Scholz erwägt, die Vertrauensfrage vor Weihnachten zu stellen, um Neuwahlen im Januar zu ermöglichen, während die Bundeswahlleiterin eine rechtzeitige Wahlvorbereitung betont.
Scholz plant Vertrauensfrage vor Weihnachten
Bei der Neuwahl des Bundestags wird erwartet, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Vertrauensfrage früher als geplant stellt. Das Datum der Vertrauensfrage bestimmt den Zeitpunkt der Neuwahl – ursprünglich war Ende März vorgesehen. Es wird nun diskutiert, ob der Termin vorverlegt werden kann, ohne die Wahlvorbereitung zu gefährden. Diese Frage wird auch bei einer Schaltkonferenz der Bundeswahlleiterin mit den Länderkollegen am Mittag erörtert.
«Dass ich noch vor Weihnachten die Vertrauensfrage stelle, wenn das alle gemeinsam so sehen, ist für mich überhaupt kein Problem», sagte Scholz am Abend in der ARD-Sendung «Caren Miosga». Wenn es eine Übereinkunft von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und dem Unionsfraktionschef Friedrich Merz dazu gebe, werde er diese beachten. Damit steht nun weniger der Kanzler selbst im Mittelpunkt der Diskussion als die beiden Fraktionschefs.
Merz, der auch Kanzlerkandidat der Union ist, dringt auf den schnellstmöglichen Termin und hat vorgeschlagen, dass Scholz bereits am Mittwoch die Vertrauensfrage stellt, damit schon im Januar gewählt werden kann. Mützenich knüpfte am Sonntag noch vor Scholz’ ARD-Interview ein Vorziehen des Vertrauensfrage-Termins von Mitte Januar auf ein früheres Datum aber an Vereinbarungen mit der Union, welche Projekte noch gemeinsam umgesetzt werden. Als konkrete Beispiele nannte er in der «Süddeutschen Zeitung» die Erhöhung des Kindergelds, die Sicherung des Deutschlandtickets, Entlastungen der Industrie sowie den Schutz des Verfassungsgerichts.
Merz beharrte auf einer anderen Reihenfolge und entgegnete im «Stern»: «Darüber können wir sprechen, sobald Olaf Scholz im Deutschen Bundestag die Vertrauensfrage gestellt hat.»
Bundeswahlleiterin Ruth Brand warnt jedoch davor, den Wahltermin zu früh anzusetzen, da dies aufgrund der erforderlichen Vorbereitungen zu riskant wäre. Sie empfiehlt, die gesetzlich vorgesehene Frist von maximal 60 Tagen nach der Vertrauensfrage und der Auflösung des Bundestags durch den Bundespräsidenten voll auszuschöpfen. Dieser Aspekt wird voraussichtlich auch in der bereits geplanten Schaltkonferenz mit den Landeswahlleitern diskutiert.
Auch einer der Haupt-Stimmzettellieferanten, die Bonner Druckerei Köllen Druck, sieht bei einem Wahltermin im Januar Risiken. Beim Druck würden immer Fehler passieren, Zeit für Korrekturen gebe es dann aber nicht, erklärt Geschäftsführer Bastian Beeck im Magazin «Stern».
«Habe nicht provoziert» und «Bin cooler»: Was Scholz noch gesagt hat
In der ARD-Sendung erklärte Scholz erneut ausführlich, wie es zum Bruch seiner Koalition mit Grünen und FDP kam, der nun eine Neuwahl erforderlich macht. Was Scholz bei Miosga gesagt hat:
– In Bezug auf das Scheitern der Ampel-Koalition:
«Ich habe ihn nicht provoziert», sagte der SPD-Politiker. Er habe bis zuletzt dafür gekämpft, dass die Dreierkonstellation aus SPD, Grünen und FDP zusammenbleibt, das sei aber letztlich nicht möglich gewesen. «Ich habe es ertragen, dass ich für den Kompromiss und die Kooperation immer wieder, manchmal auch gute Miene zu einem ziemlich bösen Spiel gemacht habe. Aber wenn es zu Ende ist, dann muss es auch zu Ende sein.»
– In Bezug auf die persönliche Abrechnung mit FDP-Chef Christian Lindner:
«Es war anständig, klar und deutlich und für alle Bürgerinnen und Bürger sehr verstehbar», sagte Scholz. Häufig sei gefordert worden, er solle öfter auf den Tisch hauen. Zugleich betonte er: «Ohne dass ich mich immer wieder um Kooperationen und Kompromisse bemüht hätte, hätte die Regierung so lange nicht gehalten. Sie wäre nicht mal zustande gekommen.»
– In Bezug auf seine noch ausstehende Nominierung durch die SPD:
Scholz sagte, dass er keine Zweifel habe, dass er aufgestellt werde. Laut Umfragen hätten die Bürger jedoch viel lieber Verteidigungsminister Boris Pistorius als SPD-Kanzlerkandidaten.
– Gegen Merz wird ein Wahlkampf geführt:
Die Unterschiede in Charakter und Temperament zwischen ihnen seien groß, sagte Scholz in der Sendung. Gefragt nach dem größten Charakterunterschied erklärte er: «Ich finde mich etwas cooler, wenn es Staatsangelegenheiten betrifft – um es mal so höflich zu sagen, wie es mir gerade gelingt.» Außerdem hätten sie beide sehr unterschiedliche politische Ziele. Den Umfragerückstand sieht er gelassen: «Das ist eine sehr aufholbare Größenordnung.» Die Sozialdemokraten liegen in Umfragen aktuell 15 bis 18 Prozentpunkte hinter CDU und CSU.
– In Bezug auf eine Kooperation mit dem zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump:
«Ich bin da nie naiv, aber auch immer ein bisschen unerschrocken», erklärte der Kanzler. Er setze weiterhin auf eine gut funktionierende transatlantische Zusammenarbeit. «Mein Prinzip ist immer, wenn ich das so flapsig sagen darf: Getanzt wird mit denen, die im Saal sind. Und das gilt auch für den künftigen Präsidenten der USA.» Trump hatte Deutschland in seiner ersten Amtszeit wegen aus seiner Sicht zu geringer Militärausgaben, wegen des deutschen Handelsüberschusses und der deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2 massiv kritisiert. Scholz verwies darauf, dass Deutschland inzwischen dem gemeinsamen Nato-Ziel entsprechend zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgebe.