickt, um russische Versorgungslinien zu bekämpfen.

Sunak hat kürzlich das bisher größte britische Militärpaket für die Ukraine zugesagt. Es beinhaltet 60 Kampfboote, Hunderte gepanzerte Fahrzeuge und zusätzliche Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow. Die Zusagen der USA und Großbritanniens für Raketen mit großer Reichweite haben auch die Diskussion über die Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper wieder aufgenommen.

Scholz zu Taurus: «Meine Entscheidung ist sehr klar»

Scholz will sich dadurch aber nicht beirren lassen. «Meine Entscheidung ist sehr klar, was das eine Waffensystem betrifft», sagte er mit Blick auf Taurus. «Meine Entscheidung ist aber auch klar, dass wir weiter der größte Unterstützer der Ukraine in Europa sein werden, dass wir weiter mit Großbritannien die beiden sein werden, die das meiste tun.»

Scholz hat sich bisher immer an den USA orientiert, wenn es um die Lieferung von Waffensystemen neuer Qualität ging. Dies galt sowohl für die weitreichende Artillerie als auch für die Leopard-2-Panzer, die erst in die Ukraine geschickt wurden, nachdem die USA zugestimmt hatten, ihre Abrams-Panzer zu liefern. Trotz der US-Entscheidung bleibt Scholz jedoch bei seiner Absage bezüglich der Marschflugkörper.

Der Kanzler würdigte aber die Entscheidung des US-Kongresses für neue Ukraine-Hilfen als ermutigendes und notwendiges Signal. «Diese Entscheidung zeigt, dass (Russlands Präsident Wladimir) Putin sich verrechnet, wenn er glaubt, die Staaten in Europa und den USA, all die anderen Unterstützer würden die Ukraine irgendwann im Stich lassen. Wir werden das nicht tun», sagte Scholz. «Deutschland und Großbritannien stehen gemeinsam an der Seite der Ukraine.»

Asylpolitik: Kann britisches Ruanda-Modell Vorbild sein?

Obwohl Großbritannien seit mehr als vier Jahren nicht mehr Mitglied der Europäischen Union ist, bleibt es einer der wichtigsten Verbündeten Deutschlands in der Nato, G7 und G20. Sunak steht noch in diesem Jahr vor einer Parlamentswahl. Auch wenn seine Konservative Partei einer historischen Niederlage entgegensieht, kam er mit politischem Rückenwind nach Berlin.

„In der Nacht zum Dienstag wurde nach langem Streit im Parlament Sunaks umstrittener Asylpakt mit Ruanda gebilligt: Asylsuchende, die ohne gültige Papiere in Großbritannien ankommen, sollen zukünftig sofort in das ostafrikanische Land abgeschoben werden. Dort können sie Asyl beantragen, dürfen aber nicht mehr nach Großbritannien zurückkehren, unabhängig von ihrer Herkunft.“

Auch in Deutschland verfolgt man mit Interesse die britischen Pläne. Die Union hat seit langem darauf gedrungen, Asylverfahren außerhalb der EU zu verlagern. Die Bundesregierung hat den Ländern eine Prüfung zugesichert. Bis zur nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am 20. Juni sollen erste Ergebnisse vorgelegt werden.

Auf der Pressekonferenz mit Sunak wollte Scholz sich nicht zu der Frage äußern, ob das britische Modell Vorbild für Deutschland sein kann. Er verwies stattdessen auf die bereits beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung irregulärer Migration nach Deutschland und Europa. Sowohl dabei als auch bei der Anwerbung von Fachkräften habe es «die weitreichendsten Veränderungen der letzten 20 bis 30 Jahre gegeben, und die werden jetzt auch ihre Wirkung entfalten».

dpa